Der Unternehmer Ludwig Koehne: "Meine Abteilung Abwicklung war nichts Anderes als Insolvenzabwicklung"
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11. Februar 2019, 16:49 Uhr
Das Unternehmen "Kirow Leipzig" ist Weltmarktführer für Eisenbahnkrane. Ludwig Koehne hat den ehemaligen VEB mit einstmals 3.000 Mitarbeitern nach der Wende übernommen und zu einem der wenigen Leuchttürme im Osten gemacht.
"Es war ein fremder Planet"
Das Unternehmen "Kirow Leipzig", gegründet Ende des 19. Jahrhunderts, in der DDR "Volkseigener Betrieb" mit 3.000 Mitarbeitern, ist Weltmarktführer für Eisenbahnkrane. Ludwig Koehne ist der Geschäftsführer des Unternehmens. Er ist Anfang 20 als die Mauer fällt und einer der ersten, die vom Westen in den Osten ziehen. "Westdeutschen war der Osten sehr fremd, wir sagten Dunkeldeutschland. Es war ein fremder Planet."Seine Karriere im Osten beginnt Koehne als junger Uni-Absolvent zunächst bei der Treuhand, Abteilung Abwicklung. Dort erlebt er die Privatisierung der ehemaligen "Volkseigenen Betriebe" hautnah mit. Es wird ein regelrechter Ausverkauf. Über die Arbeit der Treuhand sagt Koehne rückblickend: "Das war zu kurzfristig und nicht unternehmerisch angelegt. Es war von vornherein auf Zerschlagung angelegt. Meine Abteilung Abwicklung war nichts Anderes als Insolvenzabwicklung." Die meisten Entscheider-Stellen im Osten seien von Westdeutschen besetzt worden, die Konkurrenz im Osten gar nicht erst aufkommen lassen wollten und kein Interesse daran gehabt hätten, die Unternehmen im Osten aufzubauen, erzählt Koehne weiter. Gleichzeitig soll die ostdeutsche Wirtschaft damals westdeutsch werden, die Löhne verdoppeln sich. Die Produktion bricht zusammen, bis 1991 geht sie um mehr als 70 Prozent zurück, Arbeitslosigkeit grassiert.
Für eine D-Mark
Trotz De-industrialisierung und Unsicherheit greift Koehne zu. Für eine symbolische D-Mark kauft er den Betrieb Kirow. Er bekommt Zuschüsse von der Treuhand und baut das Unternehmen auf, zwar mit deutlich kleinerer Belegschaft, aber er glaubt an einen Erfolg. Ludwig Koehne kämpft für jeden Auftrag und mit Kostensteigerungen. "Wir haben 23 Jahre dafür gebraucht, halbwegs stabil zu stehen, das ist schon ganz schön lang. Das ist ein halbes Berufsleben", sagt er heute.
Einer der wenigen Leuchttürme
Kirow Leipzig ist einer der wenigen Leuchttürme in Ostdeutschland. Die Wirtschaft in den neuen Bundesländern ist bis heute deutlich schwächer als im Westen. Viele Betriebe sind nur verlängerte Werkbänke von Unternehmen, die ihren Sitz in Westdeutschland oder im Ausland haben. In Zahlen zeigt sich das am Bruttoinlandsprodukt. Bis heute erwirtschaftet Westdeutschland den deutlich größeren Teil, Ostdeutschland hinkt hinterher: 1991 lag der dort erwirtschaftete Anteil am deutschen Bruttoinlandsprodukt bei 6,8 Prozent, heute sind es gerade einmal 4 Prozent mehr.
Über dieses Thema berichtet der MDR auch im TV: Wer bezahlt den Osten? | 12.02. & 19.02. & 26.02.2019 | 22:05 Uhr