VW, BMW, Porsche Autozulieferer in Sachsen blicken sorgenvoll in die Zukunft

27. Dezember 2023, 15:58 Uhr

Der Einbruch der Verkaufszahlen bei E-Autos sorgt bei Herstellern und Zulieferern für Probleme. Vor allem die auf Elektrofahrzeuge spezialisierte Fabrik von Volkswagen in Zwickau und ihre Zulieferer trifft das hart.

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Wegen der aktuellen Absatzschwäche bangen viele Zulieferbetriebe in Sachsen um ihre Zukunft. Viele seien reine Fertigungsstandorte für die E-Auto-Produktion, sagte Andreas Wächtler vom Branchenverband AMZ der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Allein im Landkreis Zwickau gebe es nur in sechs von 41 Zulieferern eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung.

Die meisten Betriebe seien davon abhängig, wie sich die Rahmenbedingungen für die Produktion entwickeln. Handlungsbedarf sieht Wächtler daher vor allem bei den Energiepreisen, der Verfügbarkeit von Personal und beim Abbau von Bürokratie. "Wenn sich das Blatt nicht rigoros wendet, werden wir viele Unternehmen verlieren", warnte er.

Wenn sich das Blatt nicht rigoros wendet, werden wir viele Unternehmen verlieren.

Andreas Wächtler Branchenverband AMZ

Viele sächsische Zulieferer hängen demnach direkt an den großen Autobauern. Neben Volkswagen mit seinen Standorten in Zwickau, Chemnitz und Dresden sind das auch BMW und Porsche in Leipzig.

War das Zwickauer VW-Werk Vorreiter beim Umstieg auf E-Autos, haben sich dort zuletzt die Negativmeldungen wegen schleppender Nachfrage und wachsender Konkurrenz gehäuft.

Mit dem Wegfall der staatlichen Kaufprämie könnte sich die Situation im kommenden Jahr verschärfen. Die Stimmung der Beschäftigten sei angespannt, sagte Betriebsratsvize Kristin Oder. Elektro-Autos gehöre die Zukunft, versichert dagegen Wächtler. "Wir werden hier in den kommenden Jahren noch große Entwicklungen sehen."

Wirtschaftsminister Dulig: Volkswagen muss sich das Volk leisten können

Bei den großen Autobauern und den rund 780 Zulieferbetrieben sind in Sachsen knapp 100.000 Menschen beschäftigt. Doch zögerten viele Menschen derzeit beim Kauf von E-Autos. Hier sieht der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) die Hersteller in der Pflicht, vor allem mit Blick auf die hohen Preise der Fahrzeuge. "Ich wünsche mir, dass Volkswagen wieder ein Auto wird, das sich das Volk leisten kann."

Ich wünsche mir, dass Volkswagen wieder ein Auto wird, das sich das Volk leisten kann.

Martin Dulig Wirtschaftsminister Sachsen

Dabei könnten gute Leasingangebote helfen. Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur sei Sachsen gut vorangekommen und werde auch nicht nachlassen. Mit Blick auf die Transformation der Auto-Industrie bezeichnete Dulig die aktuelle Situation als Delle. "Wir müssen schauen, dass diese Delle überwunden wird und wir E-Mobilitätsland Nummer eins in Europa bleiben." Jedes vierte in Europa gebaute vollelektrische Auto komme aus Sachsen.

Automatisierung soll Schlüssel zum Erfolg werden

"Wir sind dabei, neue Themen zu forcieren", erklärte Wächtler für die Zulieferer im Freistaat. Ein wichtiges Feld sei automatisiertes Fahren. Dazu verwies er etwa auf die CADA-Allianz in Chemnitz, zu der Unternehmen wie FDTech, Baselabs und Intenta als innovative Technologiefirmen der regionalen Automobilbranche.gehören.

Der Bereich sei sehr softwarelastig. Ziel sei es auch, in der Region Zwickau und Chemnitz ein Projekt zu etablieren, mit dem automatisiertes Fahren auf der Straße besser erprobt werden soll. Dabei gehe es auch um Warentransporte.

Darüber hinaus sieht Wächtler Potenzial bei Automatisierung und Robotik in der Fertigung. Dadurch könnten die Unternehmen einerseits Personalkosten verringern und dem Fachkräftemangel begegnen. Andererseits könnte sich die Branche so einen Vorsprung erarbeiten. Denn viele ausländische Autobauer setzten auf wenig Vielfalt, sagte Wächtler. Das betreffe etwa Farbe und Ausstattung ihrer Fahrzeuge . "Wenn wir es schaffen, eine Fertigung in Variantenvielfalt durchzuautomatisieren, hätten wir ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal." Hierzu gebe es gute Anknüpfungspunkte zu Forschungseinrichtungen in der Region.

Arbeitsagentur: Konkurrenz bei E-Autos ist neue Herausforderung

Bei Klaus-Peter Hansen, der Chef der sächsischen Landesarbeitsagentur, schlagen nach eigener Aussage beim dem Thema zwei Herzen in seiner Brust. "Wenn ich die Zeitachse etwas größer ziehe, relativieren sich die aktuellen Ereignisse", sagte er MDR SACHSEN. In den vergangenen zehn Jahren habe die Automobilindustrie in Sachsen einen Personalzuwachs von mehr als 40 Prozent erlebt. Das sei die eine Perspektive.

"Die zweite Perspektive ist, dass die Automobilindustrie in Sachsen mit der E-Mobilität eigentlich eine Erfolgsgeschichte schreibt. Aber jetzt gibt es einen Wettbewerbsdruck nach der Transformation." Es gebe jetzt viele Hersteller, insbesondere aus China, die auf den deutschen Markt drängten und mit Modellen wie ID.3, ID.4 oder ID.5 von VW konkurrierten. "Das ist nach dem gelungenen Transformationsprozess ein neue Herausforderung."

Klaus-Peter Hansen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit, 2019
Der Chef der säschsischen Landesarbeitsagentur, Klaus-Peer Hansen, sieht die Hauptkonkurrenten für VW in China. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael

Derzeit habe man eine Arbeitslosenquote von weniger als fünf Prozent. "Aber es gibt Zyklen und Wiederholungen. Bei manchen Dingen beginnt man wieder von vorn." Man könne stolz darauf sein, was die Menschen in Sachsen und die Unternehmenslenker geleistet haben in den vergangenen Jahren. "Unsere Automobilindustrie ist nicht der Platzhirsch auf der Welt und muss sich weiter dem Wettbewerb stellen mit den entsprechenden Folgen."

Automobilexperte Dudenhöffer befürchtet starken Rückgang der Zulassungen bei E-Autos

Nach Angaben des "Handelsblattes" wurden in Deutschland von Januar bis November 2023 rund 470.000 Elektroautos neu zugelassen. Automobilexperte Ferdinand Dudenhöfer sagte der Zeitung, dass er im kommenden Jahr mit einem starken Rückgang der Zulassungszahlen in diesem Segment rechne. "Wir kalkulieren mit 90.000 bis 200.000 Fahrzeugen weniger“, sagte er. Aktuell fahren demnach 1,3 Millionen Stromer auf deutschen Straßen. Bis 2030 sollen es nach dem Willen der Bundesregierung 15 Millionen werden. 

MDR (tfr)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 27. Dezember 2023 | 11:30 Uhr

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