Politische Aufarbeitung Schuldfrage: Landtag setzt Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Magdeburg ein
Hauptinhalt
04. Februar 2025, 11:44 Uhr
Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat am Mittwoch einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Er soll sich mit der Amokfahrt auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt befassen und viele der offenen Fragen klären. Ziel des Ausschusses ist es, die Ereignisse, Umstände und Hintergründe zu untersuchen. Ergebnisse sollen noch vor der nächsten Landtagswahl im Sommer des kommenden Jahres vorliegen.
Der Landtag von Sachsen-Anhalt soll die politische Aufarbeitung des Magdeburger Weihnachtsmarkt-Attentats ausweiten. Er hat dafür in seiner Sitzung am Mittwoch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingesetzt sowie die Mitglieder benannt. Der Untersuchungsausschuss soll unter anderem die Sicherheits- und Einsatzkonzepte für den Weihnachtsmarkt und deren Umsetzung beleuchten. Außerdem wird es um die Informationslage zum Täter gehen, der 50-Jährige stand vor der Tat bei Ermittlungsverfahren immer wieder in Kontakt mit den Behörden.
Das Gremium mit 13 Abgeordneten kann Zeugen anhören. Es geht sowohl um Aufklärung der Tat als auch um Schlüsse für die Zukunft. Die CDU-Abgeordnete Karin Tschernich-Weiske wird den Ausschuss leiten. Die Konstituierung soll am 13. Februar stattfinden.
Ausschuss soll Hintergründe des Anschlags in Magdeburg aufklären
Der Antrag dafür kam von den Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP. Sowohl Koalition als auch Opposition hatten im Vorfeld Anträge zur Besetzung des Ausschusses eingereicht. Der Untersuchungsausschuss soll laut Antrag das Geschehen, die Umstände und die Hintergründe des Anschlags untersuchen.
Klärung der Schuldfrage
Das Innenministerium hat nach eigenen Angaben bereits die Unterlagen für das Sicherheitskonzept zur Verfügung gestellt. Zugleich laufe die juristische Aufarbeitung des Falls. In dem Ausschuss müssten auch Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen, einschließlich der Frage der Zuständigkeiten auf kommunaler und Landesebene sowie im Bereich des Maßregelvollzugs, geklärt werden, um mögliche "Versagen in den Institutionen" festzustellen, sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Eva von Angern.
Auch mögliche personelle Konsequenzen könnten aus dem Untersuchungsausschuss folgen. Die Schuldfrage muss geklärt werden, sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Guido Heuer.
Stichwort: Das ist ein Untersuchungsausschuss
Wenn ein Viertel der Abgeordneten einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragt, muss der Landtag von Sachsen-Anhalt einen solchen bilden. Besonders Oppositionsfraktionen haben damit die Möglichkeit, mögliche Missstände der Landesregierung aufzudecken. In der Wahlperiode 7 von 2016 bis 2021 gab es mit sechs Untersuchungsausschüssen in der Geschichte von Sachsen-Anhalt bislang die meisten – darunter zum Anschlag von Halle. Die Ausschüsse haben den Auftrag, zu einem für die Öffentlichkeit wichtigen Thema aufzuklären.
Dafür können sie Zeugen und Sachverständige vernehmen und sich Akten vorlegen lassen. Das Ergebnis fasst der Untersuchungsausschuss in einem Bericht für das Landtagsplenum zusammen. Die Abgeordneten in einem Untersuchungsausschuss arbeiten dabei unabhängig von der Landesregierung. Der Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Magdeburg ist der erste in dieser Wahlperiode und der 21. insgesamt in der Geschichte von Sachsen-Anhalt seit 1990. Die Beratungen können sowohl öffentlich als auch nicht-öffentlich stattfinden.
Endbericht des U-Ausschusses zu Magdeburg bis Anfang 2026
Die Landtagsfraktionen in Sachsen-Anhalt haben bereits am Montag noch vor Beginn der Arbeit im Ausschuss ein zügiges Tempo bei der politischen Aufklärung des Anschlags in Magdeburg gefordert. Im Frühjahr des kommenden Jahres solle der parlamentarische Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht vorlegen, hieß es von den Fraktionschefs. Damit soll verhindert werden, dass das Thema im Landtagswahlkampf 2026 zu viel Raum einnimmt. Die Wahl findet voraussichtlich im Sommer statt. "Alles andere würde tatsächlich nur zu einem Missbrauch im Rahmen des Wahlkampfes führen", sagte von Angern.
Heuer sagte, es werde kein Ausschuss sein, der nur einmal im Monat tage. Das Interesse sei, dass der Ausschuss zügig zum Arbeiten komme und nicht als politisches Instrument ausgenutzt werden könne, betonte die Fraktionschefin der mitregierenden Partei SPD, Katja Pähle. Ein genauer Termin für den Abschlussbericht steht noch nicht fest.
Regierungserklärung zum Anschlag
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat am Mittwoch im Landtag eine Regierungserklärung zum Anschlag abgegeben, über die anschließend diskutiert wurde. Er erklärte, dass alle Tatumstände konsequent aufgeklärt werden und Betroffene gezielt unterstützt werden müssen. Die Landesregierung fühle sich den Opfern gegenüber verpflichtet, ähnliche Taten in Zukunft zu verhindern.
Mehrere Hinweise zum Täter bei Bundesländern und Bundesbehörden
Bereits in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass sich Deutschlands Sicherheitsbehörden mit dem späteren Attentäter von Magdeburg etliche Male auseinandergesetzt hatten. Ein Bericht des Bundesinnenministeriums listet auf 16 Seiten insgesamt 110 Vorfälle auf. Demnach waren Stellen in sechs Bundesländern mit dem Täter beschäftigt, hinzu kämen etliche Bundesbehörden. Hinweise auf mögliche Straftaten habe es unter anderem auch aus Großbritannien gegeben. Bei dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt waren sechs Menschen getötet und knapp 300 verletzt worden.
Generalbundesanwalt ermittelt nicht zum Anschlag
Generalbundesanwalt Jens Rommel sieht nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt keinen Grund für eigene Ermittlungen. Rommel sagte dem SWR, es fehle ein Staatsschutzhintergrund. Es sei kein Angriff auf den Gesamtstaat. Der Täter habe zwar viele staatlichen Stellen bedroht, diese Drohungen jedoch nie umgesetzt. Zudem habe er mit ganz vielen anderen Stellen und Personen im Clinch gelegen.
Rommel erklärte, bei den Anschlägen in Solingen und Mannheim habe man die Täter klar einer terroristischen Organisation zuordnen können. Das sei in Magdeburg nicht der Fall. Rommel sagte, die Tat dürfte eher den Charakter einer "Amokfahrt aus persönlicher Frustration" haben als den Charakter einer terroristischen Tat gegen die Bundesrepublik oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
dpa, MDR (Christoph Dziedo, Susanne Ahrens, Lars Frohmüller) | Zuerst veröffentlicht am 21. Januar 2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. Januar 2025 | 08:00 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/e577ce9f-782c-49c4-81d4-6016521a9ef5 was not found on this server.