Erich Kästner, ein Mann in Anzug, mit Katze auf dem Arm
Der in Dresden geborene Autor Erich Kästner ist bis heute unvergessen, seine Bücher sind zeitlos. Bildrechte: Deutsches Literaturarchiv Marbach

50. Todestag Erich Kästner: Zehn Fakten über den unvergessenen Schriftsteller aus Dresden

29. Juli 2024, 04:00 Uhr

Die Bücher von Erich Kästner begeistern auch heute, ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod, noch viele Menschen. Mit Kinderbüchern wie "Emil und die Detektive" oder "Das fliegende Klassenzimmer" wurde der in Dresden geborene Autor weltberühmt. Seine Gedichte und der Großstadtroman "Fabian" wurden in der NS-Zeit verboten. Aber trotz Schreibverbot blieb Kästner in Deutschland. Nach seinem Studium in Leipzig lebte er in Berlin und zog später nach München, wo er am 29. Juli 1974 starb. Zu seinem 50. Todestag erinnern wir mit zehn wissenswerten Fakten an den großen Schriftsteller.

1. Erich Kästner ist in der Dresdner Neustadt aufgewachsen

Am 23. Februar 1899 wurde Erich Kästner in Dresden geboren. Als einziger Sohn von Ida und Emil Richard Kästner wuchs er in der Äußeren Dresdner Neustadt auf. Sein Geburtshaus in der Königsbrücker Straße 66 steht noch heute – eine Gedenktafel erinnert an den Schriftsteller. Als Kind besuchte Kästner regelmäßig seinen Onkel Franz Augustin, der in einer prächtigen Villa am Albertplatz lebte. Heute befindet sich in der sogenannten Villa Augustin das Erich Kästner Haus für Literatur mit dem Erich-Kästner-Museum.

Das Erich-Kästner-Museum, eine zweistöckige Villa mit heller Fassade, davor ein Park mit einer Bank
Hier ging Kästner als Kind ein und aus: die Villa Augustin in Dresden, in der sich heute das Erich-Kästner-Museum befindet. Bildrechte: picture alliance / dpa | Arno Burgi

2. Eigentlich wollte Kästner Lehrer werden

Kästner wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Seine Mutter arbeitete als Friseurin, sein Vater war Arbeiter in einer Kofferfabrik, nachdem er als selbstständiger Sattlermeister gescheitert war. Um ihr Einkommen aufzubessern, nahm die Familie immer wieder Untermieter auf – meist Lehrer. Auch beim Musterschüler Erich Kästner entstand der Wunsch, später Lehrer zu werden. Er besuchte sogar ein Lehrerseminar in Dresden und machte nach seinem Kriegsdienst 1917/18 einen pädagogischen Abschluss. Doch ein Studium und die Laufbahn als Journalist und Schriftsteller lockten ihn schließlich mehr als der Schuldienst.

Drei Fotografien von Erich Kästner werden in die Kamera gehalten
Aufnahmen von Erich Kästner als junger Mann, die sich heute im Literaturarchiv in Marbach befinden. Bildrechte: picture alliance/dpa/Jonas Schöll

3. Wegen eines Gedichts als Redakteur gekündigt

Bereits während seiner Studienzeit in Leipzig schrieb Kästner Artikel und Gedichte für verschiedene Zeitungen. So finanzierte er sich das 1919 begonnene Studium der Germanistik, Geschichte, Philosophie und Theaterwissenschaften. Bei der "Neuen Leipziger Zeitung" war er als Redakteur tätig – bis sein Gedicht "Abendlied des Kammervirtuosen" für seine Entlassung sorgte. Die Zeilen anlässlich des 100. Todestages von Ludwig van Beethoven waren zu anstößig, Kästner wurde gekündigt. Doch seiner Karriere tat das keinen Abbruch – im Gegenteil: Kästner zog nach Berlin und seine Karriere als Schriftsteller nahm Fahrt auf.

4. Mit "Emil und die Detektive" gelang Kästner der Durchbruch

Sein erstes Kinderbuch veröffentlichte Kästner 1929: "Emil und die Detektive" machte ihn schlagartig berühmt und wird bis heute begeistert gelesen. Der Großstadtroman für Kinder über den zwölfjährigen Emil Tischbein, der bei seiner ersten Reise nach Berlin bestohlen wird und den Dieb mit einer Gruppe Berliner Kinder jagt, ist längst ein Klassiker. Davon schrieb Kästner noch einige mehr: "Pünktchen und Anton" (1931), "Das fliegende Klassenzimmer" (1933), "Die Konferenz der Tiere" (1949) oder "Das doppelte Lottchen" (1949). Die Kinderbücher wurden nicht nur vielfach verfilmt, sondern auch in zahlreiche Sprachen übersetzt. Sie machten Kästner auf der ganzen Welt bekannt.

5. Ungewöhnlich enges Verhältnis zur Mutter

Zeitlebens hatte Erich Kästner ein sehr enges Verhältnis zu seiner Mutter Ida Kästner. Über Jahrzehnte schrieben sie sich beinahe täglich Briefe. Die Mutter erledigte außerdem lange Jahre die Wäsche für ihren Sohn – auch als er nicht mehr in Dresden lebte. Unter dem Titel "Mein liebes, gutes Muttchen, Du!" hat Kästners langjährige Lebensgefährtin Luiselotte Enderle eine Auswahl dieser Briefe und Postkarten herausgegeben. Kästner berichtete der Mutter in diesen Korrespondenzen vom Stand seiner Arbeit und Liebesbeziehungen oder welche Freunde er wann und wo traf. Sie wiederum gab ihm Ratschläge und war Anlaufstelle für seine Probleme.

6. War als einziger Autor bei der Verbrennung seiner Bücher dabei

Erich Kästner beobachtete am 10. Mai 1933 wie die Nazis seine Bücher auf dem Berliner Bebelplatz verbrannten. Seine neusachlichen Gedichtbände und besonders der Großstadtroman "Fabian" (1931) wurden von den Nationalsozialisten als "entartet" eingestuft und wie die Werke vieler anderer Schriftsteller öffentlich vernichtet. Einzig Kästners Kinderbuch "Emil und die Detektive" blieb zunächst verschont. Kästner war als als einziger der "verbrannten Autoren" bei der Bücherverbrennung anwesend, alle anderen befanden sich bereits im Ausland oder auf dem Weg dorthin. Zwar wurde Kästner unter den Schaulustigen erkannt, er konnte den Platz aber unbehelligt verlassen.

Schwarz-Weiß-Aufnahme der Bücherverbrennung in Berlin
Bei der Bücherverbrennung auf dem Berliner Bebelplatz wurden auch Erich Kästners Werke öffentlich verbrannt. Bildrechte: imago/ZUMA/Keystone

7. Kästner bleibt während der NS-Zeit in Deutschland

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten entschied sich Erich Kästner gegen eine Emigration. Zweimal wurde er von der Gestapo verhaftet und verhört, aber wieder freigelassen. Trotz offiziellen Schreibverbots konnte er zunächst weiterhin schriftstellerisch tätig sein und veröffentlichte unter verschiedenen Pseudonymen. So verfasste er etwa 1941 das Drehbuch zum Filmklassiker "Münchhausen". Ab 1943 erhielt er dann ein endgültiges Schreibverbot. Er lebte vom Verkauf seiner Bücher im Ausland.

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8. Der geplante Roman über die Nazi-Zeit erschien nie

Ein Grund, warum Kästner Nazi-Deutschland nicht verließ, war sein Anspruch, als Chronist zu bleiben, um später über die Zeit schreiben zu können. Während des Zweiten Weltkriegs verfasste er ein geheimes Kriegstagebuch in Kurzschrift. Hier sammelte er Heeresberichte, Flüsterwitze und dokumentierte den Alltag in Berlin. Bei Bombenalarm nahm er das Buch mit in den Luftschutzkeller. Doch der große Zeitroman über das "Dritte Reich" erschien nie. Nach einem Gespräch mit einem Auschwitz-Überlebenden erkannte Kästner, dass er mit seinen Aufzeichnungen dem Ausmaß dessen, was wirklich passiert war, nicht gerecht werden konnte. Lediglich seine Tagebuch-Notizen erschienen später. Unter dem Titel "Das blaue Buch" wurde 2018 eine kommentierte Ausgabe des Kriegstagebuchs herausgegeben.

9. Kästner blieb unverheiratet und hatte einen Sohn

Erich Kästner hat nie geheiratet, hatte aber zahlreiche, teils parallellaufende Affären und Liebesbeziehungen. Die Journalistin Luiselotte Enderle war seine langjährige Lebensgefährtin und erste Biografin. Seinen einzigen Sohn Thomas bekam Kästner allerdings mit Friedel Siebert, mit der er über Jahre hinweg ein Verhältnis hatte. Thomas Kästner wurde 1957 geboren. Für einige Jahre pendelte Kästner im Fünfwochenrythmus zwischen Sohn und Freundin in Berlin und Enderle in München.

Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von Erich Kästner und Sohn Thomas
Erich Kästner und sein damals 17-jähriger Sohn Thomas Kästner im Februar 1974 in Kästners Wohnung in München. Bildrechte: picture alliance / Georg Goebel | Georg Goebel

10. War in der Nachkriegszeit politisch aktiv

Nach dem Ende des Zweiten Weltkreigs zog Kästner nach München. Hier gab er die Kinder- und Jugendzeitschrift "Pinguin" heraus, wurde Präsident des westdeutschen P.E.N.-Zentrums und war einer der Begründer der Internationalen Jugendbibliothek in München. In den Nachkriegsjahren engagierte sich Kästner politisch. Er protestierte gegen Atomwaffen und trat bei den Ostermärschen als Redner auf. Später beteiligte er sich an Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg. Am 29. Juli 1974 starb Kästner an Speiseröhrenkrebs. Er wurde auf dem St.-Georgs-Friedhof in München-Bogenhausen beigesetzt.

Quellen: Munzinger Online, Sven Hanuschek: "Keiner blickt dir ins Gesicht. Das Leben Erich Kästners", Homepage Erich-Kästner-Museum
Redaktionelle Bearbeitung: Lilly Günthner

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 27. Februar 2024 | 19:00 Uhr

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