Verbrennungstod eines Asylbewerbers Chronologie des Falls Oury Jalloh
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12. Juli 2023, 17:34 Uhr
Der Asylbewerber Oury Jalloh war 2005 in einer Polizeizelle in Dessau verbrannt. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen "nach sorgfältiger Prüfung" im Herbst 2017 eingestellt, weil eine Aufklärung nicht zu erwarten sei. 2018 wurden vom Rechtsausschuss im Landtag von Sachsen-Anhalt zwei Sonderermittler eingesetzt. Sie dokumentierten Rassismus, das Versagen und Fehlleistungen von Justiz und Polizei, sahen aber keine neuen Ansätze für Ermittlungen. Zu dem Schluss kam zuletzt auch das Bundesverfassungsgericht Anfang 2023. Der Fall im Überblick:
Inhalt des Artikels:
- 07. Juli 2023 – Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte frühestens in einigen Monaten
- 27. Februar 2023 – Fall Jalloh soll vor Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen
- 23. Februar 2023 – Bundesverfassungsgericht bestätigt Einstellung der Ermittlungen
- 17. August 2021 – SPD sperrt sich: Kein Untersuchungsausschuss im Landtag
- Mai 2020 – Recherchen bringen neue Erkenntnisse
- 29. November 2018 – Verfahren bleibt eingestellt
- 12. Oktober 2017 – Ermittlungen werden eingestellt
- 4. September 2014 – Magdeburger Urteil ist rechtskräftig
- 17. Dezember 2012 – Revision von Verteidigung und Staatsanwaltschaft
- 13. Dezember 2012 – Landgericht Magdeburg verurteilt Polizisten zu Geldstrafe
- 12. Januar 2011 – Zweiter Prozess am Landgericht Magdeburg beginnt
- 2. Januar 2007 – Prozessbeginn am Landgericht Dessau
- 7. Januar 2005 – Oury Jalloh verbrennt in Polizeizelle
07. Juli 2023 – Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte frühestens in einigen Monaten
Die Familie von Oury Jalloh hat Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt. Sie will erreichen, dass die Ermittlungen im Fall Jalloh wiederaufgenommen werden. Ein Urteil ist frühestens in einigen Monaten zu erwarten, wohl eher in einigen Jahren.
27. Februar 2023 – Fall Jalloh soll vor Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen
Die Familie von Oury Jalloh will den Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen. Das Straßburger Gericht habe bereits in anderen Fällen betont, dass bei Todesfällen in Gewahrsam eine Pflicht zur nachvollziehbaren Aufklärung der Todesumstände seitens des Staates bestehe, teilte die "Initiative Oury Jalloh" mit. Vor wenigen Tagen hatte das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde des Bruders von Jalloh abgewiesen.
23. Februar 2023 – Bundesverfassungsgericht bestätigt Einstellung der Ermittlungen
Dass die Ermittler den Fall Oury Jalloh zu den Akten gelegt haben, verstößt laut Bundesverfassungsgericht nicht gegen das Grundgesetz. Das höchste deutsche Gericht nahm eine Verfassungsbeschwerde von Jallohs Bruder nicht zur Entscheidung an.
7. Januar 2023 – 1.600 Menschen erinnern in Dessau an Feuertod von Oury Jalloh
In Dessau-Roßlau haben die Menschen an den Asylbewerber Oury Jalloh erinnert, der vor 18 Jahren in einer Polizeizelle verbrannt war. Rund 1.600 schlossen sich dem Protestzug durch die Innenstadt an.
7. Januar 2022 – Gedenken in Dessau
Fast 2.000 Menschen haben in Dessau-Roßlau an den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh vor 17 Jahren erinnert. Es wurden Blumen vor der Polizeiwache niedergelegt, in der Jalloh 2005 verbrannt war.
3. November 2021 – Neues Gutachten: Oury Jalloh wurde in Zelle angezündet
Ein neues Gutachten kommt zum dem Schluss, dass Oury Jalloh von Polizisten angezündet worden ist. Das Gutachten eines britischen Brandexperten wird in Berlin vorgestellt. Die private Aufklärungsinitiative "Initiative in Gedenken an Oury Jalloh" hatte es in Auftrag gegeben.
17. August 2021 – SPD sperrt sich: Kein Untersuchungsausschuss im Landtag
Die SPD im Landtag von Sachsen-Anhalt hat den Unmut von Grünen und Linken auf sich gezogen. Hintergrund ist ein Kurswechsel bei der Aufarbeitung des Feuertods von Oury Jalloh in Polizeigewahrsam in Dessau. Der Vorstand der SPD hat beschlossen, in der neuen Legislaturperiode nicht für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu stimmen. Noch im vergangenen Sommer hatte die Partei das Gegenteil verlautbart.
SPD-Chefin Juliane Kleemann sagt einer Mitteilung zufolge, der Abschlussbericht zweier Sonderbeauftragter aus dem August 2020 habe ein "wesentliches Erkenntnisinteresse" ihrer Partei erfüllt. "Neben zahlreichen Feststellungen zum Fehlverhalten der beteiligten Beamten und zu strukturellem Rassismus in der Polizei traf der Bericht die eindeutige Aussage, dass offene Ermittlungsansätze zum Tod von Oury Jalloh nicht zu erkennen seien", ließ Kleemann mitteilen.
28. August 2020 – Sonderberater des Landtages stellen Abschlussbericht vor
Die Sonderberater des Landtages, Jerzy Montag und der ehemalige Generalstaatsanwalt Manfred Nötzel, legen dem Rechtsausschuss nach mehrmonatiger Arbeit ihren Bericht über den Tod Oury Jallohs und die darauffolgenden Ermittlungen vor.
In ihrem Gutachten sehen die Juristen zurzeit keine offenen Ansätze, um wegen Mordes oder Mordversuchs erneut zu ermitteln. Sie dokumentieren aber Rassismus, das Versagen und die Fehlleistungen von Justiz und Polizei.
So habe Justizministerin Anne-Marie Keding das Parlament im Jahr 2017 – mitten in einem weiteren Gerichtsverfahren im Fall Jalloh – über den aktuellen Stand der Arbeit der Staatsanwaltschaft bewusst unvollständig informiert und damit gelogen.
9. Juli 2020 – Richter und Staatsanwälte wollen nicht mit Sonderberatern sprechen
Der Rechtsausschuss des Landtages hält trotz neuer Ungereimtheiten im Fall Oury Jalloh an dem geplanten Termin zur weiteren Aufarbeitung des Falls fest. Das hat Ausschussvorsitzender Detlef Gürth (CDU) am Donnerstag betont. Gürth sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die vom Ausschuss beauftragten Berater sollten ihren Abschlussbericht wie geplant am 28. August dieses Jahres übergeben. Daran würden die neuesten Erkenntnisse nichts verändern.
Im Auftrag des Rechtsausschusses untersuchen seit zwei Jahren die externen Juristen Jerzy Montag und Manfred Nötzel die juristische Aufarbeitung des Falls. Dafür hatten sie auch beteiligte Richter und Staatsanwälte befragen wollen. Das hatte das Justizministerium vorige Woche abgelehnt und auf verfassungsrechtliche Bedenken verwiesen. Am Mittwoch dieser Woche war daraufhin vereinbart worden, die beteiligten Juristen nicht unter vier Augen – sondern im Rechtausschuss zu befragen. Das wiederum hatten am Donnerstag, den 9. Juli 2020, die sieben Richter und Staatsanwälte abgelehnt.
6. Juli 2020 – "Spiegel": Justizministerium blockiert Ermittlungen
Die juristischen Sonderberater Nötzel und Montag sind dabei, den Fall nochmal zu prüfen. Sie wollen Zeugen – Polizisten und Justizbedienstete – in direkten Gesprächen befragen. Am Abend des 6. Juli wirft das Magazin "Der Spiegel" dem Land vor, die Aufarbeitung zu behindern. Das Justizministerium weist die Vorwürfe zurück. Die Opposition beharrt auf einer Aufarbeitung ohne Vorbedingungen.
Mai 2020 – Recherchen bringen neue Erkenntnisse
Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) veröffentlicht eine Feature-Reihe mit erschütternden Erkenntnissen zum Tod von Oury Jalloh. Die fünfteilige Reihe legt nahe, dass der Asylbewerber aus Sierra Leone im Januar 2005 von Polizisten in Dessau getötet worden ist. Anders können die Recherchen nicht gedeutet werden, sagt Autorin Margot Overath im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT.
23. Oktober 2019 – Beschwerde von Verwandtem zurückgewiesen
Nach einer Beschwerde eines Verwandten von Oury Jalloh weist auch das Oberlandesgericht in Naumburg die Forderung nach weiteren Ermittlungen in dem Fall zurück. Es unterstützt damit die Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft. Nach Angaben des Gerichts ist unklar, auf welche Beweise sich die Forderung nach einer Wiederaufnahme der Ermittlungen stützt.
29. November 2018 – Verfahren bleibt eingestellt
Die Ermittlungen um Jalloh werden nicht wieder aufgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft wies die Beschwerde der Hinterbliebenen gegen die Einstellung des Verfahrens als unbegründet zurück. Ein Tatverdacht gegen Polizeibeamte des Reviers Dessau oder andere Personen bestehe nicht.
23. Oktober 2018 – Private Kommission will den Fall untersuchen
Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh berichtet über ihre private Untersuchungskommission aus Aktivisten, einem Rechtsanwalt und einem Arzt, die den Fall erneut beleuchten soll.
8. Juni 2018 – Nötzel und Jerzy als juristische Sonderberater eingesetzt
Im Fall Oury Jalloh sind zwei Sonderberater vom Rechtsausschuss des Landtages eingesetzt worden: Der Rechtsanwalt Jerzy Montag und der ehemalige Generalstaatsanwalt Manfred Nötzel. Die beiden Juristen sollen mithelfen, die Akten zum Tod des Asylbewerbers neu zu bewerten.
13. April 2018 – Zwei unabhängige Experten sollen Fall aufarbeiten
Zwei unabhängige Sonderermittler sollen den Tod von Oury Jalloh aufarbeiten. Einen entsprechenden Zeitungsbericht bestätigt Grünen-Abgeordneter Sebastian Striegel MDR SACHSEN-ANHALT. Nach seinen Worten sollen die Juristen die Polizei- und Justizakten sichten und neu bewerten. Striegel sagte, die Experten würden einen unabhängigen Blick nach außen garantieren.
26. März 2018 – Gutachter schließt Selbsttötung aus
Der Toxikologe Gerold Kauert betont im MDR-Interview, er schließe aus, dass Jalloh sich in der Polizeizelle selbst angezündet habe. In Jallohs Körper habe man keine erhöhten Stresshormone nachweisen können. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg sagt auf Anfrage, man kommentiere die Aussagen von Kauert nicht. Der Grund: Man beteilige sich nicht an "Spekulationen".
7. Januar 2018 – Tausende erinnern an Oury Jalloh
Die Veranstaltung hat in gewisser Weise Tradition: Auch an diesem Sonntag Anfang Januar erinnern in Dessau-Roßlau Tausende an Oury Jalloh. Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh fordert bei einer Demonstration eine "lückenlose Aufklärung" des Falls. Zur Demonstration kommen rund 3.000 Menschen aus ganz Deutschland. Erstmals ist auch die AfD-Fraktion aus dem Magdeburger Landtag vertreten. Bei einer Gegenkundgebung kritisieren Vertreter der Partei, die Demonstranten diskreditierten Jahr für Jahr Justiz und Polizei.
5. Januar 2018 – Wurde ein Zeuge ausgebremst?
Neue Hinweise belasten die Ermittler im Fall des verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh. Nach Berichten der Mitteldeutschen Zeitung und der TAZ hat ein Justizmitarbeiter 2013 und 2014 zweimal versucht, Strafanzeige gegen einen Polizisten zu erstatten, der sich am Brandtag in der Polizeidienststelle aufgehalten hatte. Statt die Hinweise in die Ermittlungen aufzunehmen, seien jedoch disziplinarische Schritte gegen den Justizmitarbeiter eingeleitet worden. Dem widerspricht das Landgericht Dessau-Roßlau.
7. Dezember 2017 – Ehemals leitender Oberstaatsanwalt hält Vertuschung für möglich
Aus den Ermittlungsakten im Fall des verstorbenen Asylbewerbers Oury Jalloh sind neue Einzelheiten veröffentlicht wurden. Laut eines Berichts der Mitteldeutschen Zeitung hält der frühere leitende Oberstaatsanwalt Bittmann eine Vertuschungstat durch Polizisten für möglich. Das geht aus einem Aktenvermerk aus dem April 2017 hervor. So könnten Beamte den Häftling angezündet haben, um zuvor zugefügte Verletzungen zu vertuschen. Ebenfalls hätten Ermittlungen zu früheren Todesfällen im Umfeld der Dessauer Polizei verhindert werden sollen, heißt es in dem Bericht weiter.
Zugleich wächst der Druck auf Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU). Sie weist die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg an, die Ermittlungen an sich zu ziehen.
6. Dezember 2017 – Landtag erhält Akteneinsicht
Abgeordnete des Landtages dürfen die Ermittlungsakten zum Fall Oury Jalloh einsehen. Die Links-Fraktion hielt nach einem Bericht des Magazins "Monitor" eine erneute Debatte im Parlament für nötig. Auch die SPD-Fraktionschefin Katja Pähle unterstützte diese Position. Die AfD sah keinen weiteren Aufklärungsbedarf. Das Parlament hatte die Akteneinsicht Ende November nach einer langen Debatte beschlossen.
16. November 2017 – "Jalloh mit hoher Wahrscheinlichkeit getötet"
Neue Ermittlungsakten, die dem ARD-Magazin "Monitor" vorliegen, legen den Verdacht nahe, dass Oury Jalloh "mit hoher Wahrscheinlichkeit getötet" wurde. Die Staatsanwaltschaft Halle teilt daraufhin mit, es gebe keine neuen Erkenntnisse. Alles, was von Sachverständigen und Gutachtern vorliege, sei aktenkundig gewesen, als das Ermittlungsverfahren im Oktober 2017 eingestellt wurde.
12. Oktober 2017 – Ermittlungen werden eingestellt
Die Staatsanwaltschaft Halle stellt die Ermittlungen zum Verbrennungstod des Asylbewerbers Oury Jalloh ein. Es gebe keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung Dritter beim Ausbruch des Feuers, teilte die Staatsanwaltschaft Halle mit.
28. September 2017 – Linke und Grüne fordern konsequente Aufklärung
Die Linke und die Grünen fordern im Landtag, die Aufklärungsarbeit im Fall Jalloh zu intensivieren. Hinweisen, dass Jalloh ermordet worden sein könnte, müsse konsequent nachgegangen werden, sagt Henriette Quade (Die Linke).
18. August 2017 – Staatsanwaltschaft Halle übernimmt
Die Staatsanwaltschaft Halle übernimmt die Ermittlungen im Fall Jalloh von der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau.
7. Januar 2017 – Dessau erinnert an Oury Jalloh
Zwölf Jahre nach den Geschehnissen erinnern mehr als 1.100 Demonstranten in der Dessauer Innenstadt an Oury Jalloh.
18. August 2016 – Brand nochmal nachgestellt
Im Auftrag der Dessauer Staatsanwaltschaft wird am Institut für Brand- und Löschforschung im sächsischen Dippoldiswalde ein neuer Brandversuch vorgenommen. Unter Leitung des Schweizer Forsensikers Kurt Zollinger sollen zeitliche Abläufe nachvollzogen, Temperaturen, Schadstoffe und Ähnliches gemessen werden. Das Feuer wird in der Polizeizelle noch einmal detailliert nachgestellt.
16. Oktober 2015 – Polizist bekommt Hilfe bei Prozesskosten
Für das Gerichtsverfahren um den Feuertod Oury Jallohs soll ein Polizist knapp eine halbe Million Euro Prozesskosten zahlen. Die Gewerkschaft greift ihm unter die Arme.
7. Januar 2015 – 10. Todestag mit Demo in Dessau
Zum zehnten Todestag Jallohs demonstrieren etwa 700 Menschen in Dessau-Roßlau.
4. September 2014 – Magdeburger Urteil ist rechtskräftig
Der Bundesgerichtshof (BGH) verwirft die Revision. Das Magdeburger Urteil vom 13. Dezember 2012 ist damit rechtskräftig.
Februar 2014 – Ermittlungen gehen weiter
Die Strafanzeige ist von der Bundesjustiz an die Staatsanwaltschaft in Dessau-Roßlau verwiesen. Die Ermittlungen laufen noch immer.
11. November 2013 – Anzeige beim Generalbundesanwalt
Die Gedenkinitiative erstattet beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Anzeige wegen Totschlags oder Mordes gegen unbekannte Polizeibeamte. Sie begründet dies damit, dass durch die Tat die innere Sicherheit der Bundesrepublik tangiert sei und als Tatverdächtige nur Beamte des Landes Sachsen-Anhalt infrage kommen. Dazu stellt sie einen Tag darauf in Berlin das Gutachten eines irischen Brandsachverständigen vor. Danach muss Brandbeschleuniger eingesetzt worden sein, um den verheerenden Brand in der Polizeizelle zu entfachen.
17. Dezember 2012 – Revision von Verteidigung und Staatsanwaltschaft
Die Verteidigung legt Revision gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg ein. Polizeigewerkschaft und Verteidigung begründen ihren Schritt damit, dass ein Beamter nicht dafür einstehen müsse, wenn seine Dienststelle personell unterbesetzt und technisch unzulänglich ausgestattet sei. Drei Tage zuvor hatte die Staatsanwaltschaft bereits gegen das Magdeburger Urteil Revision eingelegt.
13. Dezember 2012 – Landgericht Magdeburg verurteilt Polizisten zu Geldstrafe
Urteilsverkündung im Berufungsprozess um den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh: Weil er sich der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen schuldig gemacht hat, ist der angeklagte Polizeibeamte zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Magdeburg verhängt 120 Tagessätze zu je 90 Euro, insgesamt 10.800 Euro. Damit folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Die Nebenklage, die Jallohs Familie vertritt, hatte eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Freiheitsberaubung mit Todesfolge durch Unterlassen gefordert.
16. November 2012 – Staatsanwaltschaft weist Kritik zurück
Die Dessauer Staatsanwaltschaft weist die Kritik an den Jalloh-Ermittlungen zurück und gibt an, dass die von der Initiative geforderten Untersuchungen längst stattgefunden hätten.
12. November 2012 – Initiative fordert umfassende Aufklärung
Mit einem einwöchigen Protestcamp vor der Dessauer Staatsanwaltschaft fordert die "Initiative in Gedenken an Oury Jalloh" eine umfassende Aufklärung des Falls. Sie will erneut eine Anklage wegen Mordes gegen den damaligen Dienstgruppenleiter der Polizei erreichen.
13. Juni 2012 – Geschehen nachgestellt
Ein Brandsachverständiger hat das mögliche Geschehen nachgestellt und stellt fest: Jalloh hätte seine Matratze selbst anzünden können.
27. März 2012 – Neues Brandgutachten gefordert
Die Nebenklage, die von Jallohs Familie vertreten wird, fordert ein neues Gutachten, dass die Todesumstände aufklären soll. Das Landgericht Magdeburg bestellt einen neuen Brandexperten. Der hält eine weitere Aufklärung des Falles grundsätzlich für möglich.
5. März 2012 – Verfahren soll eingestellt werden
Mit Blick auf die Verfahrensdauer und den Stand der Beweisaufnahme regt die zuständige Kammer am Landgericht Magdeburg die Einstellung des Verfahrens an.
7. Februar 2012 – Dessauer Rathaus besetzt
Demonstranten besetzen das Dessauer Rathaus, versperren die Eingänge und verteilen Flugblätter. Auf dem Rathausbalkon werden Transparente mit der Aufschrift "Oury Jalloh – das war Mord" angebracht.
18. Januar 2012 – Brandanschlag auf Polizeirevier in Dessau
Unbekannte verüben einen Brandanschlag auf das Polizeirevier in Dessau. Zudem wird der Spruch "Oury Jalloh, das war Mord" an die Hauswand gesprüht.
7. Januar 2012 – Ausschreitungen am 7. Todestag Jallohs
Eine friedliche Gedenkveranstaltung anlässlich des 7. Todestages von Oury Jalloh wird von Ausschreitungen überschattet. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten werden zwei der 200 Demonstranten bei Rangeleien mit der Polizei verletzt. Auslöser der Rangeleien war offenbar die Beschlagnahmung eines Plakates mit der Aufschrift "Oury Jalloh, das war Mord" durch die Polizei.
12. Januar 2011 – Zweiter Prozess am Landgericht Magdeburg beginnt
Der BGH in Karlsruhe entscheidet, dass der Prozess gegen den Dienstgruppenleiter neu aufgerollt werden muss. Am Landgericht Magdeburg beginnt der zweite Prozess des Falls. Der angeklagte Dienstgruppenleiter bricht sein Schweigen. Vor Gericht beteuert er, trotz eines mehrfachen Alarms nicht an einen Brand in der Zelle gedacht zu haben. Zudem gibt er zu, mindestens einmal den Alarm ausgestellt zu haben.
8. Dezember 2008 – Polizisten freigesprochen
Das Landgericht Dessau-Roßlau spricht die beiden angeklagten Polizisten frei.
4. September 2008 – Brand soll nachgestellt werden
Weil das Gericht mit bisherigen Angaben von Gutachtern zum Brandverlauf nicht zufrieden ist, wird angeordnet, dass der Brand in der Zelle nachgestellt wird.
27. März 2007 – Prozess gegen Polizisten in Dessau beginnt
Begleitet von strengen Sicherheitsvorkehrungen beginnt am Landgericht der Prozess gegen die beiden Polizisten. Sie bestreiten die Vorwürfe im Wesentlichen. Die in Guinea lebende Mutter Jallohs tritt als Nebenklägerin auf.
1. Februar 2007 – OLG Naumburg lässt weitere Anklage zu
Nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft lässt das Oberlandesgericht Naumburg die Anklage gegen den zweiten Beamten wegen fahrlässiger Tötung zu.
2. Januar 2007 – Prozessbeginn am Landgericht Dessau
Das Landgericht lässt die Anklage gegen den Dienstgruppenleiter wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu.
18. Juli 2006 – Gutachter: "Jalloh wäre zu retten gewesen"
Gutachter kommen zu dem Schluss, dass der angeklagte Dienstgruppenleiter am 7. Januar 2005 falsch reagiert hat. Nach Einschätzung der Experten des Instituts der Feuerwehr Sachsen-Anhalt wäre Jalloh "bei rechtzeitigem und sachgerechtem Handeln" des Polizisten zu retten gewesen.
27. Oktober 2005 – Anklage abgelehnt, weitere Ermittlungen
Das Landgericht Dessau lässt die Anklage zunächst nicht zu und ordnet weitere Ermittlungen an.
28. Mai 2005 – Anklage gegen Polizisten erhoben
Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen zwei Polizisten. Ein Dienstgruppenleiter soll den Rauchmelder aus der Zelle ignoriert haben. Ihm wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Der zweite Beamte wird wegen fahrlässiger Tötung angeklagt, weil er ein Feuerzeug in der Hose Jallohs übersehen haben soll.
7. Januar 2005 – Oury Jalloh verbrennt in Polizeizelle
Oury Jalloh kommt bei einem Brand in einer Zelle des Dessauer Polizeireviers ums Leben. Der Mann aus Sierra Leone war in Gewahrsam, weil er mehrere Frauen belästigt und Widerstand gegen die Polizei geleistet haben soll. Die Staatsanwaltschaft schließt technische Ursachen für den Brand aus.