Tempo-30-Schild 3 min
Audio: Viele Kommunen in Deutschland fordern seit Jahren mehr Gestaltungsmöglichkeiten und weniger Tempo auf ihren Ortsstraßen. Bildrechte: picture alliance/dpa/Frank Rumpenhorst
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Bundestag und Bundesrat wollen Kriterien für Verkehrsplanung beschließen

MDR AKTUELL Fr 14.06.2024 06:47Uhr 03:11 min

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Straßenverkehrsgesetz Kommunen sollen mehr Gestaltungsspielraum bei Ortsstraßen bekommen

14. Juni 2024, 05:00 Uhr

Wenn die Ortsdurchfahrt viel befahren ist, dann finden das oft nur wenige Anwohner gut: Es ist laut, die Luft nicht gut und vielleicht fürchten die Menschen auch, dass ihre Kinder neben 40-Tonnern zur Schule radeln. Um diesen Sorgen zu begegnen, würden Städte und Gemeinden gern häufiger Tempo-30-Bereiche, Fahrradspuren oder Zebrastreifen auf ihren Ortsstraßen anlegen. Das dürfen sie aber nicht, zumindest noch nicht. Das Straßenverkehrsgesetz soll es den Kommunen künftig ermöglichen.

Viele Kommunen in Deutschland fordern seit Jahren mehr Gestaltungsmöglichkeiten und weniger Tempo auf ihren Ortsstraßen. 2021 gründeten eine Hand voll Städte, darunter auch Leipzig, die "Initiative für lebenswerte Städte und Gemeinden". Die Allianz wuchs rasant auf aktuell fast 1.100 Städte.

Ein Neumitglied ist die Stadt Klötze in der Altmark in Sachsen-Anhalt. Bürgermeister Alexander Kleine erklärt, wo er den Verkehr auf Klötzes Straßen sicherer machen möchte: "Wir hätten gerne, dass an gewissen Schwerpunkten, wie zum Beispiel Kitas, aber auch Haltestellen, Spielplätzen oder unser Besucherzentrum am Waldbad und Tierpark, eben auch möglich ist, dass wir das Tempo drosseln können. Dass wir selbst entscheiden können, wo die Tempo-30-Zonen auch Sinn ergeben. Deshalb haben wir uns eben auch dieser Initiative aufgrund eines Antrages im Stadtrat angeschlossen."

Warum die Vorhaben der Kommunen bislang scheitern

Erlaubt waren die gewünschten Tempo-30-Zonen bisher nur in engem rechtlichen Rahmen. Grund dafür sind die Kriterien, die in der aktuellen Fassung des Straßenverkehrsgesetzes noch gelten, erklärt die Verkehrsforscherin Juliane Haus.

Sie begleitet am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung kommunale Verkehrsprojekte: "Aktuell ist es so, dass die Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die zentrale Orientierung bildet mit Blick darauf, ob Maßnahmen rechtmäßig sind, ob Änderungen zulässig sind oder eben auch nicht."

Die Frage nach dem Verkehrsfluss, sagt Haus, fokussiere sich bislang zu sehr auf Autos und vernachlässige andere Verkehrsteilnehmer. Und in puncto Sicherheit müssten Kommunen erst Gefahr für andere nachweisen.

Auch Bürgermeister Kleine scheiterte mit seinen Tempolimits deshalb bislang: "Dort war dann immer ein Stück weit die Begründung, dass es ja keinen Unfallschwerpunkt darstellt und man deshalb auch kein Tempo 30 dort durchkriegt. Das halte ich für schwierig, denn man muss es nicht darauf ankommen lassen."

Bundesregierung will Kommunen mehr Spielraum geben

Ginge es nach der Ampelregierung, hätten die Kommunen längst mehr Spielraum. Aber eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes scheiterte im November im Bundesrat an den Unions-geführten Ländern. Nun hat der Vermittlungsausschuss einen Kompromiss gefunden, den sowohl Bundestag als auch Bundesrat noch in dieser Woche billigen wollen.

Das Straßenverkehrsgesetz schreibt dann zwar immer noch vor: Die Sicherheit darf nicht beeinträchtigt werden. Und auch der Verkehrsfluss bleibt ein Kriterium. Hinzu kommen aber weitere Ziele, mit denen Kommunen Tempo 30 und andere Maßnahmen begründen dürfen, nämlich Klima- und Umweltschutz, Stadt-Entwicklung und die Gesundheit der Bevölkerung.

Verkehrsforscherin begrüßt Gesetzesänderung

Eine überfällige Entwicklung, findet Klötzes Bürgermeister Kleine. Auch Verkehrsforscherin Haus begrüßt das neue Gesetz.

Sie prognostiziert aber, wie viele Tempolimits, Zebrastreifen, Busspuren und Radwege dadurch neu entstünden, werde sich erst in der Praxis zeigen: "Wenn es Urteile gibt und wenn die Rechtslage geklärt ist. Aktuell sind zwar mehr Spielräume da, aber wie rechtssicher diese Spielräume genutzt werden können, das wird sich halt erst zeigen, wenn es im Endeffekt rechtliche Entscheidungen gibt, die die Auslegung des Gesetzes eindeutig anzeigen."

Nach Bundestag und Bundesrat werden letztlich auch Verwaltungsgerichte über die Gewichtung der neuen Kriterien entscheiden.

Eine Frau neben einem Sportwagen, im Kontrast ein Mann, der ein Tempo 100 Schild hält 30 min
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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 14. Juni 2024 | 06:00 Uhr

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