Matthias Berger (parteilos, l) und Jörg Urban, Vorsitzender der AfD in Sachsen, stehen vor Beginn der konstituierenden Sitzung des Sächsischen Landtages im Plenarsaal zusammen.
So begrüßten sich Matthias Berger (parteilos, li) und der sächsische AfD-Vorsitzende Jörg Urban vor Beginn der konstituierenden Sitzung des Sächsischen Landtages Anfang Oktober 2024. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Brandmauer gegen AfD "überflüssig"? Freie Wähler Bayern entsetzt über Matthias Berger in Sachsen

20. Februar 2025, 18:02 Uhr

Wie stabil ist die "Brandmauer" zur AfD bei den Freien Wählern? Der FW-Abgeordnete im Sächsischen Landtag, Matthias Berger, hält nichts vom Kooperationsverbot der Partei, das 2024 beschlossen wurde. Das Verhalten Bergers sei ein "absolutes Ärgernis", sagt Bayerns FW-Fraktionschef Streibl. Der Parteichef Aiwanger schweigt.

Eine gute Idee ist für Politiker Matthias Berger eine gute Idee – egal, von wem sie kommt. Für den Abgeordneten, der für die Freien Wähler im Sächsischen Landtag sitzt, gilt dieser Grundsatz auch im Umgang mit der AfD. Schon im Wahlkampf warb er mit Slogans wie: "Wir kennen keine Brandmauer".

Nach diesem Prinzip handelt der Ex-Oberbürgermeister von Grimma auch als FW-Einzelkämpfer im Landtag. Anfang Februar zum Beispiel brachte die AfD-Fraktion mit Berger eine Enquete-Kommission zu Kommunalfinanzen auf den Weg. Es gab eine gemeinsame Pressekonferenz. Auf Fotos stehen Berger und AfD-Fraktionschef Jörg Urban lachend zusammen.

Fraktionschef aus Bayern verlangt: Auf Parteilinie kommen

Der bayerische FW-Fraktionsvorsitzende Florian Streibl ist empört über Bergers Verhalten. "Es ist ein absolutes Ärgernis", sagte er dem Bayerischen Rundfunk (BR). "Wir sind die lebendige Brandmauer gegen rechts, und wir haben uns immer deutlich von der AfD abgesetzt und uns gegen sie positioniert." Berger verstoße gegen das Kooperationsverbot mit der AfD und müsse "unbedingt auf Parteilinie kommen", verlangt Streibl. "Oder er muss sich dann bekennen und uns verlassen."

Hubert Aiwanger (r), bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und Vorsitzender der Freien Wähler, und Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, sitzen zu Beginn einer Sitzung der Landtagsfraktion im Tagungssaal.
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, Florian Streibl (li.), verlangt von seinem Parteichef Hubert Aiwanger (re.) ein Machtwort. Der sächsische Politiker Berger solle sich an die Spielregeln der Freien Wähler halten, wenn er unter ihrer Flagge im Sächsischen Landtag politisch arbeitet. Bildrechte: picture alliance/dpa | Lennart Preiss

Vor einem Jahr hatten die Freien Wähler auf ihrem Bundesparteitag mit großer Mehrheit ein Kooperationsverbot mit der AfD beschlossen. Demnach darf es mit der AfD keine inhaltlichen Absprachen oder gar gemeinsame Koalitionen oder Wahllisten geben. Bergers Abstimmungsverhalten halten viele in der Partei daher für problematisch.

Mit dem Kooperationsverbot wollten die Freien Wähler auch nach außen bekräftigen, wo sie stehen: in der politischen Mitte. Der Initiator, Stephan Wefelscheid, ließ keinen Zweifel daran, dass das auch als Kritik an Parteichef Hubert Aiwanger zu verstehen war, dem er einen Rechtsruck vorwirft.

Streibl verlangt Machtwort - Parteichef schweigt vorerst

Berger in Sachsen gehört zwar dem Verein Freie Wähler Grimma an und war Spitzenkandidat der sächsischen Freien Wähler, Parteimitglied ist er aber nicht. Eine Sonderkonstellation. Mit Sanktionen wie einem Parteiausschluss kann ihm die Partei daher nicht drohen. Für Streibl steht trotzdem fest: "Wenn er unter unserer Flagge segelt, muss er sich an unsere Spielregeln halten." Daher sieht er auch den Bundesverband mit Parteichef Aiwanger in der Pflicht: Dieser müsse klären, wo Berger stehe: "Hier bei uns oder bei jemand anderem?"

Aiwanger schweigt auf BR-Anfrage zum Fall Berger. Sein Pressesprecher verweist auf den Bundesvorstand und betont: "Der Sachverhalt wird geprüft, Matthias Berger ist kein Mitglied."

Bundesvorstand will Klarstellung

Diese "besondere Konstellation" hebt auch der Bundespressesprecher hervor. Berger soll nun eine Erklärung unterschreiben, dass er "die Grundsätze der Freien Wähler anerkennt" und sich bereit erklärt, für die Leitlinien der Partei einzutreten. Auch zum Kooperationsverbot mit der AfD soll sich Berger bekennen und versprechen, dieses in seiner parlamentarischen Arbeit umzusetzen.

Der Bundesvorstand hält dem Sprecher zufolge "diese Erklärung für erforderlich, wenn Herr Berger weiter Namen, Logo und Erscheinungsbild der Partei für seine parlamentarische Arbeit nutzen will". Nachdem der sächsische Abgeordnete die Erklärung auch nach zweimaliger Aufforderung nicht unterschrieben habe, setze der Bundesvorstand "diesen Vorgang" am 21. März erneut auf seine Tagesordnung. Dabei werde dann auch Bergers "aktuelles Handeln eine Rolle spielen".

Rückendeckung für Berger - der bleibt bei seiner Position

Rückendeckung erhält Berger vom sächsischen FW-Landesverband. "Die sogenannte Brandmauer hat bisher nicht dazu geführt, dass die AfD schwächer geworden ist. Im Gegenteil", teilt der Landesvorsitzende Thomas Weidinger mit. Man strebe zwar keine strategische Zusammenarbeit mit der AfD an, das Kooperationsverbot sei aber wenig hilfreich. Weidinger bekräftigt: "Für uns ist eine gute Idee eine gute Idee, egal, von wem sie kommt."

Matthias Berger selbst hält das Kooperationsverbot mit der AfD für "eine überflüssige Sache, nicht falsch, aber überflüssig", wie der 57-Jährige dem BR und MDR sagt. "Ich mache mich in meinen Entscheidungen nie abhängig davon, wie andere sich positionieren." Er folge allein seinem Gewissen. "Wenn ich immer anders abstimmen wollte als die AfD, würde ich mich auch berechenbar machen."

Von der Aufforderung des Bundesvorstands zeigt sich Berger unbeeindruckt. Den Freien Wählern sei seine Auffassung von vornherein klar gewesen. Persönlich kenne er aus dem Vorstand ohnehin nur Aiwanger, habe aber auch mit diesem "relativ wenig Kontakt". Nachgeben sei für Berger keine Option: "Ich stimme so ab, wie ich es für erforderlich und richtig halte, unabhängig von allem anderen, was da beschlossen wird."

MDR (kk/chs)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 20. Februar 2025 | 19:00 Uhr

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