Schüsse in Halle Augenzeuge berichtet: Was in der Synagoge während der Tat geschah
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14. Oktober 2019, 12:00 Uhr
Eigentlich wollten sie Jom Kippur – den höchsten jüdischen Feiertag – in der Synagoge in Halle feiern. Deshalb war Max Privorozki als Gemeindevorsteher Teil des Gottesdienstes, als die Schüsse fielen. Vor dem Gotteshaus war ein Feuer eröffnet worden, zwei Passanten wurden dadurch getötet. Privorozki berichtet als Augenzeuge von der Situation vor Ort.
Die Jüdische Gemeinde in Halle feierte gerade Gottesdienst, als draußen plötzlich Schüsse zu hören waren. Gemeindevorsteher Max Privorozki: "Wir haben in der Sicherheitskamera gesehen, dass ein Mann versucht hat, sich Zugang zu der Synagoge mit Hilfe von Waffen zu verschaffen. Er hatte ein Gewehr, hat Granaten geworfen, Molotow-Cocktails. Aber Gott sei Dank hat er es nicht geschafft, reinzukommen."
Etwa 60 Leute, so schätzt Privorozki, waren währenddessen in der Synagoge. "Nach 20 Minuten war die Polizei wieder draußen, und wir haben weiter Gottesdienst gefeiert", sagt er. Zunächst ging es vergleichsweise normal weiter. Zumindest so lange, bis die Polizei zurück kam, und die Gemeindemitglieder evakuiert hat.
Ein gezielter Anschlag wegen Jom Kippur?
Auf die Frage, ob er glaube, dass der Angriff gezielt wegen des höchsten jüdischen Feiertages Jom Kippur erfolgt sein könnte, antwortet der jüdische Gemeindevorsteher: "Auf jeden Fall!"
Eine Sprecherin des Generalbundesanwalts sagte dem Evangelischen Pressedienst, es gebe ausreichend Anhaltspunkte für einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund der Tat. Dafür sprächen die gesamten Umstände. Die Ermittlungen gegen mindestens einen Täter laufen.
Aktuell sitzt Max Privorozki als Zeuge bei der Polizei, von dort aus hat er MDR SACHSEN-ANHALT telefonisch von dem Angriff berichtet. Wie es jetzt weitergeht, wisse er noch nicht.
Was ist Jom Kippur?
Jom Kippur ist der heiligste und feierlichste Tag des jüdischen Jahres und wird auch heute von einer Mehrheit der Juden, auch nicht religiösen, in mehr oder weniger strikter Form begangen. Für Frauen ab 12 und Männer ab 13 Jahren ist er ein Fastentag, an dem 25 Stunden gefastet wird. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, dauert der Gottesdienst in den jüdischen Gemeinden beinahe den ganzen Tag. In Israel sind an diesem Tag alle Restaurants und Cafés geschlossen, das gesamte öffentliche Leben steht still. Alle Grenzübergänge (auch der Flughafen) sind geschlossen. Dass Israel an diesem Tag quasi gelähmt und extrem verwundbar war, nutzten Syrien und Ägypten im Oktober 1973 aus und begannen den Jom-Kippur-Krieg.
Die Jüdische Gemeinde Halle
Die Geschichte der Juden in Halle geht zurück auf das Jahr 1000, als sich bereits einige wenige Juden in Halle aufgehalten haben. Die ersten gesicherten Quellen über eine jüdische Gemeinde in Halle stammen aus dem Jahre 1184. Im Spätmittelalter bestand in Halle – nach Erfurt – die größte Jüdische Gemeinde Mitteldeutschlands. In der Pogromnacht 1938 wurde die Hallesche Synagoge in der Straße "Großer Berlin" in Brand gesetzt. Es folgten Deportationen in die Konzentrationslager, wo viele Juden ermordet wurden. Bis 1941 sind vermutlich zwei Drittel der in Halle ansässigen Juden geflüchtet; die meisten der fast 600 Personen emigrierten nach Shanghai, England, in die USA und nach Palästina. Heute zählt die Jüdische Gemeinde Halle etwa 700 Mitglieder.
Quelle: MDR/jd
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 09. Oktober 2019 | 19:00 Uhr
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