Öffentliche Aufträge "Praktisch unanwendbar" – Kommunen kritisieren neues Vergabegesetz
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18. April 2023, 07:18 Uhr
Öffentliche Aufträge sollen künftig nur noch an Unternehmen gehen, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. So schreibt es das neue Vergabegesetz vor, das seit März gilt. Ein weiteres Ziel war Bürokratie abzubauen. Das ist nicht gelungen, finden 16 Bürgermeister aus Sachsen-Anhalt. In einem gemeinsamen Schreiben kritisieren sie das neue Vergabegesetz und fordern umsetzbare Regeln. Das Wirtschaftsministerium will bei der Anwendung des Gesetzes unterstützen.
- In einem Schreiben fordern mehrere Kommunen, dass das neue Vergabegesetz angepasst wird.
- Die Umsetzung sei mit zu viel Bürokratie verbunden.
- Das Wirtschaftsministerium verspricht Unterstützung.
Zahlreiche Bürger- und Oberbürgermeister in Sachsen-Anhalt kritisieren das neue Vergabegesetz des Landes. In einem Schreiben des Städte- und Gemeindebundes heißt es, das geänderte Gesetz sei wegen bürokratischer Hürden "praktisch unanwendbar". Investitionsvorhaben drohten durch das novellierte Gesetz zu scheitern.
Unüberschaubarer Tarif-Dschungel
Landtag und Landesregierung seien aufgefordert, kurzfristig für anwendbare Vergaberegeln zu sorgen. Die kaum überschaubare Zahl verschiedener Tarifverträge sei mit einen überbordenden Prüfungsaufwand für die Kommunen sowie ungelösten Rechtsfragen verbunden.
Das neue Tariftreue- und Vergabegesetz gilt seit März 2023. Es soll dafür sorgen, dass nur noch solche Unternehmen öffentliche Aufträge bekommen, die ihre Beschäftigten nach Tariflohn bezahlen. Für Betriebe, die das nicht leisten können, ist ein landesspezifisch festgeschriebener Vergabe-Mindestlohn geplant. Darüber hinaus soll damit der bürokratische Aufwand bei der Auftragsvergabe verringert werden.
Kritik: Zu viel Bürokratie, zu wenig Personal
Der Geschäftsführer des Städte-und Gemeindebundes, Bernward Küper, sagte MDR SACHSEN-ANHALT auf Anfrage, von Entbürokratisierung könne keine Rede sein. Die Kommunen seien für die Umsetzung personell oft nicht aufgestellt. Im Übrigen seien die Verwaltungsfachleute in den Kommunen nicht die richtige Adresse, um Regelungen aus mehr als 840 Tarifverträgen zu prüfen, so Küper. All diese Bedenken habe man auch Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) und Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) mitgeteilt.
Der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost, Robert Momberg, erklärte, dass man wiederholt auf die überbordende Bürokratie hingewiesen habe. In Zeiten steigender Bauzinsen und Höchstpreise für Baumaterialien gelte es, den Rotstift bei bürokratischen Prozessen anzusetzen. Dies könne Kosten senken und die kommunalen Behörden entlasten.
Insgesamt haben 16 Bürgermeister unter anderem aus Wittenberg, Halberstadt und Bernburg die Erklärung unterschrieben, sowie der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann.
Wirtschaftsministerium verspricht Unterstützung
Das Wirtschaftsministerium sagte der Deutschen Presseagentur, man wolle öffentliche Auftraggeber bei der Anwendung des neuen Gesetzes unterstützen. Dafür habe man Anwendungshinweise für die Kommunen formuliert, um eine praxistaugliche Umsetzung zu ermöglichen. Diese würden regelmäßig aktualisiert. "Daneben finden zahlreiche Gespräche mit den Vergabestellen statt, um eine weitgehend einheitliche Rechtsanwendung des vom Landtag beschlossenen Gesetzes sicher zu stellen", so das Ministerium.
dpa, MDR (Ronald Neuschulz, Karin Roxer, Annekathrin Queck)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio so wie wir | 17. April 2023 | 17:00 Uhr
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