Wie Rechtsextremisten ködern Von Nazirock, Heimatseiten und Schulhof-CDs
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05. Januar 2016, 09:32 Uhr
Für den modernen Rechtsextremismus ist Musik heute eines der wichtigsten Rekrutierungselemente. Das Bundesamt für Verfassungsschutz schreibt, dass "viele Jugendliche" explizit über Musik ihren "Einstieg in die rechtsextremistische Szene" gefunden haben. Der Kampf gegen rechtsextreme Musik habe daher "bei den Sicherheitsbehörden Priorität".
Auffallend ist in den vergangenen Jahren, dass zur Skinhead-Musik-Kultur und den rechten Liedermachern, die in den Neunzigern die rechtsextremistische Szene geprägt haben, zahlreiche andere Jugendkulturen gefunden haben. Auch ihre subkulturell-typischen Stilelemente werden mit rechtsextremen Inhalten überfrachtet. Beispielhaft hierfür stehen Entwicklungen an den Rändern der Dark Wave-, Black Metal-, und auch der Hardcore-Szene. In diesem Zusammenhang warnt der sächsische Verfassungsschutz, dass "durch die unterschiedlichen Musikstilrichtungen" die politischen Inhalte "auch für bisher unpolitische Jugendliche und Anhänger anderer Sub- und Jugendkulturen interessant" würden.
Mit der zunehmenden Vermischung mit neuen Subkulturen ist auch das inhaltliche Spektrum des Rechtsextremismus gewachsen. So haben die aktuellen Einflüsse des Hardcore zu einer massiven Zunahme antiglobalistischer und ökologischer Inhalte geführt. Auf der anderen Seite verliert der rechte Teil durch Springerstiefel und Glatze geprägte Teil der Skinhead-Subkultur durch sein wohl auch selbst definiertes Außenseitertum für die rechtsextreme Szene an Bedeutung.
Rechte machen Kasse
Die Zahl der Szenevertriebe, die in Deutschland von einer breit gefächerten Musikszenerie leben kann, bleibt auf einem hohen Niveau. Im Jahr 2010 zählt das Bundesamt für Verfassungsschutz rund 87 Firmen, die vom Verkauf rechtsextremistischer Devotionalien leben. Im Jahr 2005 waren es lediglich noch 75. Der Sozialwissenschaftler Thomas Pfeiffer schätzt auf einem Workshop des Berliner Verfassungsschutzes den jährlichen Umsatz des amerikanischen Marktführers Resistance Records jährlich auf "ca. 1,1 Millionen Euro pro Jahr bei einem Jahresverkauf von ca. 70.000 CDs".
Den Jahresumsatz der deutschen Marktführer wie dem V7-Versand aus Grevesmühlen oder dem Wikingerversand in Geiselhörig beziffern Experten auf weit mehr als 500.000 Euro, wobei der Verkauf von rechten Kleidungsmarken, Band-T-Shirts sowie weiteren Merchandisingprodukten und Accessoires das Volumen des CD-Verkaufs bisweilen übersteigt.
Literaturtipp:
- Senatsverwaltung für Inneres Berlin, Abteilung Verfassungsschutz: Rechtsextremistische Skinheads, Berlin 2003, S. 68
- Christian Dornbusch/Jan Raabe: RechtsRock - Made in Thüringen, Erfurt 2006, S. 52