Thomas Kretschmann - Katja Frenzel-Röhl - Didi Hallervorden
Thomas Kretschmann, Katja Frenzel-Röhl und Didi Hallervorden stammen aus Dessau. Bildrechte: picture alliance / Eventpress | Eventpress MP - picture alliance/Christoph Hardt/Geisler-Fotopress - imago images/Raimund Müller

Schon gewusst? Diese berühmten Persönlichkeiten aus Dessau sollten Sie kennen

04. Dezember 2024, 04:00 Uhr

Ostdeutschland sähe ohne Richard Paulick anders aus, der Vater der "Platte" wurde in Dessau geboren, genauso wie Kurt Weill, der am Broadway in New York Erfolge feierte oder Schauspieler Thomas Kretschmann, der es bis nach Hollywood schaffte. Geschichte schrieben Leopold III., Bauhaus-Gründer Walter Gropius und Bauhaus-Meisterin Gunta Stölzl. Diese Persönlichkeiten sind mit Dessau verbunden:

Film und Fernsehen

Thomas Kretschmann

Er schaffte es bis nach Hollywood: Die Rolle als Wehrmachtsoffizier in Polanskis Oscar-prämiertem Film "Der Pianist" war sein Durchbruch. Dabei begann seine Karriere als große Hoffnung des DDR-Schwimmsports. Am 8. September 1962 wurde Thomas Kretschmann in Dessau geboren, als Sohn einer Lehrerin, die ihn alleine großzog. Mit 17 hatte er vom DDR-Leistungssport genug. Statt "Kacheln zu zählen", wollte er Schauspiel an der Hochschule "Ernst Busch" in Berlin studieren. Er bestand die Aufnahmeprüfung 1983, floh dann aber im selben Jahr über Ungarn, Jugoslawien und Österreich in die BRD. Dort setzte er sich auch ohne Ausbildung durch, auf der Bühne und dann vor der Kamera. Für seine Rolle im Fernsehfilm "Der Mitwisser" erhielt er 1989 den renommierten Max-Ophüls-Preis als bester Nachwuchsschauspieler.

Schauspieler Thomas Kretschmann lächelt freundlich in die Kamera.
Thomas Kretschmann, geboren in Dessau, schaffte es bis nach Hollywood. 2003 gehörte der Schauspieler zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie. Bildrechte: MDR/Zauberbergfilm

1993 engagierte ihn Joseph Vilsmaier für eine Hauptrolle im Kriegsdrama "Stalingrad". Internationale Angebote folgten, bald auch aus Hollywood. Steven Spielberg erteilte er für "Schindlers Liste" jedoch eine Absage – er wollte nicht auf die Rolle des Nazi-Deutschen festgelegt werden. 2008 war er dennoch an der Seite von Tom Cruise im Stauffenberg-Drama "Operation Walküre" zu sehen. Kretschmann gilt als wandelbar und spielte auch in Actionfilmen oder dem Blockbuster "Avengers: Age of Ultron" mit. Immer wieder kehrte er nach Deutschland zurück, beispielsweise für das DDR-Fluchtdrama "Ballon" von Michael "Bully" Herbig, das für ihn auch ein aufwühlender Trip in die eigene Vergangenheit wurde.

Thomas Kretschmann: Von Dessau nach Hollywood

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Seit fast 30 Jahren lebt und arbeitet Thomas Kretschmann in Los Angeles. Der Drill des Schwimmens habe ihn geprägt, ihn zu einem Langstreckenschwimmer gemacht, sagt er. Ein Grund für Kretschmanns anhaltende Erfolge im hart umkämpften Hollywood. Wir haben den Schauspieler privat in seiner Villa in Kalifornien besucht und begleiten ihn bei einem Besuch in seiner Heimatstadt Dessau. Bildrechte: MDR/Zauberbergfilm
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Seit fast 30 Jahren lebt und arbeitet Thomas Kretschmann in Los Angeles. Der Drill des Schwimmens habe ihn geprägt, ihn zu einem Langstreckenschwimmer gemacht, sagt er. Ein Grund für Kretschmanns anhaltende Erfolge im hart umkämpften Hollywood. Wir haben den Schauspieler privat in seiner Villa in Kalifornien besucht und begleiten ihn bei einem Besuch in seiner Heimatstadt Dessau. Bildrechte: MDR/Zauberbergfilm
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Thomas Kretschmann wurde als Sohn einer Lehrerin geboren, die ihn allein großzog. Mit 17 Jahren hörte er mit dem Schwimmen als Leistungssport auf. Mit Anfang 20 fasste Kretschmann den Entschluss, in den Westen zu fliehen. Bildrechte: MDR/Zauberbergfilm
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Im September 1983 kam er über Ungarn, Jugoslawien und Österreich in die Bundesrepublik Deutschland. Er startete eine sehr erfolgreiche Schauspielkarriere, die in bis nach Hollywood brachte. Bildrechte: MDR/Zauberbergfilm
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Im Kino ist Kretschmann in Nebenrollen in großen Produktionen zu sehen. 2007 sollte er eigentlich die Rolle des Claus Schenk Graf von Stauffenberg spielen, die dann aber an Tom Cruise ging. Er übernahm daraufhin den Part des Majors Otto Ernst Remer. Bildrechte: MDR/Zauberbergfilm
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Der Schauspieler gehört zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie. Am 8. September wird der Künstler 60 Jahre alt. Bildrechte: MDR/Zauberbergfilm
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Die Wurzeln von Thomas Kretschmann liegen in Sachsen-Anhalt. Das Fernsehteam von "Lebensläufe" ist bei einem Besuch in seiner Heimatstadt Dessau dabei. Bildrechte: MDR/Zauberbergfilm
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Katja Frenzel-Röhl

Die Liebe zur darstellenden Kunst wurde Katja Frenzel-Röhl in die Wiege gelegt: Am 17. Mai 1974 wurde sie in Dessau als Tochter der Schauspielerin Bärbel Röhl und des Puppenspielers Klaus Frenzel geboren – beide waren in der DDR-Theaterszene gefeierte Größen. Laut eigener Aussage hatte Katja Frenzel-Röhl in ihrer Jugend für sich entschieden, niemals als Schauspielerin arbeiten zu wollen. Als sie jedoch früh ihr erstes Kind bekam, nahm sie ein kurzzeitiges Engagement in der ZDF-Fernsehserie "Frauenarzt Dr. Markus Merthin" an. Anschließend machte sie eine Ausbildung zur Schneiderin. Doch es folgten weitere Engagements für Serien: in "Unter uns", "Alarm für Cobra 11" und "Soko Wismar".

Schauspielerin Katja Frenzel-Röhl trägt ein rotes Oberteil und lacht in die Kamera.
Katja Frenzel-Röhl wurde bekannt u.a. mit der RTL-Serie "Unter uns". Bildrechte: picture alliance/Christoph Hardt/Geisler-Fotopress

Musik

Kurt Weill

Kurt Weill gehört zu den bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Als Sohn eines Kantors der jüdischen Gemeinde wurde er am 2. März 1900 in Dessau geboren, die Liebe zu Musik und Literatur bekam er von Haus aus mit. Er schrieb schon mit zehn Jahren seine ersten Lieder, durfte Proben am Theater in Dessau besuchen und vom Kapellmeister dort bekam er den ersten Kompositionsunterricht. Auch seine erste Stelle hatte er in Dessau, als Korrepetitor am Theater. Um die Familie zu unterstützen, musste er dazuverdienen, 1920 konnte er sein Musikstudium wieder aufnehmen: In Berlin wurde Ferruccio Busoni sein Lehrer. Dort lernte er den Dichter Bertolt Brecht kennen – und seine spätere Frau Lotte Lenya, die bei der Uraufführung der "Dreigroschenoper" 1928 die Hauptrolle der Jenny übernahm.

Schwatz-weiß-Aufnahme von Kurt Weill mit Zigarette im Mund
In Dessau erinnert das Kurt Weill Fest seit 1990 an den Komponisten, der das Musiktheater revolutionierte Bildrechte: Archiv Kurt Weill Gesellschaft e.V.

Mit dem Stück um zwei Gauner, das keine Oper im eigentlichen Sinne ist, sollten Brecht und Weill einen Welterfolg landen. Songs daraus wurden zum Hit, auch weil sie die Stimmung der Goldenen Zwanziger kurz vor dem großen Crash einfingen. Im Team mit Brecht entstand danach die Oper "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny". Bei der Uraufführung 1930 in Leipzig sorgten rechte Störtrupps für Tumult. Weills Musik wurde in der Presse bald als "undeutsch" geschmäht.

1935 floh Weill mit Lenya vor den Nazis in die USA, wo er anders als andere Emigranten wieder Fuß fassen konnte. Er feierte Erfolge am Broadway mit Musicals wie "Knickerbocker Holiday" ("September Song") oder "One Touch of Venus" und er schrieb Filmmusik für Hollywood. Am 3. April 1950 starb Weill in New York. In Dessau erinnert das Kurt Weill Fest seit 1990 an den Komponisten, der das Musiktheater erneuerte, der bis heute auf Bühnen weltweit gespielt und von Größen wie den Doors, David Bowie oder Frank Sinatra gecovert wurde.

Literatur

Wilhelm Müller

Für die einen war er ein mittelmäßiger Romantiker, für andere ein Vorläufer Heinrich Heines. Am 7. Oktober 1794 wurde Wilhelm Müller in Dessau geboren. Viele kennen seine Verse, ohne an den Dichter zu denken. "Das Wandern ist des Müllers Lust" ist immer noch ein bekanntes Volkslied. "Die schöne Müllerin" oder "Die Winterreise" steht in der Vertonung von Franz Schubert als Kunstlied-Zyklus vielerorts auf dem Konzert-Programm. Wobei "Der Lindenbaum" am Brunnen vor dem Tore, den jeder kennt, auch aus der "Winterreise" stammt. Melancholisch-düster spricht der Dichter darin auch von der eigenen unglücklichen Liebe.

Zeichnung des Dichters Wilhelm Müller
Von Wilhelm Müller stammen Gedichte, die in Liedern überdauerten: "Das Wandern ist das Müllers Lust" und die "Winterreise" gehören dazu. Bildrechte: imago/imagebroker

Der Sohn einer Handwerkwerkerfamilie, die zu etwas Wohlstand gekommen war, konnte ab 1812 Philologie und Geschichte in Berlin studieren und meldete sich im Februar 1813 als Freiwilliger zum preußischen Heer, um an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teilzunehmen. 1814 kehrte er zurück. In den literarischen Salons der Stadt lernte er Romantiker wie Achim von Arnim, Clemens Brentano oder Ludwig Tieck kennen. 

Ab 1819 begann er, als Lehrer in Dessau Geschichte, Latein und Griechisch zu unterrichten. Außerdem kümmerte er sich um die Hofbibliothek und arbeitete als Übersetzer, Rezensent und Herausgeber für den Brockhaus-Verlag in Leipzig. Seinen Beinamen "Griechen-Müller" bekam er indessen, weil er sich für den Befreiungskampf der Griechen gegen die türkische Besatzung einsetzte. Auf einer Studienreise war er in dem Land. Am 1. Oktober 1827 starb Wilhelm Müller im Alter von nur 32 Jahren in Dessau. Heine soll seine "ewige Frische" bewundert haben. Müllers Grab befindet sich auf dem Historischen Friedhof. Im Stadtpark erinnert ein Denkmal an ihn.

Bühne

Didi Hallervorden

"Palim, palim" – Dieter "Didi" Hallervorden galt lange als König des Klamauks in Deutschland, nicht zuletzt wegen seiner Fernseh-Sketche und erfolgreichen Formaten wie "Nonstop Nonsens". Hallervorden wurde am 5. September 1935 in Dessau geboren. Zum Studium der Publizistik und Romanistik ging er nach Berlin. 1958 flüchtete er aus der DDR und setzte sein Studium im Westen fort. Das berühmte Max-Reinhardt-Seminar in Wien lehnte ihn "mangels Talent" ab. Er nahm daraufhin privat Schauspielunterricht. Im Dezember 1960 gründete er in Berlin mit Rotraud Schindler und Wilfried Herbst das Kabarett "Die Wühlmäuse", bis heute eine Institution der politischen Satire mit Hallervorden als künstlerischem Leiter, der weiter in aktuellen Debatten Position bezieht.

Schauspieler Dieter Hallervorden klatscht in die Hände.
In seiner Geburtsstadt eröffnete Dieter Hallervorden 2022 sein Mitteldeutsches Theater in der Marienkirche mit der Komödie "Gottes Lebenslauf". Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Willnow

Ab Mitte der 60er-Jahre trat Hallervorden vermehrt in Fernsehen und auch in Filmen auf. Allmählich wurde "Didi" zu einer Marke jenseits des Images als Grimassenschneider. Das gelang ihm u.a. mit der Satire-Show "Hallervordens Spott Light". Für seine Filme "Das letzte Rennen" oder das Demenz-Drama "Honig im Kopf" feierte ihn die Kritik zuletzt als gereiften Charakterdarsteller. Auf der Bühne war er weiter aktiv. 2008 hatte er das Schlosspark-Theater in Berlin übernommen. In seiner Geburtsstadt Dessau eröffnete er 2022 sein Mitteldeutsches Theater. Seit 2007 ist er Ehrenbürger der Stadt.

Kunst und Architektur

Walter Gropius

Finanziell wie politisch unter Druck, war das Bauhaus 1925 von Weimar nach Dessau umgezogen. Für Direktor Walter Gropius (1883-1969) war die aufstrebende Industriestadt der ideale Standort für die neue "Hochschule für Gestaltung". "Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau!", hatte der gebürtige Berliner Architekt in einem Manifest 1919 verkündet. In Dessau hatte er erstmals freie Hand und Raum, seine Vision vom Neuen Bauen umzusetzen: beim Entwurf des Campus' mit Schul- und Werkstattgebäude samt der berühmten Vorhangfassade aus Glas, mit den Wohnhäusern für die Bauhaus-Meister aus weißen Kuben oder der Siedlung Törten mit zweigeschossigen Reihenhäusern, wo Gropius die Arbeit mit vorgefertigten Elementen erprobte. 1928 trat Gropius von seinem Amt zurück, um sich eigenen Projekten zu widmen.

SChwarz-weiß-Aufnahme von Walter Gropius
Der Architekt Martin Gropius begründete das Bauhaus 1919 in Weimar mit und führte es nach dem erzwungenen Umzug bis 1928 in Dessau weiter. Seine Gebäude in der Stadt gelten als Ikonen der Moderne. Bildrechte: IMAGO/Bridgeman Images

Mit der Machtergreifung der Nazis 1933 kam das Aus für das Bauhaus in Dessau. 1937 ging Gropius ins Exil in die USA, er lehrte in Harvard und starb 1969 in Boston. "Sein Bauhaus" gilt als "Ikone der Moderne", es ist heute eine der Welterbestätten in Dessau, die bei Stadtführungen zu erkunden sind. 2025 wird 100. Jubiläum gefeiert, trotz Intervention der AfD. Am Brunnen im Stadtpark gegenüber des neuen 1919 eröffneten Bauhaus-Museums erinnert ein Denkmal an Gropius.

Richard Paulick

Ostdeutschland sähe ohne ihn vermutlich anders aus: Als Vater der "Platte" gilt Richard Paulick, der am 7. November 1903 in Dessau geboren wurde. Er war der Sohn eines SPD-Politikers in Anhalt, der die Ansiedlung des Bauhauses nach der Vertreibung aus Weimar 1926 in Dessau mit befördert hatte. Er studierte Architektur in Dresden, bei Hans Poelzig in Berlin und er bewegte sich in Bauhaus-Kreisen. Mit Georg Muche realisierte er das Stahlhaus, ein einfaches Siedlungshaus, serientauglich und Avantgarde zugleich, das sich heute noch in Dessau besichtigen lässt.

Er produzierte Aufklärungsfilme übers Neue Bauen. Sein Thema: Das Wohnungselend in Deutschland und wie man ihm begegnen kann. Seine Antwort: die Weiterentwicklung der Bauwirtschaft, vom Handwerk zum industriellen Bauen. Paulick kannte die Bauhausmeister, auch den Architekten-Direktor Walter Gropius. Von 1927 bis 1930 arbeitete er für dessen Büro, gründete ein eigenes und realisierte Bauaufträge in Dessau, wie die Versuchssiedlung Törten mit.

Richard Paulick 30 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Sich selbst richtete Paulick später ein Penthouse auf seinem Block C der Ost-Berliner Stalin- und späteren Karl-Marx-Allee ein. Kaum einer weiß heute noch, dass er die Federführung für das ganze DDR-Nachkriegs-Prestigeprojekt der 50er-Jahre hatte, als noch von "Palästen für die Arbeiter" an Deutschlands erstem sozialistischen Boulevard die Rede war.

Zurückgekehrt aus dem Exil in China wurde Paulick zum DDR-Chefarchitekten für Großvorhaben wie die Stalinallee, die Staatsoper, Dresdens Wiederaufbau – oder HaNeu, Halle-Neustadt, wurde zur Blaupause für Plattenbau-Siedlungen in der ganzen DDR. Aus seiner Vision, kreativ mit Fertigteilen umzugehen, wurde am Ende vielerorts Monotonie in Beton. Paulick wurde 1974 aus allen Ämtern entfernt, 1979 starb er in Ost-Berlin, weitgehend vergessen und unbemerkt von der Öffentlichkeit. Nun – in Zeiten neuer Wohnungsnot – wird er wiederentdeckt.

Gunta Stölzl

Als einzige Frau im männerdominierten Bauhaus durfte sie den Titel "Meister" führen: In Dessau leitete Gunta Stölzl die Weberei und machte daraus eine der erfolgreichsten Werkstätten, ohne dafür besondere Anerkennung zu bekommen. Heute gilt Stölzl, die 1897 in München geboren wurde, als zentrale Figur des Textildesigns im 20. Jahrhundert, aber sie war auch Malerin.

Shwarz-weiß-Aufnahme einer Gruppe Menschen, lauter Männer, nur eine Frau
Gunta Stölzl war die einzige Bauhaus-Meisterin, in Dessau leitete sie die Werkstatt für Weberei, die wirtschaftlich eine der erfolgreichsten war. Bildrechte: IMAGO/Bridgeman Images

Die am Bauhaus gelehrten Prinzipien übertrug sie auf die Weberei mit geometrischen Mustern und abstrakten Bildkompositionen. Später versuchte Stölzl, am avantgardistischen Bauhaus Mutterschaft und Führungsposition zu vereinen – ein Tabubruch. Mit dem Erstarken der NSDAP auch in Anhalt veränderte sich das Klima auch am Bauhaus, zu den frauenfeindlichen Anfeindungen kamen antisemitische. Stölzl war mit dem jüdischen Architekten Arieh Sharon verheiratet. 1931 verließ sie Dessau und emigrierte in die Schweiz.

Bis zu ihrem Tod 1983 widmete Stölzl ihr Leben der Weberei, mit Erfolg. Das MoMA in New York nahm einen ihrer Wandbehänge in die Sammlung auf, auch das Victoria and Albert Museum in London kaufte Stoffe von Stölzl an. Herausragende Werke wie den "Schlitzgobelin Rot-Grün" oder den Wandbehang "Fünf Chöre" hat sie in Dessau geschaffen.

Imi Knoebel

Der Einfluss des Bauhauses reicht bis in die zeitgenössische Kunst, etwa zu Imi Knoebel, der am 31. Dezember 1940 als Klaus Wolf Knoebel in Dessau geboren wurde und heute als wichtiger Vertreter der Minimal Art gilt. Er wuchs bei Dresden auf, 1950 zog die Familie nach Mainz. Von 1962 bis 1964 studierte er an der Werkkunstschule Darmstadt, die sich auch an den Ideen der Bauhaus-Meister Johannes Itten und László Moholy-Nagy orientierte, sich im Vorkurs zunächst mit Material, Formen, Farben und der eigenen Kreativität auseinanderzusetzen. Später wechselte er an die Düsseldorfer Kunstakadmie in die Klasse von Joseph Beuys.

Künstler Imi Knoebel vor mehreren Bilder mit farbigen Mustern
Der Minimal-Art-Künstler Imi Knoebel stammt aus Dessau. Bildrechte: picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte

Im Bestreben, die Kunst von konkreten Inhalten oder Funktionen zu befreien, schuf er Installationen, von Malewitsch inspirierte monochrome Tafelbilder, arbeitete mit Licht-Projektionen und kreierte umfangreiche Dia- und Foto-Serien.

Zugleich engagierte er sich politisch und sozial, sein "Kinderstern" geht seit 1988 in immer neue Auflagen, um Spenden einzuwerben, die in Projekte für Kinder in Not fließen. Ihm wurde die Ehre zuteil, Buntglasfenster für die Kathedrale im französischen Reims zu gestalten, zum 800. Jubiläum der Krönungskathedrale 2011, ein Nationalheiligtum, das im Ersten Weltkrieg von den Deutschen zerstört wurde. Imi Knoebel lebt und arbeitet bis heute in Düsseldorf. Er ist Ehrendoktor der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Francis Hunger

Für Kunst auf der Höhe der Zeit interessiert sich auch Francis Hunger, der 1976 in Dessau geboren wurde. Ihn treibt die Frage um, wie KI kreative Prozesse beeinflusst. Hunger studierte von 1997 bis 2003 Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig. Seine kreative Arbeit, Performances und Installationen, speist sich aus seinen medientheoretischen Forschungen.

In seiner Promotion an der Bauhaus-Universität Weimar beschäftigte er sich mit Datenbanktechnologien und -praktiken. Sie mit KI zu erschließen, sieht er auch als kreativen Prozess. Denn aus der Analyse großer Datenmengen ergibt sich eine Art "Schnappschuss der gegenwärtigen Kultur, in der sich ein kollektives Unbewusstes abbildet", wie er in einem Interview erklärte. Hunger ist tätig als Autor und Kurator. Er lebt in Leipzig.

Geschichte

Leopold III., Herzog von Anhalt Dessau

Sein Vater, der Alte Dessauer, führte in der preußischen Armee den Gleichschritt ein. Leopold III., geboren am 3. Juli 1676, lag mehr an menschenfreundlichen Reformen. Er diente zunächst im Regiment seines Vaters und kämpfte für Friedrich II. von Preußen im Siebenjährigen Krieg. 1758 übernahm er die Herrschaft als Herzog von Anhalt Dessau und widmete sich dem Wiederaufbau des kriegsversehrten Landes. Von Nutzen waren ihm Erfahrungen, die er auf Bildungsreisen gemeinsam mit seinem Architekten und Berater Friedrich Wilhelm Erdmannsdorff gesammelt hatte.

Heute gilt Leopold III. als Paradebeispiel des "aufgeklärten Herrschers". Er holte den Hamburger Gelehrten Johann Basedow ins Land, der mit dem Philanthropinum eine "Schule der Menschenfreunde" einrichtete, auf Freigeist und Individualität setzte und gegen den Einfluss der Kirche wettterte. Für ihn gehörten Schulen unter staatliche Aufsicht. Neben einer Bildungsreform lag ihm die Armenfürsorge am Herzen, er trat ein für religiöse Toleranz und gewährte Zensurfreiheit. Auch das erste Dessauer Theater geht auf ihn zurück.

Krokuswiese, Gotisches Haus, Wörlitzer Park
Das Gotische Haus im Wörlitzer Park im Frühling: Hier lebte Leopold III. einst mit der Gärtnerstochter in wilder Ehe. Bildrechte: IMAGO/imagebroker

Mit dem Wörlitzer Park holte er nicht nur die englische Gartenkunst auf den Kontinent, zugleich wurden dort Landwirtschaftsmessen durchgeführt, um zu zeigen, wie man Erträge verbessert. Zutritt ins "Gartenreich" sollten alle haben. Im Gotischen Haus lebte der Herzog mit der Gärtnerstochter in wilder Ehe. Diese und andere Geschichten lassen sich erkunden beim Besuch im Dessau-Wörlitzer Gartenreich, das seit 2000 Welterbe ist und von einer Stiftung verwaltet wird.

Moses Mendelssohn

Sie waren Philosophen, Unternehmer, Komponisten und machten Geschichte über fünf Generationen: Am Anfang stand der jüdische Philosoph Moses Mendelssohn, der am 6. September 1729 in Dessau geboren wurde. Trotz der ärmlichen Verhältnisse zuhause wurde er sorgfältig ausgebildet, u.a. vom Dessauer Oberrabbiner David Fränkel, der ein einflussreicher Gelehrter war.

Mendelssohn galt als hochbegabt und interessierte sich früh für die Philosophie. Seinen Lebensunterhalt verdiente er zunächst als Hauslehrer und Buchhalter in Berlin, ehe er selbst zu publizieren begann. Vermittelt auch von Gotthold Ephraim Lessing. Dem Pfarrerssohn und Dichter war er 1754 begegnet, in seinem berühmten Stück um religiöse Toleranz setzte Lessing dem Aufklärer 1779 als "Nathan der Weise" ein Denkmal.

Gemälde des Philosophen Moses Mendelssohn
Der jüdische Philosoph Moses Mendelssohn schaffte den Aufstieg aus ärmlichen Verhältnissen dank Bildung. Bildrechte: picture alliance / akg-images | akg-images

In seinen Schriften plädierte Mendelssohn für ein modernes, weltoffenes Judentum und forderte von der christlichen Mehrheit Gleichberechtigung. Bildung sah er als Weg dahin. Mit seiner Frau Fromet bekam er zehn Kinder, nur sechs erreichten das Erwachsenenalter. Sein Sohn Abraham ist der Vater des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy. Moses Mendessohn starb am  4. Januar 1786 in Berlin. In Dessau erinnert ein Denkmal im Stadtpark an ihn.

Eigenrecherche MDR KULTUR / Redaktionelle Bearbeitung: Katrin Schlenstedt, Thilo Sauer

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Lebensläufe | 21. März 2024 | 23:10 Uhr

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