Letzte Hoffnung: Gerichtshof für Menschenrechte

Wer wie die 78-jährige Bukaresterin fast 15 lange Jahre vor Gericht gezogen ist, braucht nicht nur Ausdauer und Geld, sondern auch eine gehörige Portion Glück, meint die Politologin Dobre, die zahlreiche Rückgabe-Prozesse untersuchte: "Die Gesetzgebung war so paradox, dass sie für beide Seiten ausgelegt werden konnte. Damit hing es ab, an welchen Richter man geriet: Ob er die Alteigentümer stärken wollte oder die Neueigentümer." Fast 3.000 Alteigentümer - und damit nur ein Bruchteil aller Betroffenen - wehrte sich gegen diese willkürliche Rechtsprechung und zog vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Auch Poenaru war unter den Klägern in Straßburg, wo sie sich mehr Gerechtigkeit erhoffte. Sie weiß, dass sie damit  zu den Privilegierten gehört: "Die meisten Leute haben gar nicht das Geld, um zu prozessieren und darauf setzt doch unser Genosse Staat."

Angesichts der Klageflut aus Rumänien zog der Europäische Gerichtshof in Straßburg schließlich die Notbremse und verlangte von Bukarest, die vertrackte Rechtslage zu korrigieren. Immerhin: Das jüngste Gesetz sieht seit 2013 für die Rückgabe konkrete Fristen vor. Kann das Eigentum nicht in natura zurückgegeben werden, sollen im Gegenzug staatliche Grundstücke und Immobilien oder eine Wert-Auszahlung in Raten angeboten werden. Staatssekretär George Băeşu, Chef der Nationalbehörde zur Rückgabe von Eigentum (ANRP), eine Art rumänischer Treuhandgesellschaft, hofft damit auf eine zügige Entschädigung: "Wir haben einen energischen politischen Willen und einen jungen, entschlossenen Premier, der nicht will, dass seine gesamte politische Karriere vom Rückgabe-Probleme geprägt wird." Doch noch warten nach ANRP-Angaben rund 40.000 Alteigentümer auf eine Entscheidung der Behörde, die mit den Anfragen hoffnungslos überfordert ist. Rückgabe-Experten befürchten, dass frühestens im Jahr 2032 alle Fälle abgeschlossen sind. Hätte Poenaru noch so lange warten müssen, wäre sie 95 Jahre.