Bundespolizei klärt auf Vorsicht bei verbotenen Böllern aus Polen und Tschechien

20. Dezember 2023, 21:49 Uhr

Wer verbotene Böller aus Polen oder Tschechien über die Grenze bringt, kann dafür hart bestraft werden. Jessica Große von der Bundespolizeidirektion Ebersbach erklärt, was die Feuerwerkskörper so gefährlich macht.

Zwei Bundespolizisten winken einen großen schwarzen Audi raus, der von Polen nach Zittau über die Grenze kommt. Eigentlich wurden die Grenzkontrollen hier eingeführt, um Schleuser zu stoppen. Aber die Polizisten schauen bei der Gelegenheit auch nach verbotenen Feuerwerkskörpern aus Polen oder Tschechien.

Der Fahrer öffnet den Kofferraum - nichts Verdächtiges, der junge Mann kann weiterfahren. Aber bevor er das tut, gibt Jessica Große, Präventionsbeauftragte der Bundespolizeiinspektion Ebersbach, ihm noch eine Broschüre zu verbotenen Böllern mit. Der Titel: "Finger weg, sonst Finger weg". 

Zwei Finger verloren durch Böller

Der Name der Broschüre ist Programm: Darin schildert der zwölf Jahre alte Jan aus Landsberg in Sachsen-Anhalt, wie ein nicht zugelassener Böller ihm seine rechte Hand zerfetzt hat. Er habe den Knaller auf dem Spielplatz gefunden, ihn mit nach Hause genommen, um ihn zu zünden und aus dem Fenster zu werfen. Doch der Feuerwerkskörper explodierte ihm in der Hand, bevor er es schaffte, ihn wegzuwerfen. "Es gab einen lauten Knall. Ich bin aufs Bett gefallen und habe laut geschrien, meine Eltern sollen den Krankenwagen rufen", berichtet der Junge. 

Jans rechte Hand wurde durch die Explosion mehrfach verletzt, mehrere Finger waren ab, zwei konnten nicht mehr gerettet werden. "Er hatte in den Folgemonaten mehrere Operationen. Er konnte fast ein Jahr lang nicht in die Schule gehen, musste mit links schreiben lernen und hat auch für seine weitere Zukunft sicherlich immer noch Schwierigkeiten", erzählt Jessica Große. Gerade mal fünf Gramm eines "Blitzknallsatzes" hätten gereicht, um dem Jungen die Hand zu zersprengen. 

Was ist ein Blitzknallsatz? 

"In zugelassenen Feuerwerkskörpern ist Schwarzpulver enthalten, verbotene Böller enthalten ein viel stärker reagierendes Stoffgemisch, einen sogenannten Blitzknallsatz, der eine enorme Sprengwirkung erzielt", erklärt die Bundespolizistin. Besonders gefährlich sei das im Zusammenspiel mit harten Teilen aus Gips, die in manchen der nicht zugelassenen Feuerwerkskörper enthalten seien. 

"Diese können bei der Explosion des Ballons wie eine Gewehrkugel aus dem Böller geschossen werden, auf umstehende Menschen treffen und dadurch zu schwersten Verletzungen führen", erklärt Große. Sie hält so einen kleinen grauen Gipspfropfen in der Hand. Er kommt aus einem Böller mit der Aufschrift "Danger".

Vor einigen Jahren sei sogar ein junger Mann ums Leben gekommen, der einen solchen Gipspfropfen an den Hinterkopf bekommen habe. Jedes Jahr gebe es Unfälle mit verbotenen Feuerwerkskörpern und zum Teil auch schwere Verletzungen. Bei der Präsentation der Polizistin kann aber nichts passieren: Alle Feuerwerkskörper, die sie dabei hat, sind entschärft und dienen nur Anschauungszwecken. 

Deshalb sind Kugelbomben so gefährlich

Dann nimmt Große einen runden Gegenstand in ihre Händen, der aussieht wie eine Bombe in einem Comic. "Das ist eine Kugelbombe", erklärt sie und fügt hinzu: "Die sind brandgefährlich." Denn die vermeintlich lange Zündschnur lasse Leute die Zeit bis zur Explosion falsch einschätzen. Dabei brenne sie im Bruchteil einer Sekunde ab. Deshalb dürften Kugelbomben nur von "geschulte Feuerwerkern" in speziellen Abschlussvorrichtungen gezündet werden. "Sie sind auf keinen Fall für die Zündung am Boden bestimmt". 

Die beiden Böller, die Jessica Große zeigt, sind nicht geprüft und weder in Deutschland noch in Polen oder Tschechien erlaubt. Auf Märkten bekomme man dort aber teils auch solche ungeprüften Artikel. "Diese sind besonders gefährlich, weil man eben nicht weiß: Was sind die Inhaltsstoffe? Wie reagieren die? Davon sollte man unbedingt die Finger lassen", warnt Große. 

Geprüfte Feuerwerkskörper erkennen

Geprüfte Feuerwerkkörper erkennt man laut Große daran, dass sie mit einem CE-Zeichen, einer Kategorie und einer Registrierungsnummer versehen sind. Aber auch geprüfte Feuerwerkskörper, die in Polen und Tschechien frei verkäuflich sind, können in Deutschland verboten sein: Hierzulande dürfen Laien nämlich nur Pyrotechnik aus den Kategorien F1 und F2 kaufen und zünden, in Polen und Tschechien auch aus der Kategorie F3. 

Was bedeuten die Kategorien von Feuerwerkskörpern?

Bei der Kategorie F1 besteht eine sehr geringe Verletzungsgefahr. Diese Art von Feuerwerk ist das ganze Jahr über erlaubt, das Mindestalter ist 12 Jahre.
Bei der Kategorie F2 besteht eine geringe bis mittlere Verletzungsgefahr. Das Mindestalter für Nutzung und Kauf ist 18 Jahre. Die Nutzung ist erlaubt vom 31. Dezember bis zum 1. Januar.
Bei der Kategorie F3 besteht eine mittlere bis große Verletzungsgefahr. In Deutschland ist eine Erlaubnis für die Nutzung erforderlich. In Polen und Tschechien sind Feuerwerkskörper dieser Kategorie für Erwachsene frei verkäuflich.
Bei der Kategorie F4 besteht eine große Verletzungsgefahr. Feuerwerkskörper dieser Kategorie sind in Deutschland so wie in Polen und Tschechien nur für geschulte Pyrotechniker erlaubt.
Bei ungeprüftem Feuerwerk ist die Verletzungsgefahr sehr groß. Solche Böller oder Rakten haben keine Kennzeichnung und kein Prüfzeichen. Kauf, Einfuhr und Nutzung sind in jedem Fall verboten.

Quelle: Bundespolizei

Welche Strafen gibt es für illegale Böller? 

Wer nicht zugelassene Böller einführt oder verwendet, dem droht eine hohe Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. "Und die Kosten für die Vernichtung werden auch dem Verursacher in Rechnung gestellt. Die können auch bis zu 500 Euro betragen", sagt Jessica Große. 

Osteuropa

Feuerwerk 2 min
Bildrechte: Colourbox.de
2 min

Sie haben enorme Sprengkraft und sind extrem gefährlich: sogenannte "Polenböller". Doch kommen die gefährlichen Sprengsätze wirklich aus Polen?

Fr 16.12.2016 12:33Uhr 01:37 min

https://www.mdr.de/heute-im-osten/video-69512.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

An diesem Tag finden die Beamten nichts bei ihren Kontrollen. Überhaupt würden sie in letzter Zeit vergleichsweise wenige Feuerwerkskörper entdecken.

Polizisten finden 32 Kilo Explosivstoffe in Transporter

Hin und wieder gibt es aber doch einen Treffer. Jessica Große erzählt von einem spektakulären Fund ihrer Kollegen von der Bundespolizeiinspektion Ludwigsdorf. Die fanden bei einer Kontrolle auf der A4 bei Görlitz vor einigen Wochen mehrere Kartons mit Pyrotechnik. Später stellte sich heraus, dass die Feuerwerkskörper insgesamt 32 Kilo Explosivstoffe enthielten. 

"Wenn man weiß, dass so ein kleiner Böller mit nur fünf Gramm Blitzknallsatz einem die ganze Hand zersprengt, mag man sich gar nicht vorstellen, was 32 Kilo Nettoexplosivmasse für einen Schaden anrichten können", sagt Große. 

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 20. Dezember 2023 | 19:00 Uhr

Mehr aus Görlitz, Weisswasser und Zittau

Mehr aus Sachsen