Wirtschaft Eigentümer von Waggonbau Niesky meldet Insolvenz an
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06. Mai 2023, 19:27 Uhr
Die Stimmung im Waggonbau Niesky war schon seit Monaten schlecht. Belegschaft und Geschäftsführung wurden nie so richtig warm, stattdessen gab es gegenseitige Vorwürfe. Erst im März endete die einjährige Kurzarbeit, die Sorge um die Zukunft ihres Standortes trieb die Waggonbauer regelmäßig vor die Werkstore. Woche für Woche hielten sie Mahnwachen ab. Am Freitagabend dann die Hiobsbotschaft: Insolvenz.
Der Waggonbau Niesky hat die vorläufige Insolvenz im Schutzschirmverfahren beantragt. Der Betriebsratsvorsitzende Peter Jurke bestätigte MDR SACHSEN einen Bericht der "Sächsischen Zeitung". Der Zeitung zufolge muss der slowakische Eigentümer, der Tatravagónka-Konzern, innerhalb von drei Monaten ein Sanierungskonzept vorlegen.
Bürgermeisterin hat kein Vertrauen in Insolvenzverfahren in Eigenregie
Die Mitarbeiter in Niesky befürchten schon längere Zeit, dass der Konzern das Werk schließen will. Seit Wochen gibt es Mahnwachen vor dem Werkstor. Oberbürgermeisterin Kathrin Uhlemann sagte am Sonnabend dem MDR, sie sei verwundert, dass die Insolvenz in Eigenregie erfolgen soll. Dafür müsste es ja einen Plan des Unternehmens zur Entwicklung neuer Geschäftsfelder geben. Das sei in den vergangenen Monaten aber nicht ersichtlich gewesen, so Uhlemann.
So seien etwa Aufträge nicht rekrutiert worden. Stattdessen seien Maschinen zurückgebaut und abtransportiert worden, mit denen der Standort Alleinstellungsmerkmale hatte. "Das waren alles Zeichen, dass man in dieser Branche nicht mehr weitermachen möchte." Viel Personal hätte inzwischen das Unternehmen verlassen und sei zum Beispiel bei der Leag untergekommen.
Uhlemann sagte, sie habe kein großes Vertrauen in das Insolvenzverfahren in eigener Regie. Der bisherige Geschäftsführer sei inzwischen nicht mehr im Unternehmen, es gebe einen neuen. Vielleicht, so ihre Hoffnung, zeige er ja Gesprächsbereitschaft, um sich mit Gläubigern, Deutscher Bahn und Staatsregierung über eine Zukunft des Waggonbaus Niesky zu verständigen.
IG Metall hofft auf geordnetes Insolvenzverfahren und glaubt an den Standort
Auch die Gewerkschaft IG Metall legt in ein Insolvenzverfahren in Eigenregie keine große Hoffnung. "Der Eigentümer hat in den vergangenen vier Jahren nicht bewiesen, dass er gut führen kann", sagt Eileen Müller, politische Sekretärin bei der IG Metall Ostsachsen und zuständig für den Waggonbau Niesky. "Deswegen glauben wir nicht, dass er das Rad jetzt drehen wird."
Die Gewerkschaft strebe ein Insolvenzverfahren im Regelverfahren an, bei dem ein bestellter Insolvenzverwalter auf die Suche nach Investoren gehen kann, die den Standort dauerhaft sichern. Für die Gewerkschafterin ist klar: Der Waggonbau Niesky hat eine Zukunft. "Der Güterwagenmarkt ist ein Wachstumsmarkt und es sind genug Aufträge da. Die gingen aber bisher alle in die Slowakei, was aus unserer Sicht Kalkül des Eigentümers war.
Am Dienstag will die IG Metall auf einer Betriebsversammlung mit den Beschäftigten versprechen und sie vor allem dazu bringen, Ruhe zu bewahren und an die Zukunft des Waggonbaus zu glauben. Auch wenn sie jetzt erst einmal unter Schock stehen würden.
Der slowakische Konzern hatte das Werk 2018 übernommen und garantierte den Erhalt bis Ende dieses Jahres. Beim Waggonbau Niesky sind aktuell rund 160 Mitarbeiter beschäftigt.
MDR (dkö/Djamina Böl)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 06. Mai 2023 | 11:00 Uhr