Besucher der Gemäldegalerie - Alte Meister - bestaunen Raffaels Sixtinische Madonna
Raffaels "Sixtinische Madonna" in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister Bildrechte: imago/momentphoto/Robert Michael

Kurz erklärt Warum die Sixtinische Madonna eine Dresdner Ikone ist

25. August 2022, 08:12 Uhr

Erst die Mona Lisa im Pariser Louvre, jetzt die Sixtina im Dresdner Zwinger: Zwei Klimaaktivisten haben sich am Dienstag in der Gemäldegalerie Alte Meister an Raffaels "Sixtinischer Madonna" festgeklebt. Nach Angaben der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) wurde der Rahmen des Gemäldes dabei beschädigt, das Kunstwerk selbst aber nicht. Die Gemäldegalerie Alte Meister wurde nach dem Vorfall geschlossen. Wir erklären kurz, um was für ein Bild es hier eigentlich geht.

  • Raffaels "Sixtinische Madonna" gehört zu den bedeutendsten Werken der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden – vergleichbar mit der Mona Lisa in Paris.

  • Hunderttausende kommen jährlich in die Gemäldegalerie Alte Meister, um die "Sixtinische Madonna" zu sehen. Vor den pandemiebedingten Besuchereinbrüchen waren es laut SKD rund 380.000 im Jahr 2018 und rund 315.000 im Jahr 2019.

  • Den großen Wert dieses Gemäldes in Zahlen auszudrücken, ist nicht möglich, so die SKD.

Die "Sixtinische Madonna" von Raffael ist eines der berühmtesten Gemälde der italienischen Renaissance – mit einer sehr bewegten Geschichte. Gemalt wurde das Marienbildnis 1512/1513 für den Hochaltar der Klosterkirche San Sisto in Piacenza im Auftrag von Papst Julius II.. Nach zwei Jahre währenden Verhandlungen und der Zahlung einer immensen Summe – 25.000 Scudi romani – konnte August III. von Sachsen 1754 das Bild sein Eigen nennen. Im Pferdewagen kam es über die Alpen an den Sächsischen Hof. August III. hatte bereits zahlreiche Meisterwerke bedeutender Künstler erworben, aber es fehlte ein Werk des berühmten Raffael, deshalb war er bereit, die seinerzeit unerhört hohe Summe zu zahlen.

Sixtina: Kultisch verehrt und Werbeträger

Die zwei Engel blicken in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden vom unteren Rand der Sixtinischen Madonna von Raffael.
Die zwei Engel sind beliebte Werbeträger. Bildrechte: picture alliance / dpa | Matthias Hiekel

Mit der öffentlichen Präsentation der "Sixtinischen Madonna" in der Gemäldegalerie in Dresden begann laut den SKD gegen 1800 die Auseinandersetzung mit dem Werk in Literatur, Kunsthandwerk, Fotografie und Musik. Als Altarbild für eine Klosterkirche geschaffen, sei die "Sixtina" nicht wegen ihrer tief religiösen Bedeutung, sondern wegen ihrer besonderen künstlerischen Qualität und Ästhetik während der Zeit der Aufklärung und Romantik zu einer "Ikone des bürgerlichen Geniekults geworden". Man habe ihr eine "große moralische Wirkung" zugeschrieben.

Getragen vor allem durch die Begeisterung der Romantiker wurde die Madonna zum Objekt geradezu kultischer Verehrung. Früh entdeckten die Andenken- und die Werbeindustrie die beiden Engel am unteren Bildrand für ihre Zwecke.

Die Sixtinische Madonna.
Bildrechte: SKD/Estel/Klut

Die Sixtina: Was das Madonnenbildnis zeigt Aus dem Himmel kommend, schreitet die Gottesmutter Maria auf die Betrachterinnen und Betrachter, also auf uns Menschen zu. Sie trägt ihren Sohn im Arm, der sich seines Schicksals der Kreuzigung bewusst ist, die er auf der Erde erleiden wird. Beider Gesichter scheinen vom Schrecken der Vorahnung geprägt.

Während des Raffael-Jubiläums 2020 wurden in der Gemäldegalerie mit der Aufstellung eines Kruzifixes im Sixtina-Saal – so wie einst in der Klosterkirche San Sisto in Piacenza – die ursprünglichen theologische Bedeutungsebenen dieses Altargemäldes erläutert und die Botschaft des Bildes vermittelt.

Quelle: SKD

Bewegte Geschichte als Beutekunst

Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) wurde das Bild in die Festung Königstein ausgelagert. Im Zweiten Weltkrieg wurde die "Sixtina" wie viele andere Schätze der Dresdner Kunstsammlungen evakuiert und in einem Eisenbahntunnel in Groß-Cotta bei Pirna in Sicherheit gebracht. Von der sowjetischen Trophäenkommission bei Kriegsende beschlagnahmt, wurde das Gemälde genauso wie der "Zinsgroschen" von Tizian oder die "Schlummernde Venus" von Giorgione und viele weitere Schätze als Beutekunst nach Moskau verbracht. Erst zehn Jahre später erfolgte die Rückführung.

Gemalt im Auftrag des Papstes

Wie viele große Kunstwerke geht die Sixtinische Madonna auf ein historisches Ereignis zurück: Papst Julius II. gab das Gemälde 1512 in Auftrag, um den Sieg der Truppen des Kirchenstaates über die ins Land eingefallenen Franzosen zu feiern. Weil mit dem Sieg ein Gebietszuwachs verbunden war, nämlich die Stadt Piacenza mit der Klosterkirche San Sisto, lag der Aufstellungsort des neuen Werkes nahe: an der Wand des Hochaltars in ebendieser Kirche, hinter dem Kreuz.

Kunst und Klima: Aktionen auch in Paris oder Florenz

*Die Aktion der Initiative "Letzte Generation" sollte ein Protest gegen die Klimapolitik der Bundesregierung sein. "Alles, was uns lieb ist, wird durch die Klimakatastrophe zerstört werden", heiß es in einer Mitteilung. Es müsse sofort gehandelt werden.
*Vergleichbare Aktionen hatte es schon in anderen europäischen Museen gegeben.
*Im Juli etwa klebten zwei Umweltschutzaktivisten in den Uffizien in Florenz ihre Handflächen an die Panzerglasscheibe über einem Gemälde von Sandro Botticelli. In Museen in Glasgow, Manchester und London gab es im Juli zudem Vorfälle, bei denen Aktivisten ihre Hände an Bilderrahmen fixierten.
*Die SKD verwiesen nach dem Vorfall darauf, dass sich die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden "aktiv für Konzepte der Nachhaltigkeit – Stichwort "Grünes Museum" – engagieren". Zudem setzten sich die SKD in ihrem Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm mit dem Klimawandel aktiv auseinander. Ein Beispiel sei die letzte Kinderbiennale unter dem Titel "Embracing Nature" im Japanischen Palais oder die Nachhaltigkeits-AG des Museumsverbundes.

Quelle: SKD / MDR; redaktionelle Bearbeitung: Katrin Schlenstedt

Sachsens Kunstschätze in der Dresdner Gemäldegalerie

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 23. August 2022 | 15:30 Uhr