Eurovision Song Contest Ukrainische Sängerin verzichtet auf ESC
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26. Februar 2019, 15:21 Uhr
Die ukrainische Sängerin Maruv hat ihre Teilnahme am Eurovision Song Contest abgesagt. Hintergrund sind politische Zwistigkeiten um ihre Auftritte in Russland. Doch wer wird nun die Ukraine im Mai beim ESC-Finale in Tel Aviv vertreten?
Der Eurovision Song Contest (ESC) wird erneut vom ukrainisch-russischen Konflikt überlagert. Wie bereits am Montag bekannt wurde, will die ukrainische Sängerin Maruv nicht zum Wettbewerb fahren, der dieses Jahr in Tel Aviv ausgetragen wird.
Maruv: "Kein Werkzeug im politischen Spiel"
Die 27-jährige Künstlerin hatte am Samstag den Vorentscheid mit ihren sinnlichen "Sirenen Song" (Siren Song) für sich entschieden. Doch konnte sie sich im Anschluss mit dem ukrainischen Sender NTKU nicht einigen, wie sie die Rolle als Repräsentantin des Landes ausfüllen soll. Der Sender warf Maruv vor, sie würde nicht als "Kulturbotschafterin der Ukraine" und "Sprachrohr der öffentlichen Meinung der Ukraine" auftreten wollen.
Die Künstlerin erklärte dagegen, sie sei nicht bereit, sich politisch einspannen zu lassen. "Ich bin Musikerin und kein Werkzeug im politischen Spiel", schrieb sie auf Instagram. Laut ihren Angaben waren ihr im Vertrag Auftritte in Russland untersagt worden. Maruv will im April aber mehrere Konzerte in Moskau und St. Petersburg geben.
Drakonischer Vertragsentwurf?
Doch Maruv geht es offenbar weniger um die Auftritte in Russland. Die Künstlerin, die mit bürgerlichen Namen Hanna Korsun heißt, erklärte, sie habe sich aus anderen Gründen gegen den Vertragsentwurf des Senders entschieden. Er sei einfach zu drakonisch gewesen. Die junge Frau hätte keine Interviews geben dürfen - ohne sich nicht zuvor mit dem Sender abgesprochen zu haben. Die Rechte an ihrem Song, der am Samstag klarer Publikumsliebling war, hätte sie vollständig abtreten müssen.
Maruv hat solche Auflagen gar nicht nötig. Im vergangenen Jahr feierte sie ihren europaweiten Durchbruch mit dem Hit "Drunk Groove". Das Musikvideo zum Song wurde inzwischen auf YouTube fast 90 Millionen Mal abgerufen. Nun hätten ihr, im Falle von Vertragsverletzungen, hohe Geldstrafen gedroht. Der ukrainische Sender verteidigte, solche Vertragsbedingungen seien durchaus üblich.
Auftritte in Russland längst bekannt
Dass die Sängerin, die früher in der ostukrainischen Stadt Charkiw lebte, kein Problem damit hat, durch Russland zu touren, ist seit langem bekannt. Im vorigen Jahr war sie beispielsweise im staatlichen russischen Fernsehen in einer beliebten Late-Night-Show zu sehen. Teile der ukrainischen Zivilgesellschaft sehen die Auftritte beim politischen Gegner aber mit Argwohn.
Auch die ukrainische Unterhaltungsbranche ist in dieser Frage gespalten. Der bekannte Fernsehmoderator und Komiker, Serhij Prytula, der seit Jahren den ESC-Vorentscheid moderiert, sagte jetzt, Künstler, die in Russland auftreten, sollten beim Vorentscheid gar nicht erst antreten dürfen. Schließlich sei Russland "ein Aggressor". Doch hätte man das im Vorfeld des Auswahlverfahrens klären müssen und nicht jetzt, argumentierte Prytula.
Wer vertritt Ukraine nun?
Der für Kultur zuständige Vize-Regierungschef Wjatscheslaw Kirilenko warf Russland vor, hinter dem Streit zu stehen. Auf Twitter schrieb er, eine Künstlerin, die in dem Staat auftrete, der die Ukraine angegriffen habe, könne ihre Heimat nicht vertreten. Wer nun an Maruvs Stelle im Mai in Israel antreten wird, ist bislang unklar. Der ukrainische NTKU-Sender führte jetzt neue Verhandlungen. So ist nicht auszuschließen, dass nun der Zweitplatzierte des Vorentscheids, die Band Freedom Jazz, zum ESC-Finale geschickt wird.
Nicht der erste Zwischenfall
Die russisch-ukrainischen Streitigkeiten sorgen nicht zum ersten Mal für einen Eklat im Vorfeld des Eurovision Song Contest. Vor zwei Jahren hatte die Ukraine - damals als Gastgeberland des ESC - der russischen Kandidatin Julia Samoilowa die Einreise verweigert. Sie hatte 2015 ein Konzert auf der von Russland annektierten Krim-Halbinsel gegeben hatte. Im Streit verzichtete Russland schließlich auf seine Teilnahme am internationalen Musikwettbewerb.
(Denis Trubetskoy/amue/AFP)
Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL auch im: Radio | 26.02.2019 | 06:45 Uhr