Peter Seidel aus Netzschkau blättert in Unterlagen
Wer sich im Alter die hohen Beiträge der privaten Krankenkasse nicht mehr leisten kann, verliert unter Umständen den Anspruch auf medizinische Leistungen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Existenzangst Rentner fühlt sich von privater Krankenversicherung im Stich gelassen

25. Januar 2025, 09:00 Uhr

Die private Krankenversicherung gilt gerade für Junge, Gesunde und Gutverdiener als attraktive Option zur gesetzlichen Krankenversicherung. Doch die vermeintlichen Vorteile können sich im Alter schnell ins Gegenteil verkehren. Peter Seidel aus Netzschkau fühlt sich von seiner privaten Krankenkasse im Stich gelassen.

Peter Seidel aus Netzschkau fühlt sich im Stich gelassen. Der 77-Jährige führte einst ein Bauunternehmen und war privat versichert. Doch nach einer Insolvenz und einer Berufsunfähigkeit kann er sich die Beiträge seiner Krankenversicherung nicht mehr leisten. Aufgrund einer kleinen Witwerrente liegt er knapp über der Sozialhilfegrenze. Dennoch müsste er inklusive Pflegeversicherung monatlich 1.022 Euro Beitrag zahlen. Eine Summe, die er nicht aufbringen kann.

Kehrseite privater Krankenversicherungen oft erst im Alter sichtbar

Private Krankenversicherungen (PKV) sind vor allem für junge, gesunde Menschen mit einem guten Einkommen auf den ersten Blick attraktiv. Sie werben mit höherwertigen Leistungen und bieten im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung oft Einsparmöglichkeiten von mehreren Hundert Euro im Monat. Doch die Kehrseite wird meist erst im Alter sichtbar: Die Beiträge steigen teilweise drastisch. Für viele ältere Versicherte werden sie zur finanziellen Bürde – in manchen Fällen sogar existenzbedrohend.

Versicherte im Notlagentarif müssen Arztrechnungen selbst zahlen

Peter Seidel ist aufgrund seiner finanziellen Lage inzwischen im sogenannten Notlagentarif versichert. Diese Situation bereitet ihm große Sorgen. Der Notlagentarif kostet den Rentner zwar nur rund 200 Euro im Monat, doch er hat keinen Anspruch auf medizinische Leistungen – außer in akuten Notfällen, etwa bei einem Herzinfarkt.

"Ich kann zum Arzt gehen, muss aber sagen: Hier bin ich – und die Privatrechnung komplett selbst bezahlen", beschreibt er seine Situation. Mehrfach bat er seine Private Krankenversicherung um einen bezahlbaren Tarif, aber vergeblich.

Heike Teubner von der Verbraucherzentrale in Auerbach
Die Verbraucherzentrale hat versucht zu helfen, doch ohne Erfolg, erzählt Heike Teubner. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Hier in diesem Falle ist es für uns etwas unnachvollziehbar, warum es keine Angebote gibt, damit er sich weiter korrekt versichern kann.

Heike Teubner Verbraucherzentrale Sachsen

Der 77-Jährige hatte sich auch an Heike Teubner von der Verbraucherzentrale in Auerbach gewandt. Doch selbst der Ombudsmann der Versicherer, den die Verbraucherzentrale daraufhin einschaltete, konnte keine Lösung bewirken. "Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum es keine Angebote gibt, die ihm eine korrekte Versicherung ermöglichen", sagt Heike Teubner von der Verbraucherzentrale.

Karten verschiedener Krankenversicherungen
Ein Wechsel der Krankenversicherung ist nur bis zum Alter von 55 Jahren möglich. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Versicherungswechsel ab gewissen Alter nicht mehr möglich

Ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung kommt für Seidel nicht infrage. Der Wechsel ist nur bis zum Alter von 55 Jahren möglich. Auch die Familienversicherung scheidet aus, weil er Witwer ist.

Seidel fühlt sich im Stich gelassen: Mehr als 200.000 Euro hat er in den vergangenen Jahrzehnten an seine Krankenversicherung gezahlt. "Man will ja zahlen, und Leistung kostet. Aber es muss in einem Verhältnis sein, das bezahlbar ist", findet er.

Private Krankenversicherung äußert sich nicht

Eine Nachfrage von MDR SACHSEN bei der INTER Krankenversicherung blieb unbeantwortet. Der Fall von Peter Seidel zeigt, wie ältere Versicherte in der privaten Krankenversicherung in eine Kostenfalle geraten können – mit teils dramatischen Konsequenzen.

MDR (kav)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 24. Januar 2025 | 19:00 Uhr

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