Menschen auf dem agra-Gelände im Süden Leipzigs 4 min
Das agra-Gelände im Süden Leipzigs war auch in diesem Jahr wieder der Hauptstandort des Wave-Gotik-Treffens. Bildrechte: MDR/ Philipp Baumgärtner
4 min

MDR KULTUR - Das Radio Mo 20.05.2024 20:31Uhr 03:58 min

https://www.mdr.de/kultur/wgt/audio-wgt-festival-endet-leipzig100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Schwarze Szene WGT 2024 in Leipzig endet mit 18.000 Besucherinnen und Besuchern

20. Mai 2024, 17:22 Uhr

In Leipzig endet am Montagabend mit letzten Konzerten das 31. Wave-Gotik-Treffen. Vier Tage verwandelte die schwarze Szene die Stadt in eine große WGT-Party. Neben Konzerten gab es Lesungen, Mittelaltermärkte, Vorträge und Ausstellungen an 40 Veranstaltungsorten in der Stadt. Die Veranstalter zählten rund 18.000 Besucherinnen und Besucher – knapp 2.000 weniger als bei der Jubiläumsausgabe im Vorjahr. Beim diesjährigen Festival wurde wiederholt über die politische Ausrichtung des WGT diskutiert.

  • Das 31. Wave-Gotik-Treffen hielt für das Publikum ein breites Programm bereit – mit Bands wie Ladytron, Diva Destruction oder Editors.
  • Mitarbeitende des Schauspiels Leipzig kritisierten vorab den Auftritt einer italienischen Band, das Festivalteam hält die Vorwürfe, die Band habe Verbindungen in die rechtsextreme Szene, für überzogen.
  • In der ganzen Stadt waren Veranstaltungen auch ohne WGT-Bändchen besuchbar, über einzelne Organisatoren zeigte sich das Festivalteam verärgert.

Am Pfingstmontag endet in Leipzig das 31. Wave-Gotik-Treffen. Laut Festivalsprecher Cornelius Brach kamen rund 18.000 Besucherinnen und Besucher zum WGT. Das seien knapp 2.000 weniger als im Vorjahr – 2023 hatte das WGT allerdings auch 30-jähriges Jubiläum gefeiert. Besonders auffällig sei auch in diesem Jahr die Internationalität des Festivals gewesen, sagte Cornelius Brach und schätzte, dass knapp jeder vierte WGT-Besucher aus dem Ausland komme.

Menschen auf einer Bühne
Die Kuppelhalle im Volkspalast war eine von 40 Veranstaltungsorten und bot Bands wie Nürnberg eine Bühne. Bildrechte: Philipp Baumgärtner

Das Festivalteam zeigte sich zufrieden mit dem Programmverlauf. Circa 200 Künstlerinnen und Künstler traten an 40 verschiedenen Veranstaltungsorten auf. Das laut Veranstalter weltweit größte Festival der schwarzen Szene hatte dabei einige exklusive Konzerte im Programm. Unter anderem trat die britische Electropop-Band Ladytron zum ersten Mal seit 2008 wieder in Deutschland auf.

Begeisterung bei Diva Destruction und Prayers

Die Gothrocker Diva Destruction gaben nach 20 Jahren ihr erstes Konzert in Europa. Gleich danach feierte am Sonntagabend die US-amerikanische Band Prayers ihre Europapremiere und brachte mit ihrem Cholo-Goth (eine Mischung aus Hip-Hop und Wave) einen ganz neuen Stil auf das Festival. Die größten Konzerte fanden traditionell auf dem agra-Gelände statt.

Die Band Diva Destruction spielt auf der agra-Bühne
Die Gothrock-Band Diva Destruction spielte nach 20 Jahren wieder ein exklusives Europakonzert auf der agra-Bühne des Wave-Gotik-Treffens. Bildrechte: Philipp Baumgärtner

Ein ausgegebenes Ziel des Wave-Gotik-Treffens war es in diesem Jahr, wieder mehr junges Publikum anzuziehen. Das habe laut Festivalteam mit Stilrichtungen wie der Neuen Neuen Deutschen Welle, Post-Punk oder Witch-House funktioniert. Auch das Konzert der Indierock-Band Editors habe andere Zielgruppen ansprechen können, so Festivalsprecher Brach.

Menschen auf einer Bühne
Die US-Band Prayers überzeugte das Publikum mit einer martialisch anmutenden Show und düsterem Sprechgesang. Bildrechte: Phillip Baumgärtner

Für Aufsehen sorgte der Auftritt der italienischen Band Camerata Mediolanense im Schauspiel Leipzig. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Schauspiels hatten zuvor in einem offenen Brief gefordert, den Auftritt abzusagen, weil die Band nachweislich Verbindungen in die rechtsextreme Szene habe. Zuerst hatte die LVZ berichtet.

WGT-Veranstalter halten Rechtsextremismus-Vorwürfe für überzogen

Die Veranstalter hielten diese Vorwürfe für deutlich überzogen, so Festivalsprecher Cornelius Brach zu MDR KULTUR. Man habe die Vorwürfe geprüft, sei mit der Band direkt in Kontakt getreten und habe keine politischen Aussagen, Symbolik oder ähnliches gefunden, "die man hätte diskutieren müssen", sagte Brach. "Die Forderung, man solle den Auftritt absagen" sei deshalb "unverschämt und nicht gerechtfertigt" gewesen.

Die Forderung, man solle den Auftritt absagen, war unverschämt und nicht gerechtfertigt.

Cornelius Brach, WGT-Pressesprecher

Die politische Ausrichtung des Festivals war auch am Samstag auf dem Konzertabend im Stadtbad Thema. Die jungen Künstler Nils Keppel und Mia Morgan positionierten sich in Statements gegen rechte Strömungen und zeigten sich besorgt, dass sich das Festival nicht genug davon abgrenze. Nils Keppel kritisierte im Interview mit MDR KULTUR, dass das WGT von sich behaupte, ein unpolitisches Festival zu sein: "Einer Person eine Bühne zu geben, ist immer eine politische Entscheidung."

Festivalsprecher Cornelius Brach sagte daraufhin MDR KULTUR, er finde nicht gut, dass dort versucht würde, "Ideologie und Politik in das Festival hineintragen zu wollen". Es sei nicht die Aufgabe des Festivals, von Besuchern und Bands die "private politische Meinung zu überprüfen". Das WGT verstehe sich als Kulturveranstaltung, die ohnehin für "Vielfalt, Internationalität, Offenheit und Toleranz" stehe und man wolle vermeiden, dass die auftretenden Künstlerinnen und Künstler "politische Propaganda betreiben".

Tausende genießen WGT ohne Bändchen

Rund um das Festival gab es auch in diesem Jahr wieder viele Events, die ohne Bändchen besucht werden konnten. Das Viktorianische Picknick lockte mehrere tausend WGT-Besucher und Schaulustige in den Clara-Zetkin-Park. Am Samstag gab es zum wiederholten Mal einen Autokorso aus Leichenwagen, der am Augustusplatz mit circa 50 Fahrzeugen startete und am Südfriedhof endete. Darüber hinaus gab es im gesamten Stadtgebiet anlässlich des Wave-Gotik-Treffens Ausstellungen und Lesungen.

Eine Frau vor einer geöffneten Kofferraumklappe eines Leichenwagens am Südfriedhof
Susanne Franke hat am Leichenwagenkorso teilgenommen und präsentiert das Innere des Fahrzeugs bei der Schau am Südfriedhof. Bildrechte: Philipp Baumgärtner

Seit einigen Jahren gibt es in der Stadt größere Szene-Veranstaltungen, die nicht zum Programm des Wave-Gotik-Treffen zählen. So gab es am Connewitzer Kreuz mit dem Gothic Pogo Festival wieder ein großes Szenetreffen, das nicht zum WGT gehört und auch der Szenemarkt "Dark Affair" auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz mit dazugehöriger Bühne ist eigenständig organisiert. WGT-Sprecher Cornelius Brach zeigte sich vor allem über das Projekt auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz verärgert: Man versuche dort "im Fahrtwind des WGT, Umsätze zu machen" und habe sogar einige der Händler abgeworben, die sonst auf dem Agra-Gelände verkauft hätten.

Ein Besucher des «Viktorianischen Picknicks» beobachtet mit Sense in der Hand den Fotografen beim Auftakt des 31. Wave-Gotik-Treffens. Mehrere tausend Anhänger der «Schwarzen Szene» haben sich am Freitag in Leipzig zum Auftakt des 31. Wave-Gotik-Treffens (WGT) zum versammelt. Für die WGT-Fans gibt es mehr als 40 Veranstaltungsorte, darunter auch Kirchen und Friedhöfe. Das Treffen war 1992 mit gerade einmal 2000 Gleichgesinnten und acht Bands gestartet. Laut Veranstalter gilt das WGT inzwischen als eines der größten Treffen seiner Art und hat Fans in aller Welt.
Eins der absoluten Highlights war für viele WGT-Besucher auch in diesem Jahr der inoffizielle Auftakt des Wochenendes beim Viktorianischen Picknick. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woitas

Für das kommende Jahr haben die Planungen schon begonnen. Das Festivalteam habe bereits Ideen für "neue Veranstaltungen und Partyreihen", die "für frischen Wind und junges Publikum" sorgen sollen, sagte Cornelius Brach im Interview. Im Jahr 2025 findet das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig vom 6. bis 9. Juni statt.

Quelle: WGT, LVZ, ver.di, MDR (Philipp Baumgärtner)

Transparenzhinweis: WGT-Pressesprecher Cornelius Brach ist auch freier Mitarbeiter beim Mitteldeutschen Rundfunk.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 21. Mai 2024 | 06:10 Uhr