Back to the USSR?
Die EAWU wird im Westen oft als "Rückkehr zur Sowjetunion" kritisiert. Ende 2012 erzählte Hillary Clinton, damals noch US-Außenministerin, von der Absicht der USA, den Integrationsprozess auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion zu torpedieren: "Wir beobachten in der Region einen gewissen Rutsch Richtung Re-Sowjetisierung, wobei es natürlich so nicht heißen wird. Dies wird die Zollunion, die Eurasische Union oder so ähnlich heißen. Wir wissen, was das Ziel ist, und wir versuchen, effektive Maßnahmen zu entwickeln, um dessen Erreichen zu verlangsamen oder zu verhindern."
Die politischen Anführer der Union sehen diese "Re-Sowjetisierungsgefahr" gar nicht. Der Präsident von Belarus, Lukaschenko, spricht Klartext: "Politische Unabhängigkeit, Souveränität, Stabilität des Landes - das ist das Entscheidende. Wir wollen unabhängige und souveräne Staaten bleiben." Ihm stimmt 2013 der Präsident Kasachstans, Nursultan Nasarbajew, zu: "Die Politisierung der zu gründenden Union (EAWU) ist inakzeptabel" und fügt hinzu: "Solche Bereiche wie Grenzschutz, Migrationspolitik, Verteidigung und Sicherheit sowie Gesundheit, Bildung, Kultur, Rechtshilfe in Zivil-, Verwaltungs- und Strafsachen gehören nicht zur wirtschaftlichen Integration und werden nicht auf eine Wirtschaftsunion übertragen werden."
Also, die EAWU bleibt bei der Wirtschaft und lässt Politik außen vor. Der Rektor der Sankt-Petersburger Universität, Viktor Jefimow, sagt: "Die europäische Erfahrung ist sehr wichtig aus der Sicht, wie man solche Allianzen nicht schaffen darf. Dies sind sowohl die traurigen Folgen der Bildung der Europäischen Union als auch der Schaffung einer neuen Währung - die des Euro."
Apropos gemeinsame Währung der EAWU: Sie könnte "Altyn" heißen. Das Wort ist nicht Slawisch, sondern kommt aus den Turksprachen, die sowohl in Russland als auch in mehreren asiatischen Republiken gesprochen werden, und bedeutet "goldig". Ihre Einführung ist, so Fachleute, nicht vor 2022 zu erwarten. Bis dahin gehe es nach Nasarbajew nur um die intensivere Nutzung der nationalen Währungen (nicht des Dollar oder Euro) im gemeinsamen Handel.
(Veröffentlicht: Februar 2015)
Biografie
Viktor Timtschenko, geboren 1953, studierte in Kiew Journalistik. 1990 siedelte er nach Deutschland über und arbeitete als Redakteur der ersten unabhängigen Zeitung der DDR, "DAZ".
Von 2000 bis 2005 war er Redakteur der Deutschen Welle in Köln. Seither lebt Timtschenko als freier Journalist und Autor in Leipzig. 2009 veröffentlichte er sein Buch "Ukraine. Einblicke in den neuen Osten Europas".