Altkleiderentsorgung Wohin mit kaputten Socken? So sieht die neue EU-Regelung aus
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17. Januar 2025, 14:00 Uhr
Seit Anfang des Jahres gilt eine neue EU-Richtlinie. Sie besagt, dass Altkleider getrennt von anderem Abfall gesammelt werden müssen, um sie besser wiederzuverwenden und recyceln zu können. In Deutschland funktioniert das bereits relativ gut, rund 64 Prozent der Alttextilien landen in öffentlichen Sammelcontainern. Dürfen nun aber gar keine alten Socken, zerrissene Hemden oder schmutzige Lappen mehr in den Restmüll?
- In den Altkleidercontainern von privaten und gemeinnützigen Unternehmen landet viel Müll.
- Alte Textilien können trotz neuer EU-Regelung wie bisher entsorgt werden.
- Niedrige Altkleiderpreise auf dem Weltmarkt macht vielen Sammelunternehmen zu schaffen.
Denny Böhm kennt sich aus mit alten Textilien. Seine Firma BTV in Lohsa sammelt seit gut 20 Jahren jede Woche mehrere Tonnen alte Kleider in ihren Containern. Sie stehen an rund 600 Standorten in Sachsen und Südbrandenburg. Täglich fahren auf den Hof des Familienbetriebes immer vormittags die ersten Transporter vor und laden säckeweise das Sammelgut ab. Der 36-jährige Böhm nimmt einen der vollgepackten Müllsäcke und reißt ihn auf. Zum Vorschein kommen alte Handtaschen, verschmutzte Kissen, Gürtel.
Die Hälfte ist Müll
Ob sich davon etwas wiederverwerten lässt, müsse man genau schauen, sagt Denny Böhm. Für ihn sind solche Funde keine Überraschung: "Wir holen alles raus, das ist wirklich verrückt. Essensreste, tote Tiere, Bauschutt." Etwa die Hälfte des Containerinhalts sei Müll. Das sei aber nicht erst seit der neuen EU-Richtlinie so, die seit Anfang Januar gilt. Ob sie diesen Trend noch einmal verstärke, müsse man sehen. Dabei habe sich für die Verbraucher eigentlich nichts geändert, betont Böhm.
Wir holen alles raus, das ist wirklich verrückt. Essensreste, tote Tiere, Bauschutt.
Altkleider wie bisher entsorgen
Der Altkleidersammler versucht das auch allen zu erklären, die bei ihm seit Bekanntwerden der neuen EU-Richtlinie anrufen. Deren Befürchtung: Man dürfe überhaupt keine alten Textilien mehr im Restmüll entsorgen. Das sei aber nicht der Fall, sagt Denny Böhm: "Man kann auch weiterhin die kaputte Socke in die schwarze Tonne werfen, da gibt es keine Strafzahlungen." Nach wie vor gelte, dass nur saubere und wiederverwertbare Kleidung, Schuhe oder Decken in die Altkleidercontainer gehören. Alles andere komme wie bisher in den Restmüll.
Man kann auch weiterhin die kaputte Socke in die schwarze Tonne werfen, da gibt es keine Strafzahlungen.
Deutsche Vorbild beim Altkleidersammeln
Denn, sagt der Verband kommunaler Unternehmen VKU, in Deutschland gebe es bereits mit den öffentlichen Containern ein gut funktionierendes Sammelsystem für Altkleider. Rund 64 Prozent der Alttextilien würden bereits darüber erfasst. In anderen Ländern sieht das allerdings anders aus. Nach Angaben der EU landen europaweit fast 90 Prozent der gebrauchten Textilien im Müll und werden verbrannt. Vor allem in Ländern, in denen es noch keine getrennten Sammelsysteme für Altkleider gibt, soll also die neue Richtlinie für Besserung sorgen und das Textilrecycling voranbringen.
Kommunen und Landkreise jetzt zuständig
Während sich für die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Sammlung von Altkleidern nichts geändert hat, sieht das für die Kommunen und ihre Abfallwirtschaftsbetriebe etwas anders aus. Zumindest theoretisch, denn sie sind nun wie beim Papier oder Glas auch für die Bereitstellung von Sammelmöglichkeiten für Altkleider zuständig. Sie können allerdings selbst entscheiden, in welcher Form sie dies tun.
Der Landkreis Bautzen wird zum Beispiel keine eigenen Altkleidercontainer aufstellen. "Aktuell wird die Dichte der Entsorgungsmöglichkeiten im Landkreis als ausreichend angesehen", so Kreissprecherin Frances Lein. Außerdem könne man alte Textilien auf den Wertstoffhöfen des Landkreises kostenlos abgeben. Dabei gelte auch hier, dass nicht mehr verwertbare Kleidung in den Restmüll gehöre. Ähnlich sieht es in den anderen sächsischen Landkreisen aus.
Wie entsorge ich Altkleider richtig?
Zu Alttextilien zählen nicht nur gebrauchte Bekleidung, sondern auch Schuhe, Decken, Bettwäsche oder Taschen.
In Sammelcontainer gehören nur Dinge, die sauber, trocken und in einem ordentlichen Zustand sind. Diese können aber auch in Second-Hand-Läden oder in Kleiderkammern gemeinnütziger Organisationen wie dem DRK abgegeben werden.
Verschmutzte oder kaputte Textilien kommen in den Restmüll. Sie würden die saubere Bekleidung in den Sammelcontainern nur kontaminieren und damit unbrauchbar machen. Größere Mengen können in der Regel auf den Wertstoffhöfen der Städte und Landkreise abgegeben werden.
Firma aus Lohsa setzt auf polnischen Partner
Allerdings lichten sich an manchen Stellen die Containerstellplätze. Denn die Weltmarktpreise für Alttextilien sind im Keller. Das macht vielen privaten Sammelunternehmen zu schaffen. Einige haben schon Insolvenz angemeldet, wie der Textilrecycler Soex aus Bitterfeld-Wolfen. Andere stellen weniger Sammelcontainer auf, weil es sich nicht mehr lohnt und der Aufwand zu hoch wird, zum Beispiel beim DRK.
Denny Böhm und seine zehn Mitarbeiter halten aber durch. Wie macht er das? "Wir betreiben gemeinsam mit einem Partner aus Polen mehr als 40 Second-Hand-Läden in Polen", erzählt er. Im polnischen Partnerunternehmen würden die gesammelten Altkleider sortiert und einen Teil in den Läden verkauft. Der andere Teil ginge dann in alle Welt zur Weiterverwertung.
Kätzchen aus Sammelcontainer gerettet
Allerdings sei es auch für sie wichtig, dass möglichst keine verdreckte oder zerschlissene Kleidung in den Sammelcontainer landet: "Sind die Sachen nass oder verdreckt, ist es Abfall." Der müsse dann teuer entsorgt werden, sagt der 36-Jährige und zeigt auf einen großen Container im Hof: Pro Woche würden wegen des hohen Müllanteils bei ihnen rund sieben Tonnen Müll anfallen, über den er manchmal nur den Kopf schütteln können. Wie über die zwei Babykatzen, die in einem ihrer Kleidercontainer entsorgt wurden. Denny Böhm und seine Frau haben sie zu Hause mit der Flasche aufgezogen. Seitdem wohnen sie bei Familie Böhm.
MDR (vis)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 16. Januar 2025 | 19:00 Uhr