Die Sonne spiegelt sich in einem Solarpanel.
EEG-Novelle: Die installierte Leistung von Solaranlagen in Deutschland soll sich bis 2030 auf 100 Gigawatt verdoppeln. Sachsen-Anhalts Solarbranche reicht das nicht. (Archivbild) Bildrechte: colourbox.com

EEG-Novelle Was 2021 für die Erneuerbaren Energien in Sachsen-Anhalt bringt

15. Januar 2021, 10:30 Uhr

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ändert sich zum kommenden Jahr. Der Anteil des Stroms aus Erneuerbaren Energien soll bis 2030 auf 65 Prozent steigen. 2050 soll der gesamte deutsche Strom klimaneutral sein. Doch auf dem Weg zu diesem Ziel liegen einige Probleme.

Maria Hendrischke
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Die Ziele: Das steht in der Novelle des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG)

Anfang 2021 soll eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Kraft treten. Dieser haben Bundestag und Bundesrat zugestimmt. Die Eckpunkte der Novelle: Bis 2050 soll der gesamte deutsche Strom Treibhausgas-neutral sein. Als Etappenziel soll bis 2030 bereits 65 Prozent unseres Stroms aus Erneuerbaren Energien kommen. Anfang 2021 soll dieser Anteil noch einmal mit den EU-Klimazielen abgeglichen werden, möglicherweise muss der Ökostrom-Anteil dann noch höher angesetzt werden. In diesem Jahr haben Erneuerbare Energien nach vorläufigen Berechnungen von Energieverbänden etwa 46 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland gedeckt. Der Verbrauch war aber wegen der Corona-Krise niedriger.

Um die Ziele der EEG-Novelle umzusetzen, sollen vor allem Wind- und Solarenergie aufgestockt werden. Bis 2030 soll sich die bundesweit installierte Leistung von Photovoltaik-Anlagen von derzeit 52 auf 100 Gigawatt steigern – also nahezu verdoppeln. Auch die installierte Leistung der Windkraftanlagen an Land soll sich erhöhen, von heute 54 Gigawatt auf 71 Gigawatt im Jahr 2030.

Aktueller Stand: Windkraft- und Solaranlagen in Sachsen-Anhalt

Die wichtigsten Quellen für Strom aus Erneuerbaren Energien waren 2019 in Sachsen-Anhalt laut Statistischem Landesamt mit etwa 62 Prozent Windenergie, gefolgt von Energie aus Biomasse (21 Prozent) und Photovoltaik (17 Prozent).

Windkraft- und Solaranlagen in Sachsen-Anhalt

MDR SACHSEN-ANHALT hat beim Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie nach dem aktuellen Ausbaustand der Wind- und Solarenergie gefragt. Ende Oktober 2020 waren in Sachsen-Anhalt demnach 2.884 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von knapp 5.270 Megawatt (MW) in Betrieb. Nach Erhebungen des Deutschen Windenergie Instituts (DEWI) und der Deutschen WindGuard GmbH ist Sachsen-Anhalt bemessen nach der Leistung im Bundesländer-Vergleich auf Platz 5 der Windenergie-Lieferanten. Platz 1 belegt Niedersachsen mit einer Leistung von mehr als 11.000 MW.

Nach Daten der Bundesnetzagentur werden 24.792 Photovoltaikanlagen in Sachsen-Anhalt betrieben, die eine Nettonennleistung von etwa 2.350 MW haben. In welchem Landkreis wie viele Photovoltaik- bzw. Windkraftanlagen stehen, wird statistisch nicht erfasst. Der größte Teil der Photovoltaik-Leistung wird laut Umweltministerium aber im Landkreis Anhalt-​Bitterfeld erbracht. In dem Landkreis hatten sich mehrere Solarunternehmen angesiedelt.

2019 sind in Sachsen-​Anhalt sind laut Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie (MULE) bereits mehr als 58 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen worden. Es scheint also, dass Sachsen-Anhalt schon jetzt nicht mehr allzu weit vom 65-Prozent-Ziel der EEG-Novelle bis 2030 entfernt ist. Doch es gibt mehrere Probleme.

Problem 1: Die EEG-Novelle geht der Branche nicht weit genug

An der EEG-Novelle gibt es viel Kritik, sowohl von der Opposition der Bundesregierung als auch von Umwelt- und Branchenverbänden: Die Reform reiche nicht aus. Sachsen-Anhalts Energieministerin Claudia Dalbert (Die Grünen) sagt, der Strombedarf für 2030 sei zu niedrig angesetzt. Er werde eher steigen, weil er zum Beispiel benötigt werde, um "grünen" Wasserstoff zu erzeugen.

Wie Erneuerbare Energien genutzt werden können, um Wasserstoff zu gewinnen, sehen Sie hier:

Eine Grafik mit Windrädern und Solarpanels. 1 min
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1 min

Wasserstoff wird auch in Sachsen-Anhalt ein immer wichtigerer Energielieferant. Wie er aus erneuerbaren Energien mit Hilfe der Elektrolyse gewonnen wird, zeigt MDRklärt.

Do 13.02.2020 15:21Uhr 00:45 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/mdrklaert-wasserstoff-gewinnung100.html

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So sehen es auch Solarhersteller in Sachsen-Anhalt. Das Solarunternehmen Hanwha-Q-Cells in Bitterfeld-Wolfen erklärte, der Ausbau komme zu zögerlich. Der Firmensprecher sagte MDR SACHSEN-ANHALT, so ließen sich keine Klimaziele erreichen. Dennoch rechne Hanwha-Q-Cells künftig mit einer verstärkten Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen. Die Solarfirma beschäftigt am Standort Thalheim 480 Mitarbeitende.

Ein Sprecher des Windkraftanlagen-Herstellers Enercon, der auch einen Standort in Magdeburg hat, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, das Gesamtfazit zur EEG-Novelle falle eher nüchtern aus. Der Strombedarf für 2030, mit dem in der Novellierung gerechnet werde, sei unrealistisch niedrig angesetzt. Enercon vermisse konkrete Lösungsvorschläge zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und zur weiteren Flächenbereitstellung. Auch eine Repowering-Strategie fehle. Das wäre allerdings nötig, um auf die Auftragslage von Enercon einen signifikanten Einfluss zu haben. Deutsche Produktionsstandorte müssten derzeit über Märkte im Ausland ausgelastet werden.

2019 haben Enercon sowie Zulieferer-Unternehmen 1.600 Mitarbeitende entlassen. Grund dafür war ein Einbruch des Windenergie-Markts. In diesem Überblick erfahren Sie mehr dazu:

Problem 2: Alte Windkraft- und Solaranlagen fallen aus Förderung

Das EEG-Gesetz ist 2000 in Kraft getreten. Mit dem Gesetz sind auch finanzielle Förderungen für Windkraft- und Solaranlagen beschlossen worden. So erhalten die Betreiber für den Strom aus Erneuerbaren Energien einen Festpreis – der etwa doppelt so hoch ist wie der Marktpreis für Strom. Dieser höhere Festpreis wird über die sogenannte EEG-Umlage finanziert. Die Umlage wird auf den Strompreis aufgeschlagen. 2021 wird die EEG-Umlage auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt und sinkt damit leicht. Im Gegenzug gibt es ab 2021 die CO2-Bepreisung: Benzin, Diesel und Heizöl werden teurer.

Die finanziellen Förderungen für Ökostrom-Anlagen gelten aber nur für 20 Jahre. Anlagen, die dieses Alter erreicht haben, fallen aus der Förderung. Die Anlagen-Betreibenden müssten ihren Strom dann zum Marktpreis verkaufen – doch das wäre für sie teils unwirtschaftlich. Bei einigen Windkraftanlagen würden dann die Einnahmen durch den Stromverkauf für Kosten etwa von Wartung und Ersatzteilen nicht mehr reichen. Die Betreibenden könnten dann entscheiden, ihre Windkraftanlagen abzubauen.

2021 fallen laut MULE 126 Photovoltaikanlagen in Sachsen-Anhalt mit einer Gesamtleistung von rund 0,5 Megawatt aus der Förderung nach dem EEG – ein sehr geringer Anteil von 0,02 Prozent der aktuellen Solaranlagen-Gesamtleistung. Im kommenden Jahr fallen laut MULE aber auch 472 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 586 Megawatt aus der Förderung. Sollten alle diese Anlagen dann vom Netz gehen, würden 2021 mehr als zehn Prozent der Gesamtleistung wegfallen. Auch in anderen Bundesländern fallen Windräder 2021 aus der Förderung, in Thüringen beispielsweise etwa 100. Um zu verhindern, dass die Ökostromanlagen ohne Förderung abgeschaltet werden, sind in der EEG-Novelle Anschlussregelungen vorgesehen.

Problem 3: Widerstand gegen neue Windkraftanlagen

Neue Windräder könnten den Wegfall der alten ausgleichen. Aber der Widerstand etwa von Bürgerinitiativen gegen Windparks und das sogenannte Repowering wächst. Repowering bezeichnet den Austausch von alten Windrädern gegen neue, leistungsstärkere. Gründe für den Widerstand sind Lärmbelästigung, Tierschutz-Bedenken und eine bisher geringe finanzielle Beteiligung der Kommunen an Windparks auf ihrem Gebiet.

Warum beispielsweise die Bürgerinitiative "Wind-Wehr" dagegen ist, dass in einem Windpark im Burgenlandkreis leistungsstärkere, höhere Windräder gebaut werden, sehen Sie hier:

Um die Akzeptanz von Windparks zu erhöhen, sieht die EEG-Novelle vor, dass die Standort-Kommunen mit 0,2 Cent pro Kilowattstunde an den Erträgen der Windparks auf ihrem Gemeindegebiet beteiligt werden können. Diese Beteiligung ist jedoch freiwillig und nicht verpflichtend. Sachsen-Anhalts Energieministerin Claudia Dalbert (Die Grünen) kritisiert das und fordert eine verpflichtende finanzielle Beteiligung der Orte.

Genehmigungsverfahren für Windräder sind kompliziert. Vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie heißt es dazu: "Ein Zubau von Windenergieanlagen ist in Sachsen-Anhalt aktuell nur in sogenannten Vorrang-Gebieten und unter Einhaltung u.a. der immissions- und auch naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen möglich." Es sei nicht möglich, zu prognostizieren, wie viele Anlagen 2021 zugebaut werden. Dalbert kritisiert, dass in der EEG-Novelle eine Lösung für ausgeförderte Windenergie-Anlagen ebenso wie eine Strategie fürs Repowering fehle. Sie sagt: "Mit diesem Erneuerbare-Energien-Gesetz erreichen wir die Klimaziele nicht."

Maria Hendrischke
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Über die Autorin Maria Hendrischke arbeitet seit Mai 2017 als Online-Redakteurin für MDR SACHSEN-ANHALT – in Halle und in Magdeburg. Ihre Schwerpunkte sind Nachrichten aus dem Süden Sachsen-Anhalts, Politik sowie Erklärstücke und Datenprojekte. Ihre erste Station in Sachsen-Anhalt war Magdeburg, wo sie ihren Journalistik-Bachelor machte. Darauf folgten Auslandssemester in Auckland und Lissabon sowie ein Masterstudium der Kommunikationsforschung mit Schwerpunkt Politik in Erfurt und Austin, Texas. Nach einem Volontariat in einer Online-Redaktion in Berlin ging es schließlich zurück nach Sachsen-Anhalt, dieses Mal aber in die Landeshauptstadt der Herzen – nach Halle. Ihr Lieblingsort in Sachsen-Anhalt sind die Klausberge an der Saale. Aber der Harz ist auch ein Traum, findet sie.

Quelle: MDR/mh

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 17. Dezember 2020 | 14:30 Uhr

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