Ein Karikaturist sitzt beim Arbeiten an einem Schreibtisch.
Phil Hubbe erkrankt 1985 an Multipler Sklerose. Bildrechte: Phil Hubbe

Magdeburger Karikaturist Phil Hubbe: Zuerst kommt das Lachen, dann die Bedenken

27. Dezember 2022, 08:04 Uhr

Er ist wohl einer der bekanntesten deutschsprachigen Karikaturisten: Phil Hubbe. Erst vor wenigen Wochen erhielt der 56-Jährige für sein Lebenswerk den Käte Hammersen-Preis 2022 der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft. Hubbe selbst erkrankte in den Achtzigern an Multipler Sklerose und macht seither mit seiner Reihe "Behinderte Cartoons" auf das Thema "Leben mit Behinderung" aufmerksam.

Akribisch arbeitet Phil Hubbe in seinem Cartoon-Atelier im Magdeburger Stadtteil Buckau an seinen heutigen Werken. Der Ablauf ist dabei häufig der gleiche. Zuerst wird die Presseschau gelesen, dann die weitere Nachrichten-Lage gecheckt und schon taucht der Pinsel in die Acrylfarbe für die erste Zeichnung. 

Für Dutzende deutschsprachige Zeitungen und Zeitschriften fertigt der gebürtige Haldenslebener täglich Karikaturen und Cartoons an. Spiegel, Süddeutsche Zeitung oder der Kicker – es gibt kaum ein deutsches Medium, das Hubbes Werke noch nicht abgedruckt hat.

Mit viel Scharfsinn kritisiert er in seinen Karikaturen das Politikgeschehen, die Sportwelt oder aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Aufmerksamkeit schaffen und Anecken, das sind Hubbes Ziele in jedem einzelnen seiner Cartoons. Der Cartoonist sagt: "Es sind schon echt beschissene Zeiten gerade. Dennoch sollen meine Karikaturen die Menschen in erster Linie zum Lachen bringen."

Ein Karikaturist sitzt beim Arbeiten an einem Schreibtisch, im Hintergrund sind Bücher zu sehen.
Phil Hubbe bei der Arbeit Bildrechte: MDR/Gianluca Siska

Die Anfänge von Hubbes Reise

Im Atelier seines Großvaters entwickelte Hubbe eine Leidenschaft zum Zeichnen. Schnell wurde daraus der Traum, Comiczeichner zu werden. Nach dem Abitur bewirbt er sich für ein Grafik-Studium, jedoch ohne Erfolg. Während er nach einer Alternative suchte, wurde bei ihm Multiple Sklerose festgestellt, berichtet Phil Hubbe: "Dann wollte ich erstmal etwas 'Vernünftiges' machen und habe angefangen, Mathe zu studieren. Nebenbei wollte ich natürlich weiter zeichnen und mir eine Mappe zusammenstellen, doch dann bekam ich meine Diagnose."

Es sind schon echt beschissene Zeiten gerade. Dennoch sollen meine Karikaturen die Menschen in erster Linie zum Lachen bringen.

Phil Hubbe

Hubbe erkrankt 1985 an Multipler Sklerose. Erst drei Jahre später erhält er die Bestätigung von einem Arzt. Er solle lieber aufhören zu zeichnen, sagen die Ärzte damals. Die Wahrscheinlichkeit einer körperlichen Behinderung aufgrund seiner Erkrankung sei zu groß. Hubbe fragte sich: 'Mach ich weiter oder höre ich auf?' Doch dann kam zum Glück die Wende, wo sich für mich neue Möglichkeiten boten."

Multiple Sklerose

Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems (ZNS). Dabei kommt es zu vielfachen, also multiplen, Entzündungsherden in Gehirn und Rückenmark. Diese wiederum führen zur Zerstörung von Nervenfasern und langfristig zu Verhärtungen und Vernarbungen (skleros = hart) von Nervengewebe.

Allen Widrigkeiten zum Trotz machte der Karikaturist weiter – und 1992 sein Hobby zum Beruf. Zwar beschreibt Hubbe seinen damaligen Schritt in die Selbstständigkeit als überaus naiv, jedoch waren die Optionen nach seinem abgebrochenen Mathematikstudium limitiert. 

Was darf Humor? 

Damals wie heute ist es Hubbes Absicht, Menschen mit Behinderung im öffentlichen Diskurs sichtbar zu machen. Humor ist dabei sein Schlüssel. Dass dieser auch mal etwas derber sein kann, scheint kein Problem für den Magdeburger darzustellen. Kritik an seinen Werken komme meistens von Menschen, die keinen richtigen Kontakt zu Behinderten haben, erläutert der Karikaturist. Viel eher berühre ihn die Kritik von Behinderten selbst. 

Grundsätzlich sei die Arbeit mit Humor schwieriger geworden. Vor allem, wenn sich die Karikaturen im Bereich von "schwarzen Humor” befinden. Hubbe ist ein großer Freund von Zuspitzungen und Übertreibungen und bemerkt, wie einige seiner Werke oder die von befreundeten Kollegen im öffentlichen Diskurs scharf kritisiert werden.

Vor allem den Karikaturen in der Presselandschaft attestiert Hubbe eine gewisse Humorlosigkeit. "Die Zeichnungen in den Tageszeitungen sind zu brav geworden. Das sind eher Illustrationen und keine Karikaturen. Da ist kein Witz drin – kein Seitenhieb. Und das ärgert mich schon”

In seine eigenen Werke will sich Hubbe nicht reinreden lassen. Weder Moralapostel noch Zyniker möchte er sein. Dass diese Einstellung zur Selbstverständlichkeit geworden ist, liegt vor allem am Erfolg des Karikaturisten. 

Kein Ende in Sicht

Sein neuntes Buch der Reihe "Behinderte Cartoons" erschien 2021 im Lappan Verlag. Seit 2008 produziert er zudem den Jahreskalender "Handicaps”. Hubbe selbst begründet seinen Erfolg vor allem damit, nie den Kontakt zu den "normalen Leuten" verloren zu haben.Trotz seiner fortschreitenden MS-Erkrankung denkt der 56-Jährige nicht an den Ruhestand. Weitere Cartoon-Konzepte und auch eigene Projekte sind bereits in Planung. 

"Zeichnen ist wie eine Therapie für mich. Ich denke nicht daran aufzuhören. Und solange ich noch frische Ideen habe und mir die Arbeit Freude bringt, wird sich an dieser Einstellung auch nichts ändern", bekräftigt er.

MDR (Gianluca Siska, Oliver Leiste)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 27. Dezember 2022 | 15:29 Uhr

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