Rechtsextremismus Wie Nazis kommunizieren
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05. Januar 2016, 09:31 Uhr
Rechtsextremisten wähnen sich in einem permanenten Abwehrkampf gegen "fremde Einflüsse". Um das Deutschtum, das angeblich von internationalen Kräften bedroht ist, sorgen sie sich besonders. Neben der Angst der Neonazis vor der sogenannten "Überfremdung" durch Zuwanderung gilt ein zweites Augenmerk auch der "sprachlichen und kulturellen Bedrohung der Heimat" durch fremde Einflüsse. Außerdem bedienen sie sich eigener Codes - nicht selten, weil die Übersetzung einiger dieser Codes verboten ist.
Inhalt des Artikels:
Rechtsextreme Begriffe | Fach-Bezeichnung | |
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Rechte unter sich - Abgrenzung von Andersdenkenden
Sprache stiftet Zusammengehörigkeit. Aus diesem Grund hat die Szene ein eigenes Vokabular entwickelt, mit dem sich Rechtsextremisten vom Mainstream absetzen wollen. Anhänger der internationalen rechtsextremen Szene bedienen sich bestimmter Wörter, aber auch Symbole und Zeichen, um ihre Gesinnung in die Öffentlichkeit zu tragen. Diese finden sich dann auf Autokennzeichen, Kleidung oder als Tattoos. Symbole dienen dabei dem schnellen Wiedererkennen, stellen also einen gruppen- und länderübergreifenden Code dar. Mitunter sind die Codes auch nötig, um verbotene Symbole oder Grußformeln zu ersetzen. Auch wenn die Staatsorgane mittlerweile genau wissen, was mit einzelnen Codes gemeint ist, können sie rechtlich nicht gegen einen Zahlencode vorgehen. Auf der anderen Seite ist ein weiteres Ziel von rechten und rechtsextremen Kreisen, Schlagwörter zu prägen und in die öffentliche Wahrnehmung einzubringen. Die häufige Aufschrift auf Autos "Todesstrafe für Kinderschänder" ist ein Beispiel dafür. Auch die Beschreibung "Gutmensch" für Menschen, die sich gegen Rassismus und für soziale Gerechtigkeit einsetzen, stammt ursprünglich aus der rechtsextremen Szene. Die Köpfe der Neonaziszene werten es als Erfolg, wenn eines "ihrer" Wörter den Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch hält.
Szene-Kleidung und Neonazi-Marken
Das gleiche Spiel zeigt sich nach wie vor an der Kleidung der Szene. Es gibt einige Modemarken, die von und für Rechtsextremisten hergestellt werden. Sie nutzen Chiffren, um ihre Einstellung zur Schau zu tragen, ohne Strafverfahren zu riskieren. Der Name der Marke Consdaple wurde so gewählt, dass beim Tragen eines Shirts mit entsprechendem Firmenlabel bei offener Jacke nur die Abkürzung der Partei der Nationalsozialisten, NSDAP, zu sehen ist. Bei Lonsdale ist es ähnlich - man sieht dann "NSDA". Dennoch war das oft mit Rechten in Verbindung gebrachten Label Lonsdale, aber zum Beispiel auch Fred Perry und New Balance nie Nazimarke im herkömmlichen Sinne. Mitunter sind solche Firmen, die plötzlich ohne eigenes Zutun von Neonazis getragen wurden, dadurch in Verruf geraten. Die Brandenburger Modemarke Thor Steinar spielt wiederum mit Runen und einschlägigen NS-Symbolen. Die Firmeninhaber behaupten, unpolitisch zu sein, doch die Kleidung ist fast ausschließlich in einschlägigen Nazi-Läden oder Online-Shops zu erhalten und in der Szene sehr beliebt.
Abgrenzung und Identität
Insbesondere die Abgrenzung von Linken, Juden, Migranten und staatlichen Stellen durch eigene Vokabeln, spezielle Kleidung oder Tätowierungen trägt zu einer Identitätsbildung bei. Darüber hinaus fördert eine gemeinsame Sprach- und Stilbildung auch Elitedenken und eigene Erlebniswelten. Wie jede Sprache ist auch die Sprache der Rassisten und Neonazis Wandlungen unterworfen. Werden einige Codes zu bekannt, werden sie kaum noch verwendet oder es kommen neue hinzu. Im folgenden sind einige Beispiele zu finden.
Rechtsextreme Schmähungen
- Schmutz - Wird in der rechtsextremistischen Szene genutzt, um Mitarbeiter des Verfassungsschutzes zu diffamieren
- Systemknechte/Systemschergen - Wird in der rechtsextremen Szene als Beschimpfung für Bedienstete des Staates genutzt, vorzugsweise für Vollstreckungsorgane der wehrhaften Demokratie wie der Polizei oder Jugendschutzbehörden
- Wigger – Der Begriff Wigger wird in der rechtsextremistischen Szene für Menschen genutzt, die eine weiße Hautfarbe haben und sich für ein multi-ethnisches Zusammenleben stark machen oder die subkulturell in schwarzen Stilen verhaftet sind
- Zecke – Rechtsextreme Schmähbezeichnung für Mitglieder der antifaschistischen Jugendszene und Autonome
- ZOG – Die Buchstabenkombination manifestiert die rechtsextreme Verschwörungstheorie einer unsichtbaren jüdischen Geheimregierung, die im Dunklen die Macht in den Händen hält und steht für "Zionistic Occupied Government"
Rechte Grüße
Im Zusammenhang mit den vielfältigen Verboten von Symbolen, die an die nationalsozialistische Terrordiktatur und illegale Neonazivereine erinnern, ist eine ganze Palette von Zeichen entstanden, mit denen sich Rechtsextremisten oder auch Rechtspopulisten zu erkennen geben und aus denen sie Identifikation ziehen können. Neben Buchstaben-Abkürzungen werden immer häufiger auch Zahlenkombinationen benutzt, um Gemeinschaftlichkeit auszudrücken.
- 18 - Die Zahlenkombination steht für den ersten (=A) und den achten (=H) Buchstaben im Alphabet und bedeutet Adolf Hitler.
- 28 - Die Zahlemkombination steht für den 2. und 8. Buchstaben des Alphabetes und dient als Abkürzung für Blood and Honour. Das ist eine in vielen Staaten aktive neonazistische Bewegung, die sich nach der Losung der Hitler-Jugend benannt hat. 2000 wurden "B&H" sowie die Jugendorganisation White Youth in Deutschland verboten.
- 74 - Die Zahlemkombination steht für den 7. und 4. Buchstaben des Alphabetes und dient als Abkürzung für "Großdeutschland".
- 88 - Die Zahlenkombination ist mittlerweile wohl allgemein bekannt und steht für zweimal den achten Buchstaben im Alphabet und wird in der rechtsextremen Szene synonym für "Heil Hitler" verwendet. Das Symbol taucht immer wieder auf T-Shirts, Autokennzeichen und Aufklebern auf.
- 14 Words - Die Losung steht für die Worte des amerikanischen Rechtsterroristen David Lane: "We must secure the existence of our race and a future vor white children". ("Wir müssen die Existenz unserer Rasse und die Zukunft weißer Kinder sichern") Das Logo taucht nicht nur auf Aufklebern rechtsextremistischer Parteien auf, sondern wird auch subkulturell vielfach verwendet. Beispielhaft hierfür steht das Lied "Fourteen Words" der Skinhead-Band "Centurion" oder der Titel "14" der Gruppe "Halgadom".
- 444 - Die Zahlenkombination steht für dreimal den vierten Buchstaben im Alphabet und soll "Deutschland den Deutschen" bedeuten. Das soll bedeuten, dass Ausländer unerwünscht sind.
- 1347 - Die Zahlenkombination steht für "Mit deutschem Gruß".
- 192 - Die Zahl bedeutet "Adolf is back".
- 28 - Hinter der Zahl verbirgt sich der Code der in Deutschland verbotenen neonazistischen Skinhead-Organisation "Blood and Honour". Die Zahl taucht immer wieder in Szenegeschäften auf T-Shirts und CDs auf.
- C 18 - Steht für die rechte Terrororganisation Combat 18 = "Kampf Adolf Hitler", die in Deutschland verboten ist. Die aus England stammende Gruppierung wurde 1992 als militanter Zweig der British National Party gegründet und spaltete sich 1993 ab. International wird die Gruppe für diverse Gewaltaktionen wie die Versendung von Briefbomben verantwortlich gemacht und hat in der Szene Vorbildcharakter. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes genießt sie "insbesondere unter gewaltbereiten Rechtsextremisten in der Bundesrepublik Deutschland hohe Anerkennung". Politisch strebt die Gruppe einen Staat an, in dem "weiße Arier" frei von multikulturellen Einflüssen leben können.
- JdF – Findet sich häufig auf Briefen und wird analog zur Zeitrechnung "nach Christi Geburt" ab dem Geburtsjahr von Adolf Hitler 1889 gerechnet. Präzise steht JdF für "Jahr des Führers".
- "Rahowa" – Die Abkürzung steht für "Racial Holy War" ("Rassistischer Heiliger Krieg") und wird primär von amerikanischen Rechtsextremisten genutzt. Geprägt wurde der Ausruf "Racial Holy War" von dem Amerikaner Ben Klassen und steht für dessen Konzept des heiligen Rassenkrieges. Soziale Veränderungen sind nach Ansicht Klassens nur durch den bewaffneten Kampf gegen sogenannten "nichtarische Rassen" und deren Vernichtung zu erreichen.