Lkw mit Bannern blockieren Straße
Die Elbebrücke bei Tangermünde wird im Rahmen der Bauernproteste seit Montag blockiert. (Bild vom 08.01.2024) Bildrechte: MDR

Bauern weisen Vorwürfe zurück Ärzte kommen wegen Blockade nicht ins Krankenhaus – Anzeige erstattet

14. Januar 2024, 16:18 Uhr

Wegen der Blockade der Elbebrücke bei Tangermünde sind Mitarbeiter, Patienten und Lieferungen nicht zum AWO-Krankenhaus in Jerichow gekommen. Deshalb hat der Landesvorstand der Arbeiterwohlfahrt Anfang der Woche Anzeige erstattet. Der Geschäftsführer kritisiert neben den Bauern auch das Vorgehen der Polizei, die nicht genug getan habe, um die Blockaden aufzulösen. Der Kreisbauernverband Stendal und die Polizei weisen die Vorwürfe zurück.

Die Arbeiterwohlfahrt in Sachsen-Anhalt hat wegen der Bauernproteste in dieser Woche Strafanzeige erstattet. Dabei geht es konkret um die Blockade der Elbebrücke bei Tangermünde im Landkreis Stendal und die Folgen für das AWO-Fachkrankenhaus Jerichow. Geschäftsführer Thomas Wendler sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag, der AWO-Landesvorstand habe die Anzeige bereits Anfang der Woche eingereicht.

Unter den Zeugen ist demnach unter anderem ein Verwaltungsmitarbeiter, der zwei Stunden feststeckte. Wendler zufolge sind wegen der Blockade am Montag insgesamt 30 Ärzte und Pfleger nicht zur Arbeit gekommen.

Polizei wegen Blockade im Landkreis Stendal in der Kritik

Der Geschäftsführer sagte, es sei ihm völlig unverständlich, wie Bauern diese zentrale Verkehrsader so hätten lahmlegen können. Noch unverständlicher sei aber, dass die Polizei nichts getan habe oder tue. Es brauche mehr Anstrengungen der Polizei, um solche Blockaden aufzulösen.

Wendler kritisiert zudem, dass die Aktionen auf der Brücke am Mittwoch, Donnerstag und Freitag genehmigt wurden, obwohl die Blockaden an den Tagen zuvor nicht angemeldet waren.

Die Situation belaste die Klinikmitarbeiter und behindere sie bei der Arbeit. Die Beschäftigten hätten den Schwarzen Peter, weil sie pünktlich zur Arbeit erscheinen müssten, so Wendler. Einige hätten bereits Urlaub genommen, am Freitagmorgen sei die Übergabe vom Nacht- zum Tagdienst bereits auf 4 Uhr vorgezogen worden.

Mitarbeiter, Patienten und Lieferungen von Blockade betroffen

Der Geschäftsführer berichtet auch von Mitarbeitern, die mit ihren Autos zur Elbebrücke fahren, dort parken, zu Fuß über die Brücke laufen und sich auf der anderen Seite von Kollegen abholen lassen. Andere kämen mit der Bahn, was derzeit auch schwer sei. "Die positive Nachricht ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da wirklich sehr engagiert nach Lösungen gesucht haben, viele Umwege und zusätzliche Zeit in Kauf nehmen."

Ein weiteres Problem ist laut Wendler, dass Patienten, darunter Dialyse-Patienten, sowie wichtige Lieferungen nicht durchkommen. Wichtige Untersuchungen lasse man deshalb bereits am Standort Stendal durchführen. Der Geschäftsführer forderte Konsequenzen durch Politik und Ordnungsbehörden. Die Bauern müssten einsehen, dass das so nicht gehe.

Kreisbauernverband und Polizei weisen Vorwürfe zurück

Landwirt Jan-Eimo Dammeyer wies die Anschuldigungen im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT zurück. Schulbusse und Krankenwagen seien nie blockiert worden. Während der Blockade liefe bei allen beteiligten Fahrzeugen der Motor, sodass man schnell wegfahren könne. "Allerdings müssen wir dazu sagen, dass wir keinerlei Einfluss darauf haben. (...) Wenn wir Anrufe bekommen von Busunternehmen oder Privatleuten, die durch müssen, können wir das der Polizei nur nahelegen." Seit Mittwoch seien die Ärzte während der angemeldeten Proteste problemlos zur Arbeit gekommen, sagte Dammeyer. Er wies zudem darauf hin, dass sich die Anzeigen nach seiner Information nicht gegen Landwirte gerichtet hätten.

Auch der Kreisbauernverband Stendal wies die Verantwortung für die Blockade der Elbebrücke bei Tangermünde am Montag zurück. Wie Geschäftsführerin Kerstin Ramminger MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag sagte, distanziert sich der Verband von den Aktionen aufs Schärfste. Es habe sich um keine Aktion des Bauernverbandes gehandelt. An der Blockade der Brücke am Montag hatten sich ihren Angaben nach Spediteure und Handwerker beteiligt. Auch Landwirte seien dort gewesen.

Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Stendal, André Stallbaum, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, nach den ersten Meldungen, dass Leute im Verkehr steckengeblieben seien, habe sich der Bauernverband erkundigt, wer die Elbebrücke blockiere. "Das waren Landwirte, aber auch Fuhrunternehmer, sogar federführend Fuhrunternehmer hier aus der Region", so Stallbaum. Die unangemeldeten Blockaden seien der eigenen Sache abträglich. Stallbaum kündigte an, dass vom Kreisbauernverband keine weiteren Aktionen für das Wochenende geplant seien. "Wir formieren uns jetzt für die Großdemonstration am Montag in Berlin", erklärte er.

Der Bauernbund Sachsen-Anhalt wies im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT ebenfalls darauf hin, dass sich an dem Protest vereinzelt Lkw-Fahrer und Spediteure beteiligt hätten.

Die Polizeiinspektion Stendal hat sich nach eigener Darstellung nicht dafür zuständig gesehen, die unangemeldete Blockade der Elbebrücke Tangermünde am Montag aufzulösen. Eine Sprecherin teilte MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag mit, der Landkreis Stendal als Versammlungsbehörde habe keine Auflösungsverfügung erlassen. Das sei aber nötig und gelte auch für nicht angemeldete Versammlungen. Daher sei man nicht gehalten gewesen, die Blockade zu räumen.

Der Landkreis als für Versammlungen zuständige Behörde wies entsprechende Anschuldigungen zurück. Landrat Patrick Puhlmann sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es sei keine Versammlung angemeldet gewesen, und selbst wenn es so gewesen wäre, sei es schwierig, diese aufzulösen. Man habe mit Aktionen von Baumbesetzern im Losser Forst schon entsprechende Erfahrungen gemacht.

Blockade in Stendal am Montag war nicht angemeldet

Am Donnerstag hatte Landespolizeidirektor Mario Schwan im Innenausschuss erklärt, dass die Blockade der Elbebrücke am Montag nicht angemeldet war. An dem Tag hätten Teilnehmer zum Teil Dienstausweise kontrolliert, um zu entscheiden, ob jemand die Brücke passieren dürfe. Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) teilte mit, dass landesweit allein am Montag 16 Ermittlungsverfahren gegen Blockierer eingeleitet worden sind, die meisten davon wegen Nötigung.

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MDR (Lars Wohlfarth, Bernd-Volker Brahms, Norma Düsekow, Christoph Dziedo, Engin Haupt, Annekathrin Queck), zuerst veröffentlicht am 12.01.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. Januar 2024 | 08:30 Uhr

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