Beispiel zwei: Der Text der zweiten Nachricht lautet wie folgt:
"Aus Dantzig vom 2. Julii.
Zeithero meines jüngsten [Berichts] ist von hieraus nichts notables zu vermelden vorgefallen / aus Pohlen wird berichtet / daß am selbigen Hoffe ein Türkischer Gesandter ankommen Ihr. Königlichen Majest. wegen seines Chams [Sultans ?] Assistenz gegen dem GroßFürsten anpraesentirende / und zwar zu dem Ende / damit ihme die Reiche Astrican [Astrachan] und Casan restituiret werden / zugleiche referirende den Einfall des grossen Chams [Khans] in das Königreich China und wie considerabel dieser Potentat durch solche Victorien werden würde."
Hinweis auf frühere Mitteilung
Hier finden wir einen Bezug auf bereits Veröffentlichtes, das den Lesern also bekannt sein müsste. Dass festgehalten wird, dass am eigenen Ort "nichts notables zu vermelden vorgefallen", bildet keine Ausnahme.
Dafür wird dann ja auch Mitteilenswertes aus dem angrenzenden Polen vermeldet, wobei für uns heute schwer einzuschätzen ist, ob die genannten fernen Länder für Kursachsen vorstellbare Gebilde waren. Gewisse Zweifel sind schon deshalb angebracht, weil die Schreibweise geografischer Begriffe, die nicht alltäglich auftauchen, wechselte.
In Kursachsen verwandten selbst die Leipziger Stadtschreiber ebenso wie die Schreiber des Kurfürsten noch nicht einmal für Leipzig oder "Leipzigk" - auch "Leibzigk" oder "Leipzick" ist neben weiteren Varianten noch möglich - eine einheitliche Schreibweise.
Ritzsch macht da eine Ausnahme. Die Stadt an der Pleiße ist für ihn schon seit 1643 "Leipzig" - in seiner Zeitung wie auch in privaten Briefen. Sonst vermitteln die Nachrichten natürlich auch einen kleinen Eindruck von der damaligen Rechtschreibung.
Wer die "Einkommenden Zeitungen" Ausgabe für Ausgabe liest, wird zumindest erstaunlich konstante Schreibweisen für einzelne Worte finden. Auch darin unterscheiden sich Ritzsch und seine Mitarbeiter deutlich von den städtischen und kurfürstlichen Schreibern. Es ist sicher nicht übertrieben, wenn behauptet wird, dass die Zeitungen einen Einfluss darauf ausgeübt haben, dass die Rechtschreibung sich im deutschsprachigen Raum langsam anglich.
Wer Originalbriefe von Timotheus Ritzsch liest, wird sogar noch feststellen, dass dort die Rechtschreibung mitunter noch näher an die heutigen Regelungen heranreicht als man das bei seiner Zeitung sagen kann. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass in Ritzschs Druckerei – wie vom "Buchdruckereyd" verlangt – ein spezieller Korrektor arbeitete, der nicht in jedem Falle die gleichen Vorstellungen wie Ritzsch von der korrekten Schreibweise besaß.