Ergebnisse des Schulfriedens Zukunftsfähig oder enttäuschend: Wie Sachsen-Anhalt Schule gestalten will

29. April 2021, 18:02 Uhr

Sachsen-Anhalt hat 47 Thesen über die Zukunft der Schulen im Land als Ergebnisse der Gespräche zum Schulfrieden vorgestellt – über die Folgen und die Interpretation gehen die Meinungen auseinander. Ausgehend von einem Volksbegehren für mehr Lehrkräfte im Herbst 2020 hatte das Land Gesprächsrunden gestartet, wie Schule in Zukunft gestaltet werden soll.

"Nicht zufriedenstellend", "komplette Enttäuschung", "keinerlei Ansatzpunkte zur Bewältigung der Probleme an den Schulen": Schon vor der offiziellen Vorstellung der insgesamt 47 Thesen zur Entwicklung einer zukunftsfähigen Schule in Sachsen-Anhalt kommt Kritik.

Die Bildungsinitiative gegen den Lehrermangel in Sachsen-Anhalt bescheinigt dem Schulfrieden ein "nicht zufriedenstellendes Resultat". Statt einer zukunftsorientierten Version von guter Schule zeige das Strategiepapier eine Bestandsaufnahme. Die Linke kritisiert, die Ergebnisse seien eine "komplette Enttäuschung". Bei der Besetzung von Lehrerstellen werde das Papier wenig bis gar nicht helfen. Die SPD kommentiert: "In Sachsen-Anhalt fehlen Lehrkräfte in Größenordnungen." Es gebe keine Lösungsansätze dafür, wie das Problem angegangen werden soll. Viele der Thesen enthielten Selbstverständlichkeiten, die schon seit Jahren angemahnt würden.

Tullner: "Das ist in Papier gegossener Konsens"

Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) zeigt sich hingegen zufrieden mit dem Ausgang der Gespräche mit insgesamt 18 Initiativen, Expertinnen und Schulvertreterinnen und -vertretern.

Er nannte die Broschüre einen "in Papier gegossenen Konsens". Die 75.000 Unterschriften der Volksinitiative seien der Impuls gewesen, um diese Leitlinien zu entwickeln. "Wir haben ein Ergebnis vorstellen können, dass sich sehen lassen kann. Der Teil Bildung im Koalitionsvertrag ist geschrieben", so der Bildungsminister bei der Bilanz-Pressekonferenz der Schulfriedengespräche.

Der Bildungsminister macht seine Positionen jedoch deutlich: Die Umsetzung müsse sich an der Finanzierbarkeit und an einem Pragmatismus orientieren. Wenn beispielsweise eine bessere Bezahlung von Grundschullehrerinnen und –lehrern umgesetzt werde, müsse man auch die Auswirkungen auf die gesamte Tarifstruktur an anderen Schulformen mitbedenken.

Tullner sagte: "Wir müssen konkurrenzfähig sein. Sollten wir den Beginn einer Massenabwanderung spüren, dann werden wir die ersten sein, die an dieser Stelle handeln."

Am Ende komme es darauf an, dass Kinder die bestmögliche Bildung in einer Vielzahl von Schulformen bekommen.

Im folgenden Youtube-Livestream können Sie die Pressekonferenz des Landes in ganzer Länge anschauen.

Sieben Themenfelder: Die Ergebnisse

Der sogenannte Schulfrieden war nach dem gescheiterten Volksbegehren gegen den Lehrermangel im Herbst 2020 gestartet worden. Ziel sei gewesen, in einem Gesprächsprozess einen Konsens darüber zu finden, wie Schule in den kommenden Jahren gestaltet werden solle, betonten Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Bildungsminister Tullner bei der Vorstellung ihres Plans kurz nach dem Ende des Volksbegehrens. Die Gespräche wurden von der ehemaligen Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) moderiert.

Wanka erklärte bei der Vorstellung der Ergebnisse am Donnerstag, bei allen unterschiedlichen Interessen habe man die Gemeinsamkeiten zusammentragen wollen. Sie erläuterte die sieben identifizierten Themenfelder, in denen Handlungsbedarf bestehe: Schulinfrastruktur, Personal, Arbeitsvolumen, Ausbildung, Digitalisierung und Inhaltliche Weiterentwicklung.

Die meisten Diskussionen habe es beim Personal gegeben. Gerade im Bereich von Grundschulen und Gymnasien sei Sachsen-Anhalt das Bundesland mit den größten Problemen, sagte die frühere Bundesbildungsministerin.

Bei der Schulstruktur hat sich die Gruppe auf langfristige Stabilität geeinigt. Bewährte Schulformen sollen bestehen bleiben. Um weiter wohnortnahe Angebote zu haben, sollen auch Grundschulverbünde mit mehr als zwei Standorten möglich sein.

Angeregt wurde auch ein Schulbauprogramm für die kommenden Jahre. Zunächst soll dafür nach der Landtagswahl eine Bestandsanalyse gemacht werden. Außerdem soll das Land laut Wanka Richtlinien für die Ausstattung von Schulen festlegen.

Das Land müsse schwer besetzbare Stellen attraktiver machen. Außerdem geht aus dem Papier hervor, dass an den Universitäten die Kapazitäten der Lehrerausbildung nach Bedarf ausgebaut werden sollen. Eine politisch unabhängige Kommission zur Lehrerausbildung soll die Entwicklung begleiten.

Wunsch nach Weiterentwicklung

"Wir haben vor allem Gemeinsamkeiten gesucht und nicht – wie so häufig in politischen Debatten – die Unterschiede betont. Und wir haben diese Gemeinsamkeiten gefunden. Insgesamt 47 konkrete politische Handlungsaufträge aus den zentralen bildungspolitischen Feldern Investitionen, Personal, Aus- und Weiterbildung sowie Digitalisierung sind entstanden", schreibt Wanka in ihrem Vorwort des Gesprächspapieres.

Eva Gerth, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen-Anhalt sagte, sie habe den Wunsch, dass das Erreichte als Basis für die Weiterentwicklung genutzt werde.

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 29. April 2021 | 17:30 Uhr

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