Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit Löhne in Sachsen-Anhalt 2023 um fünf Prozent gestiegen

02. September 2024, 18:06 Uhr

Das Medianentgelt der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten stieg um rund 160 Euro. Frauen verdienten in Sachsen-Anhalt mehr als Männer. Das liegt an zwei zentralen Unterschieden zu den Arbeitsmärkten in den alten Bundesländern.

Das Medianentgelt in Sachsen-Anhalt ist im vergangenen Jahr um fünf Prozent gestiegen. Das ist eine der Erkenntnisse aus dem Entgeltatlas 2023, in dem die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch Zahlen zur Beschäftigung in den einzelnen Bundesländern veröffentlicht hat.

Demnach lag das Medianentgelt aller Menschen in Sachsen-Anhalt, die sozialversicherungspflichtig und in Vollzeit arbeiten, 2023 bei 3.152 Euro. 2022 waren das noch rund 160 Euro weniger, 2019 sogar noch 450 Euro weniger.

Was bedeutet Medianentgelt?

Medianentgelt und das durchschnittliche Entgelt sind zwei verschiedene Werte. Die Bundesagentur für Arbeit weist in ihrer Statistik das Medianentgelt aus. Der Median ist der mittlerste Wert, wenn man die untersuchten Werte in zwei gleich große Gruppen teilt. Er ist weniger anfällig für statistische "Ausreißer" als der Durchschnittswert. Das heißt, eine Hälfte der erfassten Beschäftigten erhält ein höheres und die andere Hälfte ein niedrigeres Entgelt.

Der Unterschied zwischen Entgelt und Einkommen ist, dass man Einkommen nicht nur durch seine Arbeit verdienen kann, sondern auch durch andere Einnahmen wie zum Beispiel Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Vermietung.

Damit sind die Löhne in Sachsen-Anhalt zwar um ein Prozent mehr gestiegen als auf Bundesebene. Menschen in Sachsen-Anhalt verdienen laut der Statistik dennoch weniger als bundesweit. Dort lag das Medianentgelt im Dezember 2023 bei 3.796 Euro.

Während das Medianentgelt in Sachsen-Anhalt gestiegen ist, gilt das auch für die Lebenshaltungskosten. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Halle stieg die Inflationsrate im Jahresdurchschnitt um sechs Prozent. Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke waren im Schnitt 13 Prozent teurer geworden.

Große Unterschiede zwischen Stadt und Land

In verschiedenen Branchen sind die Löhne 2023 unterschiedlich stark gestiegen. Für die Beschäftigten von Heimen und im Sozialwesen ist das Entgelt im vergangenen Jahr sogar um zehn Prozent gestiegen, im Gastgewerbe um neun Prozent. Das sind für Sachsen-Anhalt die stärksten Steigerungen.

Insgesamt verdienen Mediziner und Medizinerinnen sowie Lehrkräfte am besten. So hatten Zahn- und Humanmedizinerinnen und -mediziner im Dezember 2023 laut der Statistik den in Sachsen-Anhalt höchsten Bruttomedianlohn mit 7.010 Euro für Vollzeitarbeit. Am wenigsten verdienen Menschen, die in der Körperpflege arbeiten. Laut dem Entgeltatlas verdienen unter anderem Friseurinnen und Friseure oder Kosmetikerinnen und Kosmetiker monatlich 1.881 Euro brutto für Vollzeitarbeit.

Auch regional geht die Schere auseinander. "So wird in Sachsen-Anhalt seit Jahren in den Städten mehr verdient als auf dem Land", schreibt die Bundesagentur für Arbeit. Demnach bekommen Menschen in Halle mit 3.444 Euro brutto im Median am meisten bezahlt, gefolgt von denen in Magdeburg und Dessau-Roßlau. Am wenigsten verdienen die Menschen im Landkreis Wittenberg mit 2.962 Euro Median-Bruttoentgelt.

Frauen verdienen mehr als Männer

Eine andere Erkenntnis der Statistik: Unter den in Vollzeit Arbeitenden haben Frauen in Sachsen-Anhalt ein höheres Mediengehalt als Männer. Demnach lag das Mediangehalt für Frauen im Dezember 2023 bei 3.207 Euro. Bei Männern waren es 3.129 Euro im Monat. "Frauen arbeiten häufig im öffentlichen Dienst oder auch im Gesundheits- und Sozialwesen und sind dort tarifgebunden", erklärt Stefan Köpke, Pressesprecher der Bundesagentur für Arbeit. "Männer arbeiten hingegen viel im verarbeitenden Gewerbe, im Baugewerbe oder in der Logistik. Und da haben sie eine niedrigere Tarifbindung in Ostdeutschland."

Diesen Erklärungsansatz bekräftigt auch ein Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Arbeitsmarktstatistiken von 2023. Unter den Geringqualifizierten sei der Männeranteil im Osten häufig sehr hoch. Das senke den durchschnittlichen Verdienst der Männer. Gleichzeitig gehöre der öffentliche Dienst im Osten zu den finanziell attraktiven Arbeitgebern und sei bei Frauen sehr beliebt.

In der aktuellen Statistik der Arbeitsagentur für Arbeit zeigt sich der Unterschied zwischen Männern und Frauen vor allem in den Entgeltklassen von 4.000 bis 6.000 Euro. Denn unter den vollbeschäftigten Frauen liegt der Anteil hier höher ist als unter den Männern.

Die Zahlen aus dem Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit bedeuten nicht unbedingt, dass es in Sachsen-Anhalt keinen sogenannten Gender Pay Gap gibt. Vielmehr ist die Berechnung der statistischen Einkommensunterschiede komplex und hängen auch davon ab, welche Daten der Berechnung zugrundeliegen. Beispielsweise finden im Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit nur Menschen Erwähnung, die sozialversicherungspflichtig in Vollzeit arbeiten.

Gender Pay Gap in Ostdeutschland kleiner

Frauen verdienen in Deutschland immer noch deutlich weniger als Männer: Ihr Bruttolohn lag 2023 laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamts bei durchschnittlich 20,84 Euro pro Stunde, bei Männern waren es 25,30 Euro. Ein Unterschied von 18 Prozent. So groß ist der Gender Pay Gap in Deutschland.

Dennoch ist es so, dass die Differenz zwischen den Löhnen der Männer und Frauen in Ostdeutschland im Schnitt kleiner ist als beispielsweise im Süden der Republik. Im Bodenseekreis liegt der Bruttoverdienst von sozialversicherungspflichtig vollzeitbeschäftigten Frauen im Schnitt um 38,2 Prozent unter jenem der Männer. Vorn liegen die Frauen bundesweit nur in vier Kreisen - zwei davon in Sachsen-Anhalt: in Frankfurt an der Oder, in Cottbus, in Stendal und in Dessau-Roßlau, wo Frauen 2,5 Prozent mehr verdienen als Männer – bundesweiter Spitzenwert.

In Dessau-Roßlau arbeitet laut einer Studie mehr als jede dritte vollzeitbeschäftigte Frau in einem Krankenhaus, in der öffentlichen Verwaltung oder in der Pharmabranche. Fast jede vierte vollzeitbeschäftigte Frau hat einen akademischen Abschluss. Unter den Männern ist es nur jeder sechste. Viele von ihnen arbeiten im Schienenfahrzeugbau, die Deutsche Bahn hat in Dessau ein großes Ausbesserungswerk.

dpa, MDR (Tycho Schildbach, Alisa Sonntag)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN – Das Radio | 28. August 2024 | 11:00 Uhr

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