Protest gegen Kiesabbau Waldbesetzer müssen Baumhäuser bei Ottendorf-Okrilla räumen
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07. Januar 2023, 11:06 Uhr
Seit mehreren Monaten harren die Teilnehmer von "Heibo" in ihren Baumhäusern aus. Der Name steht für Heidebogen und jenen Wald, den sie vor weiteren Rodungen und Kiesabbau schützen wollen. Die Klimademonstrierenden kennen dabei keine Kompromisse. Aber ihnen läuft die Zeit davon. Denn das Ordnungsamt des Landkreises Bautzen hat ihnen eine Frist gesetzt.
- Ministerien und Kieswerk vereinbaren Schutzmaßnahmen.
- Wegen Schonzeit könnte sich Kiesabbau weiter verzögern.
- Klimaprotestlern setzt das Ordnungsamt eine Frist zur Räumung.
Ein großes Banner flattert in einem Wald der Laußnitzer Heide bei Ottendorf-Okrilla im stürmischen Wind. "Wald statt Kies" steht in großen grünen Buchstaben darauf. Aufgehängt haben es junge Klimaschützer, die hier in einem Dutzend Baumhäusern bei Wind und Wetter ausharren. Sie protestieren seit 16 Monaten gegen den Kiestagebau Würschnitz West. Dieser soll erweitert werden, mehrere Hektar Wald sollen dafür weichen.
Die Waldbesetzer fordern deswegen: nicht nur die Rodungen, sondern den aus ihrer Sicht klimaschädlichen Kiesabbau stoppen. Zum Rückzug seien sie nicht bereit. Das sagt eine Waldbesetzerin, die anonym bleiben will: "Wir sind hier nicht zu Kompromissen bereit. In Zeiten des Klimawandels muss gehandelt werden und es kann nicht immer ein Kompromiss gesucht werden."
Wir sind hier nicht zu Kompromissen bereit. In Zeiten des Klimawandels muss gehandelt werden und es kann nicht immer ein Kompromiss gesucht werden.
Schutzmaßnahmen vereinbart
Um eine Kompromisssuche mit den Klimaschützern geht es dem Geschäftsführer des Kieswerkes Ottendorf-Okrilla, Thomas Gruschka, nicht. Mehrere Umweltauflagen für den neuen Tagebau seien erfüllt. Gruschka verweist dabei auf unabhängige Umweltgutachten. Für das Abbaugebiet Würschnitz West würden harte Schutzmaßnahmen gelten. Kies werde in ausreichendem Abstand zu den Moorgebieten abgebaut, das Grundwasser durch einen eingeschränkten Kiestagebau geschützt, so Firmenchef Gruschka: "Wir werden immer über dem Grundwasserspiegel mit unserem Abbau bleiben. Wir greifen nicht in das Grundwasser ein."
Wir werden immer über dem Grundwasserspiegel mit unserem Abbau bleiben. Wir greifen nicht in das Grundwasser ein.
Tagebau mit Umweltschutz abgewogen
Diese Schutzmaßnahmen haben das Umwelt- und Wirtschaftsministerium mit dem Kieswerk über die gesetzlichen Anforderungen hinaus vereinbart, erklärt der Pressesprecher des Umweltministeriums, Robert Schimke. Zusätzlich habe sich das Unternehmen verpflichtet, in der Abbaufläche keinen Bauschutt abzulagern: "Der Kiesabbau wird kontinuierlich überwacht. Es kann also auf negative Veränderungen reagiert werden. Das kann bis zu konkreten Auflagen und Einschränkungen des Tagebaus gehen."
Der Kiesabbau wird kontinuierlich überwacht. Es kann also auf negative Veränderungen reagiert werden. Das kann bis zu konkreten Auflagen und Einschränkungen des Tagebaus gehen.
Dass überhaupt Kies zwischen Ottendorf-Okrilla und Würschnitz abgebaut werden darf, darauf gebe es einen grundsätzlichen Rechtsanspruch, so Ministeriumssprecher Schimke. Bergbauvorhaben würden immer mit dem Umweltschutz abgewogen. Das sei auch bei Würschnitz West der Fall gewesen. Darüber hinaus hätten sich alle Beteiligten darauf verständigt, "dass der Kiesabbau so gestaltet wird, dass die geschützten Gebiete erhalten bleiben.“
Kieswerk droht Verzögerung
Nachdem die Schutzmaßnahmen nun vereinbart sind, drängt der Betreiber des Kieswerkes darauf, loszulegen. Laut Firmenchef Gruschka wird derzeit aber noch ein Antrag des Unternehmens geprüft. Noch muss festgelegt werden, wie viel Hektar Wald gefällt werden dürfen. Vorher kann das Roden nicht beginnen. Das bedeutet, der Firma droht gerade die nächste Verzögerung: Mit Beginn der Schonzeit für Wildtiere Ende Februar, ist das Baumfällen vorerst verboten.
Dabei sei das Unternehmen dringend auf das erweiterte Abbaugebiet angewiesen, so Gruschka. Werde der Kies noch ab diesem Jahr abgebaut, könne der Wald bereits 2024 wieder aufgeforstet werden. Statt der jetzigen Monokultur aus Kiefern will das Unternehmen dann einen Mischwald pflanzen.
Ordnungsamt Bautzen setzt Frist
Für die Protestierenden läuft unterdessen die Zeit ab, denn der Landkreis hat ihnen eigenen Angaben zufolge eine Frist gesetzt. Bis zum 23. Januar sollen die Klimaprotestler ihre Baumhäuser beseitigen. Wenn das nicht passiert, räume das Ordnungsamt selbst, sagen die Waldbesetzer. Ihre Baumhäuser wollen sie trotz Räumungsdrohung nicht verlassen.
Die Baumhäuser und Feuerstellen sollten längst entfernt sein, teilt der Landkreis Bautzen auf Anfrage von MDR SACHSEN mit. Sie sind nach Angaben des Ordnungsamtes weder genehmigt worden noch sicher. Die Klimaprotestler hätten es ignoriert, die selbst gebauten Behausungen zu beseitigen. Mehrere Gespräche mit dem Protestierenden seien gescheitert.
MDR (phb)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 06. Januar 2023 | 16:30 Uhr