Stimmung im Land "Sachsen-Anhalt wird unterschätzt"
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10. Februar 2016, 19:59 Uhr
Einen Monat vor der Landtagswahl schaut MDR SACHSEN-ANHALT auf die Wähler in Sachsen-Anhalt. Wie ist die Stimmung im Land? Welche Themen bewegen die Menschen? Was halten sie von den Politikern? Um diese Frage zu klären, haben wir eine qualitative Studie bei Infratest Dimap in Haldensleben in Auftrag gegeben. Warum gerade Haldensleben? In der Kleinstadt in der Börde gab es 2011 bei der letzten Landtagswahl fast das selbe Ergebnis wie für ganz Sachsen-Anhalt. Hier gibt es einen Auszug aus den Interviews.
Was fällt Ihnen zu Ihrem Bundesland Sachsen-Anhalt ein?
Mann: Das Land der Frühaufsteher (lacht).
Frau: Sachsen-Anhalt ist so ein verschlafenes Bundesland, ein bisschen.
Mann: Also das Besondere an Sachsen-Anhalt ist eigentlich die geografische Lage. Für mich zumindest. Weil es im Prinzip in der Mitte von ganz Deutschland liegt.
Mann: Im Loch von Deutschland, sage ich mal. Ringsherum ist immer so n bisschen mehr.
Mann: Nach außen hin sind wir unterschätzt und dabei haben wir ganz viel zu bieten. Wir sind nicht Bayern. Und wir sind auch nicht Hamburg.
Mann: Wir haben andere Strukturen, andere Geschichten.
Frau: Zum Beispiel ist Sachsen-Anhalt ja auch das Bundesland mit den meisten UNESCO-Welterbe-Kulturstätten – möchte ich meinen, dass ich das gehört habe.
Mann: Das Besondere an Sachsen-Anhalt ist auf jeden Fall das Harzgebiet für mich: Brocken, Wernigerode, die ganzen Schlösser da. Das ist eigentlich das Highlight hier, finde ich.
Frau: Wenn man sich wirklich bemüht, dann sind die Menschen hier auch aufgeschlossen und erzählen gerne was und sind auch freundlich
Frau: Ich muss sagen, ich persönlich muss sagen, ich bin stolz aus Sachsen-Anhalt zu kommen.
Mann: Wir sind grundsolide aufgestellt. Wir haben ein schönes Bundesland. Also ich bin gerne Sachsen-Anhaltiner.
Was fällt Ihnen zu den Politikern in Sachsen-Anhalt ein?
Mann: (Atmet ein) …hmm… (atmet aus) tja.
Mann: Etwas Besonders würde mir jetzt nichts einfallen.
Mann: Mir würde auch spontan nichts einfallen.
Frau: Also das meiste läuft doch so über Bundesebene...
Mann: Der Eindruck entsteht, dass das so ruhig dahinplätschert. Das kann nicht gut sein. Weil der Motor fehlt für das Neue.
Frau: Gerade wenn man die Nachrichten verfolgt, dann springt mir kein Politiker aus Sachsen-Anhalt sofort ins Auge.
Und woran denken Sie dann?
Frau: Dass die Bevölkerung auf dem Land ein bisschen in den Hintergrund rückt.
Mann: Ich sage mal mehr Arbeitsplätze. Das ist das Hauptproblem, was nach wie vor hier steht.
Frau: Ich denke schon, man kann das so aufs Thema Bildung beziehen. Weil ja doch relativ viel gekürzt wurde.
Mann: Steuerentlastung.
Mann: Bildung von Kindern und wie Kinder gefördert werden.
Was könnten die Politiker Sachsen-Anhalts denn tun, damit sie doch noch positiv im Gedächtnis bleiben?
Mann: Ich glaube, dass – egal auf welcher Ebene, ob es kleine kommunale Ebene ist bis hin zur Landesregierung – einfach mehr miteinander gesprochen werden müsste. Einfach auch unter den Menschen. Es ist einfach zu wenig Kommunikation da!
Mann: Ich möchte nicht mich durch alle Parteien, alle Webseiten durchklicken müssen, um irgendwie mal mir ein Bild erstellen zu können. Ich möchte gerne mal zentral alles auf einen Blick haben.
Mann: Klare deutsche Fakten. Einfach zu sagen: So und so, so und so und nicht noch viel darum und alles im höchsten Paragraphendeutsch. Das bringt nichts. Das kann nicht jeder verstehen.
Mann: Na einfach mal auf ne Baustelle gehen, wo die Bauarbeiter arbeiten. Und wenn die ihre Pause machen, denen ein Bier ausgeben und sich mal hinsetzen.
Mann: Mehr Transparenz.
Was halten Sie von der jetzigen Landtagswahl?
Mann: Dass uns Änderungen bevorstehen.
Frau: Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich jetzt an der politischen Landschaft groß was ändern wird. Also ich erwarte da jetzt keine große Veränderung.
Mann: Das Problem wird eigentlich sein: Wie schneidet die AfD ab, sage ich jetzt mal so, und kommt die FDP rein.
Frau: Das erste, was mir jetzt so in den Kopf kommt, ist das Wort "gering". Geringe Wahlbeteiligung.
Mann: Weil die Wähler keine Lust mehr haben oder sich gar nicht für eine Partei entscheiden können. Unzufriedenheit oder auch Hoffnungslosigkeit auf jeden Fall...
Frau: Das ist einfach so eine große graue Masse...
Frau: Momentan wird heute das gesagt und morgen schon wieder was ganz anderes. Man hat keine klaren Linien und keine klaren Bilder mehr vor Augen.
Mann: Ich finde der Bürger muss erkennen können, dass es seine Pflicht ist, da mitzuhelfen, durch seine Stimme etwas zu verändern.
Mann: Also ich muss ganz ehrlich sagen, für mich müsste eine Wahlpflicht im Grundgesetz stehen.
Frau: Gerade natürlich auch: Je weniger Leute wählen, desto mehr Gewicht bekommen natürlich auch die Stimmen, die abgegeben wurden.
Mann: Man muss es schon frei entscheiden, aber ich finde, wenn man nicht zur Wahl geht, darf man auch nicht mitreden. Ist einfach so. Man sollte zur Wahl gehen aus dem einfachen Grunde: Man entscheidet ja mit.
Frau: Aber gerade wenn ich sage, ich will mich nicht extrem positionieren, wen soll ich da wählen?
Mann: Diese ganzen Wahlversprechen, die man vorher macht – nichts.
Frau: Grundvoraussetzung ist, dass man das umsetzt, was man bei der Wahl versprochen hat. Denn ich denke, nur so kann man das Vertrauen zurückgewinnen.
Die Aussagen entstammen aus zehn Interviews mit Männern und Frauen aus Haldensleben.