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Claudia Reiser mit den Ergebnissen bei Tagesschau24

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MDRfragt Bundestagswahl: Wenig Optimismus für die politische Zukunft Deutschlands

25. Februar 2025, 12:00 Uhr

Der Blick auf das Wahlergebnis lässt nur zwei von zehn Befragten auf eine bessere politische Zukunft Deutschlands hoffen. Jeweils gut ein Drittel rechnet hingegen mit einem Stillstand oder einer schlechteren politischen Zukunft. Insgesamt ist die deutliche Mehrheit mit dem Ergebnis der Bundestagswahl unzufrieden. Das zeigt das aktuelle MDRfragt-Stimmungsbild aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit 28.016 Befragten.

MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar
MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar Bildrechte: MDR / David Sievers

Das Ergebnis der Bundestagswahl zeigt: Die Zusammensetzung des Parlamentes wird sich deutlich verändern und die Koalitionsverhandlungen könnten kompliziert werden.

In der MDRfragt-Gemeinschaft ruft das Wahlergebnis nur wenig Optimismus hervor. So rechnet gut ein Fünftel der Befragten nun mit einer besseren politischen Zukunft Deutschlands, während mehr als ein Drittel davon ausgeht, dass sich diese eher verschlechtert. Darüber hinaus denkt ein weiteres Drittel, dass in Deutschland ein politischer Stillstand herrschen wird.

Politische Zukunft Deutschlands aufgrund der Wahlergebnisse
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Trotz alledem hält der Großteil der Befragten die vorgezogenen Neuwahlen für richtig.

Vorgezogene Neuwahlen waren…
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Hinweis Die Stimmungsbilder von MDRfragt sind auch dank der hohen Teilnehmendenzahl aussagekräftig.
Dieses Mal sind es rund 28.016 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Da alle MDRfragt-Mitglieder ihre Meinung einbringen können und sollen, werden keine Zufalls-Stichproben gezogen.

Die Ergebnisse sind damit nicht repräsentativ. Um mögliche Verzerrungen durch die Zusammensetzung der Befragten zu verringern, werden die Befragungsergebnisse nach bewährten wissenschaftlichen Methoden gewichtet. Zudem erlauben die Begründungen und Kommentare der Befragten, die Stimmungstendenzen einzuordnen. Mehr zur Methodik von MDRfragt am Ende des Artikels.

Durch die Kommentare der Befragten wird deutlich, dass sowohl die Zuversicht als auch der kritische Blick auf die politische Zukunft oftmals von den möglichen Regierungskoalitionen abhängig gemacht wird. Mit der Hoffnung auf eine bessere politische Zukunft schreibt so zum Beispiel MDRfragt-Mitglied Johannes (74) aus Leipzig: "Die CDU muss keine FDP fragen, die eher zum Erpressen als denn zum Regieren taugt und die SPD als Junior wird eine größere Beteiligung und Verantwortung aufgeben, um an der Macht zu sein."

Auch Sebastian (40) aus dem Harz rechnet mit einer Koalition aus CDU/CSU und SPD, die früher oft "großen Koalition" genannt wurde. Jedoch ruft diese bei ihm eher Bedenken hervor. Er kommentiert: "Es wird wieder eine 'GroKo' werden und die Ketten der 16 Jahre CDU, die durch die Ampel gesprengt wurden, die werden nun wieder angelegt." Melanie (39) aus dem Landkreis Zwickau sieht das ähnlich und schreibt zudem: "Eine konservative Regierung wird die großen Probleme wie Klimawandel, Energiewende und Digitalisierung nicht angemessen anpacken. Große Veränderungen stehen an. Das ist nicht angenehm, aber notwendig. Doch mit konservativen Kräften und einem damit verbundenen 'weiter so wie früher' werden diese Veränderungen nicht umgesetzt werden."

Man sollte endlich für Deutschland denken, egal von welcher Partei die Idee kommt.

MDRfragt-Mitglied Anke (34) aus dem Burgenlandkreis

Auch die AfD spielt beim Blick auf die politische Zukunft für viele Befragte eine Rolle. MDRfragt-Mitglied Anke (34) aus dem Burgenlandkreis denkt beispielsweise, "dass man diese nicht ausgrenzen sollte, da man sonst in vier Jahren das böse Erwachen bekommt." Sie schreibt zudem: "Man sollte endlich für Deutschland denken, egal von welcher Partei die Idee kommt." Harald (70) aus dem Altmarkkreis Salzwedel sieht die Parteien in der Pflicht, welche es aus seiner Sicht "einfach besser machen" müssen, wenn, wie er schreibt, "nicht die AfD der nächste Wahl-Sieger sein soll".

Josefine (32) aus Magdeburg sieht das etwas anders. Sie findet es gut, "dass CDU und AfD so viele Stimmen haben" und kritisiert zugleich, "dass die CDU lieber mit links regieren möchte, statt die Wähler ernst zu nehmen."

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Kritik am Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU

So wie MDRfragt-Mitglied Josefine stehen einige Befragte einer möglichen Zusammenarbeit von CDU und AfD offen gegenüber. Eigentlich wird das durch den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU ausgeschlossen, welcher vorsieht, dass diese weder mit der Partei "Die Linke" noch mit der AfD zusammenarbeiten will und darf. Zuletzt gewann CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz jedoch mit Stimmen der AfD eine parlamentarische Mehrheit für seinen Fünf-Punkte-Plan zur Verschärfung der Migrationspolitik in Deutschland.

Ginge es nach der Mehrheit Befragten, sollte der Unvereinbarkeitsbeschluss gelockert werden und zwar sowohl in Richtung der AfD als auch mit Blick auf die Linkspartei.

Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU - Lockerung gewünscht gegenüber...
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Warum ist die AfD im Osten stärkste Kraft geworden?

In den Kommentaren diskutieren die Befragten auch, warum die AfD im Osten Deutschlands stärkste Kraft geworden ist.

Die Punkte, welche Vivia (42) aus dem Landkreis Stendal nennt, tauchen dabei immer wieder auf. Sie schreibt: "Viele fühlen sich allein gelassen, abgehängt, nicht verstanden, nicht vertreten. Je mehr die AfD tabuisiert wird, desto mehr Zulauf bekommt sie. Lasst die sich doch beweisen oder eben sich selbst entzaubern!"

Andere sehen wiederum demografische Aspekte im Vordergrund. So kommentiert Uwe (58) aus Leipzig: "Da Ostdeutschland eher ländlich geprägt ist und kaum eine Nähe zu großen Städten hat, ist es wie in anderen Ländern: Dorf wählt rechts oder konservativ – Stadt eher progressiv oder halt linksliberal." Demgegenüber erreichte uns aus Leipzig jedoch auch folgender Kommentar von Steffi (65): "Ich selbst habe lange über meine Wahlentscheidung nachgedacht. Da waren BSW und AfD in den Fokus gerückt. Ich hätte eine dieser Parteien eigentlich aus Frust gewählt, aber ich habe mich dann doch wieder für eine der Volksparteien entschieden."

Ich verstehe es nicht, warum man AfD wählt. Aber ich finde es erschreckend.

MDRfragt-Mitglied Dorit (28) aus Jena

Auch MDRfragt-Mitglied Dorit (28) aus Jena führt eine ganze Reihe weiterer Gründe auf, warum ihrer Meinung nach die AfD im Osten Deutschlands häufiger gewählt wird, als in Westdeutschland. Sie schreibt: "Ich glaube, dass in Ostdeutschland die Menschen kritischer auf den Staat schauen und nicht so einfach alles glauben, was in den Medien erzählt wird. Aber warum man dann der AfD glaubt, keine Ahnung. Dazu kommt eine Art 'Neid-Hass' auf erfolgreiche Menschen, die durch die Politiker anderer Parteien repräsentiert werden. Und all die Wut und Enttäuschung aus der Wendezeit, die nie laut werden durfte. Dazu alte Vorurteile gegen Ausländer, die man jetzt 'endlich' offener zeigen kann und halt, dass die Menschen aus der AfD sich scheinbar vor Ort kümmern. Ich verstehe es nicht, warum man AfD wählt. Aber ich finde es erschreckend."

Der Wunsch nach Veränderung ...

Viele Befragte, die sich letztendlich für die AfD entschieden haben, eint der Wusch nach Veränderung, welcher in den Kommentaren oft zu lesen ist. MDRfragt-Mitglied Jörg (64) aus Erfurt denkt, dass dieser Wunsch im Osten stärker ausgeprägt ist.

Marc (37) aus Gera teilt Jörgs Einschätzung. Jedoch denkt er auch, dass die Menschen in Ostdeutschland mit der Umsetzung einiger Veränderungen "überfordert" sind, wie er schreibt, und es ihnen teilweise am "Verständnis der Funktionsweise der Demokratie" fehlt. Er kommentiert zudem: "Menschen fühlen sich nicht ernst genommen, ohne zu wissen, was konkret geändert werden kann, im Rahmen der Gesetze. Einfache Lösungen verfangen, auch wenn es diese nicht geben kann, in einer komplexen Welt."

6 von 10 sind mit dem Wahlergebnis insgesamt unzufrieden

Insgesamt gab die deutliche Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer an, mit dem Wahlergebnis unzufrieden zu sein. Gut ein Drittel blickt hingegen zufrieden auf den Wahlausgang.

Zufriedenheit mit den Wahlergebnissen
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Hinter dieser grundsätzlichen Einschätzung verbergen sich zumeist ganz konkrete Gefühle der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer. Demnach ist der Blick auf das Wahlergebnis für die meisten mit Sorge, Enttäuschung, aber auch Hoffnung verbunden.

Blick auf Wahlausgang -  Vorrangiges Gefühl
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Blickt man auch hier in die Kommentare der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer, zeigt sich, dass sich hinter den Sorgen, der Enttäuschung und auch der Hoffnung zum Teil sehr unterschiedliche Gründe verbergen.

So kommentiert beispielsweise Steffen (62) aus dem Harz: "Das starke Abschneiden der AfD besorgt mich massiv. Ich fühle mich zunehmend fremd in Ostdeutschland." Auch Heide (60) aus dem Landkreis Zwickau blickt daher besorgt auf die Wahlergebnisse und fragt: "Wo soll das noch hinführen?". Bei Yvonne (45) aus dem Landkreis Wittenberg weckt das Abscheiden der AfD hingegen Hoffnung. Sie schreibt: "Auch wenn immer betont wird, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben wird, denke ich, dass dieser Weg in Betracht gezogen werden sollte, zumindest in einigen Themen. Es erweckt für mich den Eindruck, dass vergessen wird, was die Wähler wollen."

Ich sehe eine gespaltene Gesellschaft.

MDRfragt-Mitglied Rainer (64) aus Dessau-Rosslau

Rainer (64) aus Dessau-Rosslau äußert sich wiederum besorgt und schreibt: "Ich sehe eine gespaltene Gesellschaft. Und das, wo die vielen großen Aufgaben, welche wir im Land und in der Welt zu erledigen haben, doch Zusammenhalt und Tatendrang erfordern." Auch der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Entwicklungen bereiten vielen MDRfragt-Mitgliedern Sorge. So denkt Renate (68) aus Magdeburg zum Beispiel , "dass die Aufrüstung nun ungeahnte Dimensionen annimmt und wir direkt in einen Krieg hineingezogen werden". Außerdem befürchtet sie, "dass alle Sozialleistungen weiter gekürzt werden und die Lebenshaltungskosten weiter steigen". Thomas (41) kommt auch aus Magdeburg und zeigt sich hingegen enttäuscht, statt besorgt, da die kommende Regierung aus seiner Sicht "Themen wie Klimaschutz und Klimaneutralität nicht ausreichend behandeln wird."

Auf der anderen Seite überwiegt für Falko (69) aus Chemnitz die Hoffnung, dass es "mit der Wirtschaft wieder bergauf geht". Für Beate (62) aus Mittelsachsen besteht die Hoffnung darin, dass CDU-Kanzlerkandidat Merz an der Verschärfung der Migrationspolitik festhält. MDRfragt-Mitglied Roland (63) aus Erfurt stimmt es hingegen hoffnungsvoll, dass "die Linken stärker sind, als erwartet."

Wie auch Matthias (61) aus Chemnitz schwanken einige Befragte jedoch zwischen Sorge und Hoffnung. Abschließend kommentiert er: "Es stehen große Herausforderungen an, einige wesentliche Dinge müssen geändert werden, das schafft Widerstand von den Extremen links oder rechts. Und unsere Streitkultur liegt am Boden."


Über diese Befragung Die Blitz-Befragung zur Bundestagswahl vom 23. bis zum 24. Februar 2025 stand unter der Überschrift: "Gewählt – und jetzt?" und war für 22 Stunden geöffnet.

Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen.

Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ. Bei dieser Befragung haben sich 28.016 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen online mit ihrer Meinung eingebracht.

Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach wissenschaftlichen Kriterien anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen. Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland.

MDRfragt wird zudem wissenschaftlich beraten und begleitet, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests. Mehr zur Methodik von MDRfragt finden Sie am Ende des Artikels.

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | Der Nachmittag | 24. Februar 2025 | 13:10 Uhr