Recht auf Internet Mitglied des Digitalrats: "Internet ist wie Luft zum Atmen"
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07. Oktober 2024, 05:18 Uhr
Ein Recht auf Internet? Das gibt es tatsächlich und ist im Gesetz verankert. Doch die festgelegte Mindestbandbreite von zehn Megabit pro Sekunde ist zu gering. Ein Mitglied des Digitalrats Sachsen-Anhalt findet, dass diese heutzutage höher liegen müsse, um modern arbeiten zu können. Auch müsse ihmzufolge das Internet Teil anderer bestehender Rechte sein – unter anderem das Recht auf Meinungsfreiheit oder politische Teilhabe. Denn die Gesellschaft hat sich auch in den digitalen Raum verlagert.
- Sachsen-Anhalt hat beim Glasfaserausbau noch Nachholbedarf. Das geht aus Zahlen des Digitalministeriums hervor.
- Laut Gesetz hat jeder ein Recht auf schnelles Internet. Jedoch liegt die Mindestbandbreite bei zehn Megabit pro Sekunde.
- Laut einem Mitglied des Digitalrats Sachsen-Anhalt braucht es das Internet um andere Rechte besser wahrnehmen und ausüben zu können.
"Internet ist mittlerweile wie Luft zum Atmen." Wenn Tobias Kremkau irgendwo hingeht, fragt er nicht nach, ob es dort Sauerstoff gibt, sagt er MDR SACHSEN-ANHALT scherzhaft. "Wenn ich arbeiten will, muss ich davon ausgehen können, dass es auch überall schnelles Internet gibt. Die wenigsten Jobs funktionieren heute noch ohne", so das Mitglied des Digitalrats Sachsen-Anhalt.
Laut Kremkau fängt das schon in Geschäften bei der Kartenzahlung an. Alle brauchen schnelles Internet und die Programme würden immer anspruchsvoller, was den Datenverbrauch angeht, sagt er. "Deswegen können wir auf alten Leitungen nicht mehr modern arbeiten."
Glasfaserausbau in Sachsen-Anhalt hat noch Nachholbedarf
Mit alten Leitungen meint das Digitalratmitglied zum Beispiel Kupferleitungen. Wenn wir heute über schnelles Internet reden, dann kann man nur über Glasfaser sprechen, erklärt er. Und da gebe es in Sachsen-Anhalt noch Nachholbedarf.
Die Glasfaserquote des Landes liegt aktuell bei 23,2 Prozent (Stand 2023). Das geht aus Informationen des Digitalministeriums Sachsen-Anhalt hervor. Während in Halle mit knapp 54 Prozent die meisten Haushalte direkt mit Glasfaser erschlossen sind, sind es im Landkreis Stendal lediglich drei Prozent. Dicht dahinter folgt der Landkreis Anhalt-Bitterfeld mit 6,1 Prozent. Ebenfalls gut erschlossen ist Magdeburg mit 30,6 Prozent.
Momentan verfolgt Sachsen-Anhalt allerdings einen anderen Plan – die Gigabit-Strategie. Bis 2030 sollen Glasfaser und bestehende alte Leitungen miteinander verknüpft werden. Dann sollen – theoretisch – auch Leistungen von einem Gigabit pro Sekunde (Download) möglich sein. Die Quote liegt laut Webseite des Digitalministeriums bei 48,9 Prozent (Stand 2023).
Auch wenn ein Ausbau voranschreitet, ist schnelles Internet, das den Ansprüchen von Streaming und Videocalls genügt, noch nicht überall in Sachsen-Anhalt vorhanden. Und gerade wenn Internet wie Luft zum Atmen sein soll, müsste man doch gegenwärtig eine Art Recht auf einen Glasfaseranschluss haben?
Laut Gesetz gibt es eine Art Recht auf schnelles Internet
Die kurze Antwort dazu: Jein. In Deutschland besteht tatsächlich ein Art Recht auf schnelles Internet. Im sogenannten Telekommunikationsgesetz steht, dass mindestens Sprachkommunikationsdienste und ein schneller Internetzugangsdienst für eine soziale und wirtschaftliche Teilhabe vorhanden sein müssen, heißt es im Paragraph 157, Absatz 2.
Mindestens verfügbar sein müssen Sprachkommunikationsdienste sowie ein schneller Internetzugangsdienst für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe im Sinne des Absatzes 3, einschließlich des hierfür notwendigen Anschlusses an ein öffentliches Telekommunikationsnetz an einem festen Standort.
Soweit so gut. Doch "schnell" ist hier eine Frage der Definition. Denn jetzt muss in die sogenannte Mindestversorgungsverordnung hingeschaut werden, und darin steht: Ein Internetzugangsdienst für eine soziale und wirtschaftliche Teilhabe liegt dann vor, wenn im Download mindestens 10 Megabit pro Sekunde vorhanden sind. Ob die nun über Kupfer oder Glasfaser ins Haus kommen, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben.
Diese Mindestgrenze ist allerdings viel zu gering, wie Tobias Kremkau erklärt: "Das ist eine E-Mail mit einem Foto als Anhang. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das vor zehn Jahren noch gereicht hätte." Um beruflich effektiv arbeiten zu können wäre eine höhere Mindestgrenze sinnvoller, sagt das Mitglied des Digitalrats aus eigener Erfahrung.
Das ist eine E-Mail mit einem Foto als Anhang. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das vor zehn Jahren noch gereicht hätte.
Denn Kremkau eröffnet beruflich unteranderem Pop-Up-Coworking-Spaces in ländlichen Regionen bundesweit. "Wir helfen uns da mit LTE-Cubes. Allein davon weiß ich, dass wenn vier Leute gleichzeitig arbeiten, reicht schon eine 100 Megabite-Leitung nicht mehr aus. Und wenn dann noch einer einen Videocall hat, dann funktioniert gar nichts mehr", so Kremkau.
Kremkau: "Es braucht Internet, um Rechte besser wahrnehmen zu können"
Dass es eine Art Recht auf Internet gibt, findet auch Kremkau wichtig. Gesellschaft sollte das aber eher andersherum sein und das Internet mittlerweile Teil bestehender Rechte sein, wie das Recht auf Information, das Recht auf politische Teilhabe oder das Recht auf Meinungsäußerung, wie er sagt. "All diese Sachen sind auch ins Digitale zum größten Teil verlagert. Man muss vielleicht kein Recht auf Internet ableiten, aber es braucht Internet um andere Rechte besser wahrnehmen und ausüben zu können", so Kremkau.
Man muss vielleicht kein Recht auf Internet ableiten, aber es braucht Internet um andere Rechte besser wahrnehmen und ausüben zu können.
Kremkau erklärt, dass er selbst keinen Fernseher hat. Nachrichten konsumiert er online in Mediatheken. Ihm ist aber klar, dass das Digitale nicht das Analoge ersetzen kann. Aber: "Wir brauchen das Internet, weil wir unsere Gesellschaft durchaus ins Digitale verschoben haben. Um mich frei entscheiden zu können, muss es gutes Internet geben."
Es fehlt der Druck der Gesellschaft
Die Bundesnetzagentur will die Mindestbandbreite von zehn auf 15 Megabit pro Sekunde (Download) anheben. Das geht aus einem Prüfbericht des Jahres 2024 hervor – lediglich fünf Megabit mehr.
"Man kann an der Politik viel kritisieren, aber man muss auch verstehen, die Leute fragen es nicht stark genug nach. Sodass ich auch die Politik verstehe, dass es nicht wie das dringendste Thema wirkt", so Kremkau. Ihmzufolge fehlt es an gesellschaftlichem Druck. Wer Probleme mit dem Glasfaserausbau hat, könnte sich so beispielsweise bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt melden.
MDR (Maximilian Fürstenberg)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 06. Oktober 2024 | 19:00 Uhr
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