Sonderserie: Mitteldeutsche Musikmuseen Das Mendelssohn-Haus Leipzig
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06. August 2024, 12:00 Uhr
Mitte des 19. Jahrhunderts lag die Königstraße 5, die heutige Goldschmidtstraße 12, am Leipziger Stadtrand. 1845 zieht die Familie Mendelssohn-Bartholdy dort ein. Für den Komponisten Felix, der das Amt des Gewandhausdirektors innehat, ist dies die dritte und letzte Adresse in Leipzig.
Das Erste, was auffällt, ist die Helligkeit des Hauses: ein freundlicher Empfang. Dass es überhaupt existiert, ist dem Dirigenten Kurt Masur zu verdanken. Er setzt sich kurz nach der deutschen Wiedervereinigung für den Erhalt des Gebäudes ein und gründet dafür gemeinsam mit der Stadt Leipzig eine Stiftung. 1997 kann die erste Etage als Museum eröffnet werden. Mittlerweile erstreckt sich die Ausstellung auf drei Stockwerke
Das Erdgeschoss
In der Mediathek kann man bereits Stunden verbringen, sich die Kopfhörer überziehen und durch das gesamte Werk von Felix Mendelssohn-Bartholdy und seiner Schwester Fanny Hensel hören. Via Bildschirme sind zugleich Autographe und Erstdrucke einsehbar.
Nur einen Raum weiter – im Effektorium – steht ein virtuelles Orchester aus dreizehn Stelen. Jede einzelne bildet eine Instrumentengruppe ab. Auf einem digitalen Pult kann man zwischen verschiedenen Stücken wählen und zum Interpreten der Mendelssohn-Werke werden. Indem man zum Taktstock greift, über die Lautstärke einzelner Instrumente oder der Geschwindigkeit des Stückes bestimmt.
Die Idee dahinter: im 19. Jahrhundert etabliert sich der Beruf des Dirigenten. Vorher kommen Orchester meistens ohne ihn aus. Mendelssohn-Bartholdy gehört zu einem der ersten in diesem Beruf. Das Publikum kann hier auf spielerische Weise erfahren, was ein Dirigent oder eine Dirigentin überhaupt macht.
Die Belétage
300 Quadratmeter auf neun Zimmer verteilt: Die Wohnung der Familie Mendelssohn ist großzügig geschnitten – entsprechend des hohen Amtes als Gewandhauskapellmeister. Ganz im Biedermeier-Stil des 19. Jahrhunderts erhalten, bekommt man hier sehr lebendige Einblicke von der damaligen Zeit. Zahlreiche Freundinnen und Freunde, darunter Goethe, Humboldt, Chopin, Clara und Robert Schumann und Cherubini, gehen hier ein und aus. Im Musiksalon werden die neuesten Werke präsentiert.
Mendelssohns Arbeitszimmer sieht genauso aus, wie er es hinterlassen hat. Denn sein Patensohn Felix Moscheles hat es nur wenige Tage nach Mendelssohns Tod abgemalt, sodass es originalgetreu rekonstruiert werden konnte: mit dem Teppichboden, den historisch einglasigen Fenstern, dem Stehpult und Schreibtisch. Selbst die zahlreichen Bilder hängen genauso wie zu Lebzeiten des Komponisten.
Besonders berührend in dieser Wohnung: das Sterbezimmer mit der Totenmaske. An der Wand hängt ein großes Bild der in Trauer gekleideten Witwe Cécile.
Fannys Welt
Die zweite Etage des Hauses widmet sich der Schwester Fanny Hensel. Auch sie ist, wie ihr Bruder, schon als Kind eine herausragende Pianistin. Die hellen Räume ahmen die offene Atmosphäre ihrer Berliner Gartenhaus-Wohnung nach. Ihrem Mann Wilhelm Hensel, einem Maler, schenkt sie den Klavierzyklus "Das Jahr", das sie komponiert hat. Er verziert die Notenblätter ganz dem Charakter der Musik entsprechend.
Die Ausstellung ist jenem Jahreszyklus nachempfunden: jeder Raum entspricht einer Jahreszeit im Leben von Fanny. Der Herbst zum Beispiel symbolisiert "Fannys Kosmos": eine Wand voller Blätter, darauf Notizen, Ausschnitte aus Briefen und Tagebüchern.
Fanny ist es übrigens, die die Tradition der Sonntagsmusiken, die ihre Eltern einst ins Leben gerufen haben, wieder aufnimmt. Sie gestaltet die Konzerte, lädt die wichtigsten Künstler ihrer Zeit ein und präsentiert auch ihre eigenen Werke.
Kurt Masurs Vermächtnis
Ebenfalls in der zweiten Etage erinnert eine kleine Ausstellung an den großen Dirigenten Kurt Masur und sein beeindruckendes Leben. Zugleich ist im Mendelssohn-Haus das "Internationale Kurt-Masur-Institut" beheimatet.
Das umfangreiche digitale Archiv, der internationale Austausch junger Musikerinnen und Musiker sowie die Verleihung des Kurt-Masur-Preises stehen sinnbildlich für die Arbeit des Dirigenten.
Die Botschaft, die ich den Menschen bringen wollte, ist seit Beginn meines Lebens die gleiche: Verständigung, Freundschaftlichkeit, Humanismus.
Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 24. Juli 2024 | 07:10 Uhr