Gesundheitsversorgung bis 2035 Bessere Gesundheitsversorgung in Sachsen-Anhalt: Was ein Gutachten leisten soll

04. Juli 2022, 17:15 Uhr

CDU, SPD und FDP wollen Sachsen-Anhalts zukünftige Krankenhauspolitik bis 2035 auf Grundlage eines Gutachtens neu ausrichten. Laut MDR-Recherchen soll etwa eine umfangreichbare Datenbank einen "landesspezifischen" Makel beheben. Schließungen von Krankenhäusern sollen aber nicht vorbereitet werden. Nun wurde das Gutachten in Auftrag gegeben.

Thomas Vorreyer
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Angesichts fortwährender Diskussionen um den Erhalt von Kliniken und Krankenhäusern in Sachsen-Anhalt will die Landesregierung ihre Krankenhauspolitik neu bestimmen. Schließlich spiele die Gesundheitsversorgung "eine besondere Rolle für die Lebensqualität der Menschen", sagte etwa Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne Ende Juni auf einem SPD-Parteitag. Mithilfe eines Gutachtens zur Krankenhauslandschaft müsste letztere deshalb "fit gemacht und deutlich angepasst" werden, so Grimm-Benne weiter.

Am Freitag nun hat Grimm-Bennes Ministerium ein öffentliches Beratungsunternehmen mit dem Gutachten beauftragt. Dieses sei zuvor bereits in ähnlicher Weise für das Land Nordrhein-Westfalen tätig gewesen, teilte das Gesundheitsministerium mit. Spitzenvertreter von CDU, SPD und FDP hatten sich bereits Anfang Mai auf einen gemeinsamen Text für eine mögliche Ausschreibung geeinigt. Dieser liegt MDR SACHSEN-ANHALT vor.

Neben dem Gutachten soll vernünftige Datenbank aufgebaut werden

Demnach soll mit dem Gutachten ermittelt werden, welche medizinische Versorgung die Menschen im Land künftig brauchen. Der Blick in die Zukunft soll mindestens bis in das Jahr 2035 reichen und gleich ein "Zielbild für eine zukunftsfähige medizinische Versorgungsstruktur" mitliefern.

Vor allem sollen die Berater eine Lücke in Sachsen-Anhalts Gesundheitswesen schließen. So dauert es für zuständige Stellen und Fachpolitiker mitunter Wochen, bevor verlässliche Daten für einzelne Kliniken und Regionen zusammengestellt werden können. Denn eine einheitliche Datenbank – noch dazu ergänzt um Daten der Bevölkerungsentwicklung – existiert nicht. Diese soll nun erstellt werden. Die derzeitige Krankenhausplanung lasse "gegenwärtig quantitative Aspekte vermissen", so das Papier – eine "landesspezifische Besonderheit".

Bei den medizinischen Fachrichtungen sind im Entwurf der Koalition die Notfallversorgung und die Kindermedizin besonders hervorgehoben. Beide kämpfen seit Längerem mit Finanzierungsproblemen. Entsprechende Reformpläne von SPD, Grünen und FDP im Bund wiederum stehen noch am Anfang. Auch die Situation der Fachkräfte soll ebenso wie der Einsatz von Telemedizin und die Digitalisierung mit in das Gutachten einbezogen werden.

Schließungen von Krankenhäusern nicht im Blick

Der FDP-Fraktion im Landtag sei gerade der Punkt der Digitalisierung besonders wichtig, sagt Fraktionschef Andreas Silbersack. Diese werde im Gesundheitswesen noch nicht überall voll ausgeschöpft. Silbersack hofft außerdem auf Synergieeffekte: "Wichtig ist, dass wir den stationären und den ambulanten Bereich zukünftig stärker verschränken müssen." Weitere Schließungen von Krankenhäusern solle das Gutachten hingegen nicht vorbereiten.

Auch Petra Grimm-Benne spricht sich vorab gegen solche aus. In ihrer Rede vor dem SPD-Landesparteitag hatte die Ministerin am Sonnabend aber suggeriert, dass zumindest die CDU mit dem Gutachten einzelne Schließungen anstreben würde. Aus Fraktionskreisen wird das allerdings bestritten.

Einhellig hatten sich CDU, SPD und FDP im Koalitionsvertrag positioniert. "Eine Diskussion über die Schließung einzelner Krankenhäuser wird vonseiten des Landes nicht geführt", heißt es da.

Land hat bereits Millionenbeiträge für Veränderungen eingeplant

Hohe Erwartungen knüpfen die Krankenkassen an das Gutachten. Steffi Suchant, Landeschefin der Techniker-Krankenkasse, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, der Bevölkerung müsse eine Perspektive gegeben werden. "Und dafür braucht es eine Aussage, wie die Bedarfe 2035 sind", so Suchant.

Das beauftragte Beratungsunternehmen hat laut Gesundheitsministerium nun bis Ende des Jahres seit, das Papier vorzulegen. Ursprünglich hatte die Koalition dafür maximal vier Monate veranschlagt. Zwischendurch sollte der Landesregierung einmal pro Monat Bericht erstattet werden.

Der Zeitplan sei "durchaus ambitioniert", aber nötig, heißt es aus der Koalition. Ansonsten könnten wichtige Entscheidung kaum noch vor Ende der Wahlperiode getroffen werden. Auch die Mittel des Corona-Sondervermögens müssten sachgerecht verteilt werden. Petra Grimm-Benne sagte nach der Beauftragung: "Je schneller die Ergebnisse vorliegen, umso schneller können wir Entscheidungen für gezielte Investitionen treffen."

Für den Umbau des Gesundheitswesen hat die Landesregierung erhebliche Mittel zur Seite gelegt. So umfasst das Sondervermögen insgesamt rund 293 Millionen Euro für Investitionen, Versorgungsstrukturen und Großanschaffungen in den Krankenhäusern. Aus Teilen von weiteren 434 Millionen Euro sollen die Uniklinika in Halle und Magdeburg zudem Lösungsansätze für Digitalisierung und Telemedizin erarbeiten. Nach bisherigen Plänen soll das Geld schrittweise bis 2026 ausgegeben werden. Finanziert wurde das in Reaktion auf die Corona-Pandemie mit neuen Krediten.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben diesen Beitrag erstmals vor einer Kabinettsberatung zum Gutachten am 28. Juni um 5 Uhr veröffentlicht und diesen seit der erfolgten Beauftragung aktualisiert.

MDR (Thomas Vorreyer)

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