Landtagsfraktionen fordern Bericht Erschossene Frau in Bad Lauchstädt: Saalekreis schließt Fehler der Waffenbehörde aus
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16. März 2023, 17:47 Uhr
Die am 8. März in Bad Lauchstädt offenbar von ihrem Ex-Mann erschossene Frau hatte laut Medienberichten seit Längerem Angst um ihr Leben. Zwei Landtagsparteien wollen den Fall nun aufarbeiten lassen, um zu klären, ob der Tod der 59-Jährigen hätte verhindert werden können. Im Raum stehen Vorwürfe gegen die Polizei und die Waffenbehörde des Saalekreises. Der schließt Fehler seinerseits jetzt aber aus.
- Nach den tödlichen Schüssen in Bad Lauchstädt schließt der Saalekreis mögliche Versäumnisse seiner Waffenbehörde aus.
- Laut Polizei lag seit Anfang Februar eine Anzeige gegen den mutmaßlichen Schützen vor.
- Am 8. März (Frauentag) starb eine Frau in Bad Lauchstädt nach Schussverletzungen, die vermutlich von ihrem Ex-Mann stammten.
Der Saalekreis hat mögliche Versäumnisse seinerseits vor den tödlichen Schüssen in Bad Lauchstädt ausgeschlossen. In einer am Mittwoch verschickten Mitteilung der Kreisverwaltung heißt es, die rechtlichen Vorgaben, ein Waffenverbot gegen einen 61-jährigen Beschuldigten auszusprechen, seien nicht gegeben gewesen. Aus der Meldung, die die Polizei der Waffenbehörde gemacht habe, sei außerdem nicht hervorgegangen, dass der Mann seine Ex-Frau mit dem Einsatz von Waffen bedroht habe, hieß es.
Mutmaßlicher Täter war seit 30 Jahren Sportschütze
Der mutmaßliche Täter sei seit 30 Jahren Sportschütze gewesen, teilte der Saalekreis weiter mit. Alle drei Jahre wurde er laut Landkreis auf "waffenrechtliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung" kontrolliert – ohne Beanstandungen.
Kritik an Behörden durch Linke und Grüne
Zuletzt hatten mehrere Landtagsfraktionen angekündigt, mögliche Behördenfehler untersuchen zu wollen. Dabei geht es um Vorwürfe, Polizei und Behörden hätten zu wenig getan, um die Tat möglicherweise zu verhindern. "Dass der Saalekreis schon jetzt eigene Fehler bei der waffenrechtlichen Überprüfung des Mannes ausschließt, ist angesichts der vorliegenden Erkenntnisse befremdlich", sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Sebastian Striegel. Fest stehe auch, dass es ein Behördenversagen gegeben habe, so Striegel. An welcher Stelle, müsse nun geklärt werden.
Erschütternd sei auch, dass die "Waffenbehörde kein Wort des Bedauerns" geäußert habe und auch eine "kritische Selbstreflexion" vermissen lasse, ergänzte Henriette Quade, innenpolitische Expertin der Linken. Das Schreiben der Behörde enthalte nichts als Schuldabwehr und Verantwortungsverweigerung.
Femizid in Bad Lauchstädt?
Striegel hatte zudem einen Selbstbefassungsantrag an den Innenausschuss gestellt. In dem Ausschuss ist er selbst Mitglied. Das Thema des Antrags: Femizid in Bad Lauchstädt. Darin hatte Striegel die Landesregierung gebeten, im Ausschuss unter anderem über Kenntnisstand und Verhalten der Polizei sowie die Vorgänge vor der Tat zu informieren. Nächste Woche wird der Fall auch Thema im Landtag sein.
Innenministerin will "Sachverhalt umfassend aufklären"
Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) erklärte am Mittwoch auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT, bisher hätten viele Fragen noch nicht abschließend geklärt werden können. "Wir werden den Sachverhalt umfassend aufklären und mit der gesamten Landespolizei auswerten. Auch dem Innenausschuss werden wir dazu Bericht erstatten. Ich erwarte von der Landespolizei, dass sie bei Fällen von Gewalt in engen sozialen Beziehungen konsequent alle gefahrenabwehrenden Maßnahmen ausschöpft."
Ich erwarte von der Landespolizei, dass sie bei Fällen von Gewalt in engen sozialen Beziehungen konsequent alle gefahrenabwehrenden Maßnahmen ausschöpft.
Am Dienstag hatte die Mitteldeutsche Zeitung berichtet, dass die erschossene 59-Jährige in den Wochen vor der Tat bei verschiedenen Stellen Hilfe gesucht hatte. Sie hätte Angst vor ihrem Mann gehabt, der seit Jahrzehnten Mitglied in einem Schützenverein gewesen sei und Waffen legal besessen habe.
Polizei: Anzeige wegen Bedrohung lag vor
Eine Sprecherin der Polizeiinspektion in Halle bestätigte MDR SACHSEN-ANHALT am Dienstag, dass am 1. Februar dieses Jahres Anzeige gegen den Mann aufgenommen worden sei. In der Folge sei ein Strafverfahren unter anderem wegen Bedrohung und Nachstellung eingeleitet worden.
Warum die Gefährderansprache nach derzeitigem Kenntnisstand im Weiteren nicht erfolgte, wird kritisch nachbereitet.
Noch am selben Tag hätten Polizisten versucht, den Mann einer Gefährderansprache zu unterziehen. Man habe ihn aber nicht angetroffen. Warum die "Gefährderansprache nach derzeitigem Kenntnisstand im Weiteren nicht erfolgte", wird laut Polizei "kritisch nachbereitet". Die Frau sei aber, nachdem sie sich an die Polizei gewandt habe, auf Beratungsangebote einer Interventionsstelle hingewiesen worden. Auch habe man die Interventionsstelle selbst sowie die Waffenbehörde des Saalekreises informiert.
Stichwort: Gefährderansprache Unter einer Gefährderansprache versteht man, dass die Polizei Personen über die Rechtslage und mögliche Handlungen der Polizei informiert, wenn – so das Deutsche Polizeigesetz – Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass "eine Person in einem überschaubaren Zeitraum die öffentliche Sicherheit stören wird".
SEK-Einsatz in Bad Lauchstädt
Am 8. März 2023 war die Frau in ihrer Wohnung in Bad Lauchstädt mutmaßlich von ihrem Ex-Mann erschossen worden. Als die Polizei eintraf, schoss der 61-Jährige aus einem Fenster der Wohnung auch in Richtung der Beamten. Ein SEK verschaffte sich Zugang zur Wohnung und fand eine Frau und einen Mann mit Schussverletzungen. Beide starben noch am Unglücksort.
Hier bekommen von Gewalt betroffene Frauen Hilfe
Landesintervention und -koordination bei häuslicher Gewalt und Stalking:
LIKO - Landesintervention und -koordination bei häuslicher Gewalt und Stalking
Paritätischer Landesverband Sachsen-Anhalt
Wiener Str. 2, 39112 Magdeburg
Telefon: 0391/ 6293523
E-Mail: info@paritaet-lsa.de
Informationen zu Frauenhäusern sowie Gewaltopferschutz- und Traumaabulanzen in Sachsen-Anhalt gibt es hier.
Bundesweites Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen": 08000 116 016
Das anonyme und kostenfreie Angebot bietet Beratung auch in Fremdsprachen an und richtet sich auch an Angehörige, Freundinnen und Freunde von betroffenen Frauen.
dpa, MDR (Luise Kotulla, Luca Deutschländer, Fabian Brenner, Maximilian Fürstenberg) | Zuerst veröffentlicht am 14. März 2023
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. März 2023 | 05:00 Uhr
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