Der Angeklagte Sven Liebich mit seiner Anwältin im Gerichtssaal des Landgericht Halle. 3 min
Sven Liebich steht in Halle erneut vor Gericht. Mehr dazu im Audio. Bildrechte: picture alliance/dpa | Heiko Rebsch
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Der Rechtsextremist Sven Liebich steht in Halle erneut vor Gericht. Am Donnerstag startete der Berufungsprozess, in dem mehrere Vorwürfe verhandelt werden.

MDR SACHSEN-ANHALT Do 13.06.2024 17:00Uhr 02:37 min

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Landgericht Halle Auftakt im Berufungsprozess gegen Rechtsextremist Sven Liebich

13. Juni 2024, 17:37 Uhr

Vergangenes Jahr war Rechtsextremist Sven Liebich zu einer Haftstrafe von anderthalb Jahren ohne Bewährung verurteilt worden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung legten allerdings Berufung ein. Am Donnerstag hat das Verfahren am Landgericht Halle begonnen. Sechs Verhandlungstermine sind geplant.

Am Landgericht Halle hat ein Berufungsprozess gegen den bekannten Rechtsextremisten Sven Liebich begonnen. Das Gericht verhandelt über eine Anklage der Staatsanwaltschaft Halle. Diese wirft Liebich über ein Dutzend Taten vor. Es geht unter anderem um Vorwürfe der Volksverhetzung, der Billigung eines Angriffskrieges und der üblen Nachrede.

So soll Liebich auf einer Demonstration zum Hass gegen in Deutschland lebende Flüchtlinge aufgestachelt haben. Auch einen Baseballschläger mit der Aufschrift "Abschiebehelfer", den Liebich zeitweise im Internet angeboten hatte, stuft die Staatsanwaltschaft als Volksverhetzung ein.

Amtsgericht Halle verurteilt Liebich zu Haft

In erster Instanz war Liebich zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Das Amtsgericht Halle befand ihn im Juli vergangenen Jahres in 17 Punkten für schuldig. In das Strafmaß wurde eine Bewährungsstrafe einbezogen, die Liebich im Oktober 2022 erhalten hatte. Sowohl Liebich als auch die Staatsanwaltschaft Halle hatten gegen das Urteil Berufung eingelegt. Nun wird der Prozess neu aufgerollt.

Der Angeklagte Sven Liebich bei der Personenkontrolle vor dem Gerichtssaal im Landgericht Halle.
Liebich wurde in erster Instanz zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Heiko Rebsch

Unterschied zwischen Berufung und Revision Bei der Berufung verhandelt das nächsthöhere Gericht (Landgericht) und überprüft den Fall vollständig. Das Landgericht ist dabei nicht an das Urteil des Amtsgerichts gebunden und kann ganz anders entscheiden. Es können auch neue Zeugen geladen und neue Beweisanträge gestellt werden. Ein schärferes Urteil kann nur gesprochen werden, wenn auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat.

Mit einer Revision können alle Urteile – egal ob vom Landgericht oder Amtsgericht – angefochten werden. Es wird aber nicht vollumfänglich neu verhandelt, sondern das Urteil aus der vorherigen Instanz nur auf Rechtsfehler geprüft.

Liebich bestreitet strafbares Verhalten

Liebich bekannte sich am ersten Prozesstag zu allen Taten, bestritt aber rundum ein strafbares Verhalten. Vor allem berief er sich auf die Meinungsfreiheit. Er warf der Staatsanwaltschaft vor, ihn durch Dutzende Verfahrenseinstellungen in der Vergangenheit in seiner Rechtsauslegung bestärkt zu haben. Ohne dies zu belegen, unterstellte er der Justiz zu dem ein geplantes Vorgehen gegen ihn.

Die Vorsitzende Richterin zielte in ihrer Befragung vor allem darauf ab, warum Liebich einen Teil der Taten begangen hatte, obwohl er zuvor bereits im Frühjahr 2020 in gleich zwei Verfahren der Volksverhetzung schuldig gesprochen wurde.

Vorwurf: Beleidigung und üble Nachrede

Im weiteren Verlauf ging es um einen Vorfall aus dem Mai 2020 am Rande einer Demonstration Liebichs. Damals hatte das Kind eines Demo-Teilnehmers eine Journalistin bedrängt. Diese schlug nach der Handykamera des Kindes. Strittig ist, ob sie dabei auch das Kind traf. Liebich jedenfalls verbreitete in der Folge mehrfach Beleidigungen über die Frau und bezichtigte sie der Gewalt gegen Kinder. Das Amtsgericht hatte hierin mehrere Fälle der Beleidigung und üblen Nachrede erkannt.

Die Journalistin war als Zeugin geladen und warf Liebich vor, mit den Behauptungen seine Anhängerschaft “aufwiegeln” zu wollen. Der Junge wurde ebenfalls befragt. Er berief sich teilweise auf Erinnerungslücken und machte andere Angaben als noch im Prozess vor dem Amtsgericht. Die Staatsanwaltschaft zweifelte an seiner Glaubwürdigkeit und stellte ein Verfahren wegen Falschaussage in Aussicht. Seine Aussage soll am Freitag fortgesetzt werden.

Höhere Strafe für Liebich möglich, aber auch Freispruch

Liebich will einer Haftstrafe entgehen. Er gab an, aktuell seine kranke Mutter zu pflegen. Überprüft wurde diese Angabe bislang nicht. Liebich will sich außerdem seit März dieses Jahres nicht mehr an Demonstrationen beteiligen und hat eine Gewerbeuntersagung gegen ihn durch die Stadt Halle akzeptiert. Den fraglichen Online-Shop betreiben Geschwister Liebichs weiter.

Das Landgericht hat sechs Verhandlungstage angesetzt. Insgesamt sollen zehn Zeugen gehört werden. Eine höhere Strafe, aber auch ein Freispruch sind möglich. Die Verhandlung findet unter erhöhten Sicherheitsbedingungen statt. Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten am Donnerstagmorgen rund ein Dutzend Personen und forderten juristische Konsequenzen für Liebich. Zu der Demonstration aufgerufen hatte das "Bündnis Halle gegen rechts".

Sven Liebich vor Landgericht Halle – Demo vorm Gebäude
Vor dem Landgericht Halle fand am Donnerstag eine Demonstration statt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Seit Jahren verschiedene Gerichtsverfahren gegen Liebich

Sven Liebich wollte sich auf Anfrage nicht zum Verfahren äußern. Liebich beschäftigt seit Jahren die Gerichte und wurde mehrfach rechtskräftig verurteilt. Auch in Leipzig steht noch ein Berufungsverfahren aus. Hier war er wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu einer weiteren Haftstrafe verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft Halle und die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg haben zudem 2023 drei weitere Anklagen gegen Liebich erhoben. Das Amtsgericht hat noch nicht über eine Eröffnung der Verfahren entschieden, sagte ein Gerichtssprecher MDR SACHSEN-ANHALT.

Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz führt Liebich seit Jahren als Rechtsextremisten. Er versuche mit verschiedenen öffentlichen Aktionen "die Mitte der Gesellschaft für seine rechtsextremistischen Ideen zu begeistern", heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht. Themen waren in der Vergangenheit die Corona- und Migrationspolitik sowie der Krieg in der Ukraine.

Unser Podcast "Extrem rechts" befasst sich mit dem Rechtsextremisten Sven Liebich:

Rechtsextremist Liebich und die Gerichte

MDR (Thomas Vorreyer, Cornelia Winkler) | Erstmals veröffentlicht am 06.05.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 13. Juni 2024 | 19:00 Uhr

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