Ein serbisches Dorf und seine Liebe zu Putin
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13. März 2018, 11:58 Uhr
Die Einwohner von Putinovo haben ihr Dorf nach dem russischen Präsidenten benannt, weil sie finden, dass nur er für Frieden in der Welt sorgen kann. Von der EU fühlen sie sich hingegen vergessen.
Goran Petronijewic öffnet das große Scheunentor, die ersten Lichtstrahlen, die in den Raum fallen, erhellen ein Porträt des russischen Präsidenten an der Wand. "Willkommen in der Gaststube von Putinovo", ruft Petronijewic mit einer einladenden Geste und bittet Gäste und Dorfbewohner hinein.
In der Scheune stehen ein paar Tische und Bänke aus grobem Holz, ein Ofen in der Ecke, auf den Regalen an der Wand Bücher auf Serbisch, Russisch und Deutsch. Und natürlich jede Menge Bilder des Mannes, den sie hier so verehren:
Wladimir Putin ist eine Schlüsselfigur in der Weltpolitik. Er hat es geschafft, mit seiner Politik den amerikanischen Globalismus aufzuhalten und dank ihm wird es weniger Kriege geben. Davon sind wir überzeugt.
Die Umbenennung erfolgte per Zweidrittelmehrheit
Wir, das sind die rund 50 Einwohner des einstigen Dorfes Adzince im Süden Serbiens - dem heutigen Putinovo. Vor ein paar Jahren kamen sie auf die Idee, ihr Dorf umzutaufen. Die Entscheidung dazu wurde natürlich per Zweidrittelmehrheit getroffen. Alle Männer, die rund um den Holztisch Platz genommen haben, nicken stolz. Demokratie sei ihnen wichtig, betonen sie. Milutin Petrusic - Arbeitskleidung, rote Mütze auf dem kahlen Kopf - wurde beauftragt, ein Ortsschild zu schnitzen. Und fertig sei der Staatsakt gewesen.
Die Männer lachen noch immer laut, wenn sie diese Geschichte erzählen, denn seit ihrer Aktion sind Dutzende Journalisten und Kamerateams durch das 50-Seelen-Dorf gezogen und haben für ein bisschen Abwechslung gesorgt. "Früher, als ich Kind war, hatte dieses Tal ungefähr 1.200 Einwohner. Nach dem Zweiten Weltkrieg und in den 70er-Jahren nach der Industrialisierung wurden die Menschen in die Fabriken gebracht und die Dörfer verwaisten", erzählt Petronijewic. Auch er selbst arbeitet in der Hauptstadt Belgrad, kommt nur am Wochenende und in den Ferien in sein Heimatdorf.
Mit allen Seiten befreundet sein
Die Menschen hier leben von der Landwirtschaft und den wenigen Tieren, die sie besitzen. Viel wächst hier oben nicht. Jetzt im Winter sind sie manchmal vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten, dann ist der einzige Pfad, der von der Hauptstraße hoch zum Dorf führt, vereist. Doch sie klagen nicht. Sie lieben ihre Heimat. Auch die Interpretation, sie wollten lieber zu Russland gehören, sei schlicht nicht richtig, wehrt sich Petrusic und rückt seine Mütze zurecht.
"Nein, wir Serben sind ein eigenes Land in Europa. Und so soll es bleiben. Wir wollen uns weder Richtung Amerika noch Richtung Russland orientieren. Wir wollen mit allen Seiten befreundet sein, mehr nicht." Die Männer geben ihm recht und greifen nach den großen Tellern mit hausgeschlachteter Wurst und sauer eingelegtem Gemüse vor sich.
Wenn Putin kommt, wird ein Lamm geschlachtet
Und dann träumen sie noch ein bisschen davon, dass Putin höchstpersönlich eines Tages ihr Dorf besuchen könnte. "Er weiß natürlich davon, dass wir uns nach ihm benannt haben", sagt Petronijewic. Das russische Staatsfernsehen sei schließlich auch schon dagewesen. Diese Gelegenheit hätten die Putinover genutzt und dem russischen Präsidenten eine offizielle Einladung ausgesprochen.
Wir hoffen, dass er kommt. Dann schlachten wir ein Lamm, wie es üblich ist bei uns.
Schallendes Gelächter bricht aus am Tisch. Auf diese Vorstellung müssen sie erst einmal anstoßen. Die Männer heben die kleinen Gläser, prosten sich zu, trinken aus und schenken sogleich nach aus dem großen Fass mit der Aufschrift "Putinovka". Denn auch das solle Putin wissen: Zu seinem Festtagslamm bekäme er natürlich auch den passenden Schnaps.
Über dieses Thema berichtet der MDR auch im TV: HEUTE IM OSTEN: Reportage | 17.03.2018 | 18:00 Uhr