Details zum Fluchtversuch Justizministerin Keding: JVA Halle für Fluchtversuch des Halle-Attentäters verantwortlich
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09. Juni 2020, 19:57 Uhr
Der Fluchtversuch des Halle-Attentäters hatte Bestürzung ausgelöst. Das Justziministerium macht nun die JVA dafür verantwortlich. Dort seien eigenmächtig Lockerungen in der Bewachung vorgenommen worden. Die Linke forderte am Dienstag den Rücktritt von Justizministerin Keding.
Die Haftanstalt in Halle, in der der Attentäter vom Oktober vergangenen Jahres untergebracht war, ist nach Angaben des Justizministeriums verantwortlich für den Fluchtversuch des Inhaftierten. Den Angaben nach hat die JVA die Haftbedingungen des Terrorverdächtigen eigenständig gelockert. Damit habe sie den Fluchtversuch ermöglicht. Das teilte Ministerin Anne-Marie Keding am Dienstag (CDU) zur Landespressekonferenz am Dienstag mit.
So verlief der Fluchtversuch des Attentäters von Halle
Zu den Details wurde bekannt: Der 28-Jährige sei am Tag seines Fluchtversuches im Rahmen eines Freigangs auf dem Gefängnishof zunächst nur von einem, später dann von gar keinem JVA-Bediensteten bewacht worden, sodass er einige Zeit unbeobachtet war. Das Ministerium dagegen habe erlassen, dass B. außerhalb seiner Zelle jederzeit von drei Wächtern beaufsichtigt wird. Diese Anordnung hätte laut Keding nur durch ihr Ministerium geändert werden dürfen – das sei aber nicht geschehen. Dass er zwischenzeitlich ohne Aufsicht war, stehe im "klaren Widerspruch zu den getroffenen Anordnungen", sagte Keding.
Außerdem habe ein technischer Defekt die Wächter, die B. über die Sicherheitskameras hätten bewachen sollen, abgelenkt. B.s Fehlen bemerkte das Gefängnispersonal demnach erst nach etwa zwei Minuten.
Dem Attentäter von Halle gelang es in diesem Moment, einen Zaun im Inneren der Haftanstalt zu überklettern. Es handelt sich dabei um einen der Ordnungszäune zwischen den Freigangsbereichen. Wenig später konnte er wieder in Gewahrsam genommen werden. Anne-Marie Keding sagte auf der Pressekonferenz mit Blick auf das Scheitern dieses Fluchtversuchs, es sei nicht der Moment zu sagen, das ist ja noch einmal gut gegangen. Vielmehr handelt es sich um ein "herausragendes Ereignis". Eine reale Fluchtgefahr habe aber zu keinem Zeitpunkt bestanden, betonte Keding.
Es zeigt aber auch, wie wichtig es gewesen wäre, dass genau eine Person da gestanden hätte.
Es habe sich gezeigt, dass der Attentäter von Halle gezielt auf einen Versuch zum Überklettern des Zauns gewartet haben muss. Laut Leiter des Justizvollzugs im Ministerium, Wolfgang Reichel, hätten das die rund 20 Sekunden gezeigt, in denen es dem Attentäter gelang, den Zaun zu überklettern. Reichel bei der Pressekonferenz: "Das zeigt, dass er genau abgewartet hat, um hoch zu gehen. Es zeigt aber auch, wie wichtig es gewesen wäre, dass genau eine Person da gestanden hätte."
Zu dem Ablauf, dass der Attentäter auch einen Kanaldeckel gesucht hatte, erklärte Reichel, dass es dem Attentäter nicht gelungen sei, diesen dort befindlichen Kanaldeckel anzuheben. Zugleich betonte Reichel, dass sich unter diesem Deckel lediglich ein Rohr von 10 bis 20 Zentimeter Durchmesser befinde.
Linke fordert personelle Konsequenze
Die Linke forderte am Dienstag den Rücktritt von Justizministein Keding. In einer Presseerklärung der Linke-Fration hieß es, das Statement von Keding vor der Landespressekonferen habe gezeigt, dass sich der Halle-Attentäter 45 Minuten unbeaufsichtigt auf dem Gelände der JVA Halle bewegt habe. Bislang sei nur von 5 Minuten die Rede gewesen. Keding betreibe eine katastrophale Informationspolitik.
In dieser Woche kommt Rechtsausschuss im Landtag zusammen
Vorige Woche war bekannt geworden, dass der 28 Jahre alte Terrorverdächtige im Gefängnis "Roter Ochse" in Halle am 30. Mai mehrere Minuten unbeobachtet war. Dabei überkletterte er nach bisherigen Erkenntnissen einen Zaun und versuchte, offene Türen und Gullydeckel zu finden, ehe er wieder in Gewahrsam genommen wurde. Der Vorfall ereignete sich bereits am Pfingstwochenende. Inzwischen ist der Attentäter in die JVA Burg verlegt worden.
Das Justizministerium erfuhr nach eigenen Angaben drei Tage später davon und machte den Vorfall vorigen Mittwoch öffentlich. Der Zwischenfall sorgte für Bestürzung, aber auch für viele Fragen. Diese Woche werden sich unter anderem die Justizexperten des Landtags mit dem Vorfall befassen. Der Rechtsausschuss soll am Donnerstag zusammenkommen.
Die Bundesanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen zweifachen Mord und 68-fachen Mordversuch "aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung heraus" vor. Er soll am 9. Oktober vorigen Jahres schwer bewaffnet versucht haben, in die gut besuchte Synagoge in Halle einzudringen. Als das misslang, soll er zwei Menschen in der Nähe erschossen und auf seiner Flucht mehrere Menschen verletzt haben, ehe er festgenommen wurde. Der Prozess gegen den Sachsen-Anhalter soll voraussichtlich Ende Juli starten.
Quelle: dpa,MDR/mg
Dieses Thema im Programm: MDR S-ANHALT | SACHSEN-ANHALT HEUTE | 09. Juni 2020 | 19:00 Uhr
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