Elsa Brändström - Der Engel von Sibirien
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31. Juli 2019, 10:18 Uhr
Als Tochter des schwedischen Militärattachés in St. Petersburg erlebt sie, wie Europa 1914 in den Krieg zieht. Tausende junge Frauen melden sich damals freiwillig zum Lazarettdienst, auch Elsa Brändström. Doch dann bricht sie auf in die russischen Kriegsgefangenenlager in Sibirien. Was treibt sie an - Karrieredenken, der Wunsch nach Selbstbestimmung oder Menschlichkeit?
Elsa Brändström - unzählige Straßen, Kindergärten und Schulen tragen in Deutschland ihren Namen. In den 1920er-Jahren verehren sie Menschen in Deutschland und auf der ganzen Welt als "Engel von Sibirien" und "Mutter von Neusorge". Die Presse feiert sie als Star oder Heilige. Sie wird mit Preisen überhäuft, mehrmals für den Friedensnobelpreis nominiert und von Hitler hofiert. Heute kennt niemand mehr Elsa Brändström. Wer war diese Frau?
Vom Lazarett in St. Petersburg in die russischen Kriegsgefangenenlager
Als Tochter des schwedischen Militärattachés in St. Peterburg erlebt Elsa Brändström 1914 wie Europa in den Krieg zieht. Tausende junge Frauen in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien melden sich freiwillig zum Lazarettdienst, auch Elsa Brändström. Der Dienst hinter der Front gilt als schick und ist angesagt. Nach einem Lazarettbesuch in St. Petersburg fast Elsa Brändström einen folgenschweren Entschluss: Sie will den deutschen und österreichischen Kriegsgefangenen, die in Russland dahinsiechen, helfen. Was treibt die junge Frau an - Karrieredenken, der Wunsch nach Selbstbestimmung und Menschlichkeit?
Sie sammelt Geld in St. Petersburg, Stockholm und Berlin, organisiert Winterbekleidung und Lebensmittel und schafft schließlich das Undenkbare. Als Krankenschwester reist sie 1916 für das Rote Kreuz nach Sibirien. In den folgenden Jahren ist sie oft am Ende ihrer Kräfte, mehrmals entgeht sie knapp dem Tod und ist kurz davor, ihre Hilfsaktionen zu stoppen. Doch am Ende rettet sie über hunderttausenden Kriegsgefangenen das Leben. Erst als sich der Völkerbund 1920 der Heimkehr der Kriegsgefangenen annimmt, verlässt Elsa Brändström Russland und wendet sich neuen Projekten zu.
Heim für Kriegswaisen in Mittweida - Care-Pakete für Kinder in Deutschland
Mit Spendengeldern und Einnahmen aus einem Buch richtet sie nach dem Ersten Weltkrieg ein Kinderheim im sächsischen Mittweida ein - so wie sie es in Sibirien vielen sterbenden Soldaten versprochen hatte. In den 1920er-Jahren finden dort über 2.000 Waisen Zuflucht und Zuwendung. Mit ihrem Mann, einem Sozialisten, emigriert sie 1934 nach Boston. Dort gründet sie einen Verein, der sich um Flüchtlinge aus Europa kümmert. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs organisiert sie Hilfssendungen - die Care-Pakete - für Kinder in Deutschland. Im März 1948 stirbt Elsa Brändström. Kurz zuvor schreibt sie ihrer Tochter: "Hab keine Angst. Das Leben ist aufregender, schöner und kraftvoller, als Du es Dir vorstellen kannst. Du bist viel stärker als du glaubst.
Der Film zeichnet das Porträt einer Frau, die zaudert und leidet, die kämpft und überlebt. Eindrucksvolle Inszenierungen zeigen Elsa Brändström in den Gefangenenlagern Sibiriens. Erstmals filmt ein Kamerateam im Schloss Neusorge, dem ehemaligen Waisenheim. Neben dem Historiker Jochen Oltmer und der Honorarkonsulin Schwedens Petra Löschke kommt auch Elsa Brändströms Stiefsohn Konrad Ulich zu Wort. Seine Schilderungen lassen uns mehr erfahren über den Menschen Elsa Brändström.
Über dieses Thema berichtete das MDR FERNSEHEN in "GMD" 17.08.2014 | 21.15 Uhr