Adolf Hitler: Er überlebte alle Attentate
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27. Mai 2022, 19:34 Uhr
Hitler hatte Angst vor Anschlägen – und das zu Recht. Bis 1945 sind insgesamt fast 40 Anschlagspläne auf den Diktator belegt, die ersten schon in den 1920er-Jahren. Geglückt ist aber keiner davon.
München, 8. November 1939. Im "Bürgerbräukeller" legt ein Mann letzte Hand an Dynamitstangen und Zeitzünder – Georg Elsers Anschlag auf Hitler soll den Lauf der Geschichte radikal ändern. Aber er misslingt, wie so viele andere.
Georg Elser
Georg Elser war Schreiner und nie ein Freund der Nazis. Den Hitlergruß verweigerte er, sprach Hitler im Radio, verließ er den Raum. Mit der immer deutlicheren Kriegstreiberei der Nazis reifte in ihm der Plan, das Führungstrio Hitler, Himmler und Göring zu töten und so den Krieg zu stoppen.
Über ein Jahr dauern seine Vorbereitungen. Elser heuert im Steinbruch an, um sich Dynamit zu besorgen. In einer Münchner Werkstatt tüftelt er dann den Zeitzünd-Mechanismus aus. Mehr als 30 Nächte riskante Kleinarbeit waren nötig, um eine Säule hinter dem Rednerpult im "Bürgerbräukeller" auszuhöhlen und dort dann die Bombe mit dem Zeitzünder zu deponieren. Während der alljährlichen Rede Hitlers sollte sie hochgehen. Und das tat sie auch. Nur war der Führer zu diesem Zeitpunkt schon weg. Das so perfekt geplante Attentat Elsers scheiterte, weil Hitler den "Bürgerbräukeller" ein paar Minuten früher verließ als geplant.
Hitlers Taktik: "Unstetes Leben"
Die Taktik Hitlers, die sich hier zeigt, ist eigentlich ganz simpel, aber ungemein effektiv: Seine Unberechenbarkeit ist es und die rettete ihm nicht nur in diesem Fall das Leben. "Das einzige Gegenmittel ist ein unstetes Leben“, soll Hitler in Bezug auf Anschläge einmal gesagt haben. Und daran hat er sich gehalten: Er nahm stets andere Wege, sagte Reisen erst kurz zuvor zu oder im letzten Moment wieder ab und verließ Veranstaltungen früher als geplant.
Zahlreiche Attentate
Hitler hatte Angst vor Anschlägen – und das zu Recht. Bis 1945 sind insgesamt fast 40 Anschlagspläne auf den Diktator belegt, die ersten schon in den 1920er-Jahren. Anfang der 1930er-Jahre war das Berliner "Hotel Kaiserhof" Schauplatz eines Anschlages. Die NSDAP hatte das ganze obere Stockwerk des Hotels als provisorische Parteizentrale der NSDAP eingerichtet und Hitler wohnte auch dort. Hier brauchte er während des Wahlkampfes nur aus dem Fenster zu schauen und hatte sein Ziel – die Reichskanzlei – direkt vor Augen. Und genau hier vergiften Unbekannte im Januar 1932 das Essen an Hitlers Tisch. Nur wohl leider nicht genug: Es wird niemand ernsthaft verletzt. Seitdem aber mied Adolf Hitler das Speisenangebot des Hotels und ließ sich ausschließlich von Magda Goebbels und später von einem eigenen Koch verköstigen. Und er aß er nicht mehr einen Bissen, bevor sein Leibarzt die Speisen nicht vorgekostet hatte. Auch die nächsten Attentatsversuche scheitern. 1933 können Hitlers Mitarbeiter einen vergifteten Brief abfangen, ein Jahr später werden die Pläne einer oppositionellen Gruppen in Berlin verraten – man wollte die SS unterwandern und den Führer töten. Die Verschwörer werden verhaftet.
Private Leibwächter
Hitler weiß um die Gefahr: Schon in den 1920er-Jahren hat er private Leibwächter beschäftigt. Als er 1933 Reichskanzler wird, übernimmt die Geheime Staatspolizei, die Gestapo, den Schutz des Staatsoberhauptes. Den Diktator bewacht eine so große und gut gerüstete Leibgarde, wie sie kein deutscher Kaiser oder Kanzler je zuvor hatte: Die 30 besten Soldaten dienen in der "Leibstandarte SS Adolf Hitler". Die Männer sind ausgewiesene Spezialisten im Personenschutz. In den Propaganda-Aufnahmen der "Wochenschau" sind sie jedoch nur selten zu sehen. Denn ein "Führer", der beschützt werden muss, macht sich nicht gut. Zusätzlich zum Personenschutz überprüft der Reichssicherheitsdienst alle Örtlichkeiten, bevor Hitler auch nur einen Fuß dorthin setzt. Außerdem sorgt er dafür, dass Hitlers Aufenthaltsorte und Pläne möglichst lange geheim bleiben. Nach Georg Elsers Bombenanschlag werden die Sicherheitsvorkehrungen aber dermaßen verschärft, dass man kaum noch zu Hitler vordringen kann. Wirklich gefährlich können dem Führer jetzt nur noch Verschwörungen in den eigenen – sprich in Militärkreisen – werden. Und tatsächlich gibt es im bürgerlich-christlichen Lager und in Militärkreisen hochrangige Persönlichkeiten, die sich für den aktiven Widerstand entscheiden und die Mittel haben, ihre Pläne auch in die Tat umzusetzen. Die Gründe dafür sind so unterschiedlich wie die Vorstellungen, wie das Deutschland nach Hitler aussehen soll.
Rudolph Christoph Freiherr von Gersdorff
Einer dieser hochrangigen Offiziere ist der Generalstabsoffizier Rudolph Christoph Freiherr von Gersdorff. Am 21. März 1943 will er im Berliner "Zeughaus" Adolf Hitler töten. Gersdorff führt Hitler durch eine Ausstellung. In seiner Tasche hat Gersdorff zwei Minen, deren Zünder auf 15 Minuten eingestellt sind. Hitler aber hetzt durch die Ausstellung. Statt der geplanten zwanzig benötigt er nur knapp zehn Minuten und lässt sich umgehend zu einer Kranzniederlegung chauffieren. Gersdorff entschärft die Minen schnell auf der Toilette des "Zeughauses".
Claus Graf Schenk von Stauffenberg
Am bekanntesten sind hier die Männer des 20. Juli - die Verschwörer um Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg. Sie wollen Krieg und Judenverfolgung beenden und den Rechtstaat von 1933 wiederherstellen. Weitergehende demokratische Entwicklungen dagegen lehnen viele der Verschwörer ab, die meisten von ihnen stammen aus Adel und Militär und hatten eine sehr konservative Einstellung. Das Attentat soll in der Wolfsschanze stattfinden, Hitlers Rückzugsort und Kommando-Zentrale in Ostpreußen. Hier hielt sich der Führer seit den ersten militärischen Niederlagen immer öfter auf – Auftritte in der Öffentlichkeit mied er. Stauffenberg hat als Stabschef des Allgemeinen Heeresamts Zugang zu den Führerhauptquartieren. Schon mehrmals hatte er versucht, eine Bombe einzuschleusen - immer musste die Aktion im letzten Moment abgebrochen. Am 20. Juli 1944 gelingt es endlich: Stauffenberg kann die Aktentasche mit der Bombe unbemerkt im Besprechungsraum der Wolfsschanze abstellen. Schon das grenzt fast ein Wunder. Die Wolfsschanze gleicht einer uneinnehmbaren Festung. Sie ist doppelt und dreifach geschützt – überall wird kontrolliert.
Hitler überlebt
Ein "Führer-Begleit-Kommando" überwacht das Areal in einem Umkreis von 80 Kilometern. Es gibt drei Sperrkreise mit Stacheldrahtzaun, Panzerabwehrkanonen, Minengürteln und Maschinengewehren. Den inneren Kreis schützt zusätzlich ein zwei Meter hoher Zaun. Er darf nur vom engeren Führerkreis betreten werden. Insgesamt sind weit über 2.100 Soldaten an der Wolfsschanze für den Schutz des Führers im Einsatz. Die Bombe detoniert wie geplant. Aber Hitler überlebt wie durch ein Wunder nur leicht verletzt. Stauffenberg, überzeugt von Hitlers Tod, kann nach Berlin flüchten und will dort die weitere Organisation des Putsches übernehmen. Stattdessen werden er und viele seiner Mitverschwörer verhaftet und noch in derselben Nacht hingerichtet.
Henning von Tresckow
Zwei der treibenden Kräfte dieser Bewegung des 20. Juli 1944 - Generalmajor Henning von Tresckow und sein engster Vertrauter Fabian von Schlabrendorff - hatten schon ein Jahr zuvor versucht, Hitler zu beseitigen. Die beiden schmieden unter strengster Geheimhaltung und permanent in Lebensgefahr Pläne für ein Attentat und einen anschließenden Staatsstreich. Der Anschlag soll bei einem Routinebesuch Hitlers bei der Heeresgruppe Mitte in Smolensk stattfinden.
Wie tötet man einen Diktator
Doch wie tötet man einen Diktator, der jederzeit mit einem Anschlag rechnet? Wie kann man seine Schutzmaßnahmen durchbrechen? Am Ende haben Tresckow und Schlabrendorff nicht nur einen Attentats-Plan für den 13. März 1943 geschmiedet, sondern gleich drei. 1. Versuch: eine Autobombe in der Führerlimousine. Plan B: gezielte Schüsse auf Hitler. Als auch das nicht ausgeführt werden kann, haben die Verschwörer noch ein letztes Ass im Ärmel: Wie zwei Cognacflaschen in Geschenkverpackungen sehen die von ihnen selbst gebauten und erprobten Bomben aus. Ein Begleitoffizier Hitlers soll den angeblichen Cognac für einen Bekannten mit nach Berlin nehmen. Und es gelingt tatsächlich, die Sprengsätze scharfzumachen und an Bord des Führerflugzeugs zu schmuggeln. Nur: wegen der eisigen Kälte versagen die Zünder und Hitler landet unbeschadet in der Hauptstadt. Schlabrendorff schafft es gerade noch rechtzeitig, das verräterische Paket wieder in Empfang zu nehmen.
Gepanzerte Flugzeuge und Limousinen
Die Führermaschine ist eine Spezialanfertigung. Die viermotorige Focke Wulf 200 Condor hat stärkere Motoren und besondere Sicherheitsvorkehrungen: Es gibt zwei Maschinengewehr-Kanzeln oben und unten und einen Notausstieg. Im Ernstfall kann Hitler diesen mit einem Hebel neben seinem Sitz öffnen und dann mit einem Fallschirm abspringen. Später kommt noch eine Panzerung seiner Kabine dazu, ebenso wie ein Schleudersitz.
Auch der Wagen des Führers ist nicht irgendein Auto. Es ist eines der schwersten und schnellsten Fahrzeuge, die Daimler-Benz liefern kann. Mit Kruppstahl gepanzert. Seiten- und Windschutzscheiben bestehen aus dickem Panzerglas. Angeblich sind auch die Reifen gegen Beschuss geschützt. Dem Auto folgten immer mindestens zwei Wagen des SS-Begleitkommandos mit je sechs Mann Besatzung.
Teuflisch viel Glück gehabt
Hitler war wohl tatsächlich einer der am besten geschützten Männer der Zeitgeschichte. Es gab also viele Gründe, warum alle Anschläge auf ihn misslangen. Mal waren die Verschwörer zu zögerlich, mal das Anschlagsziel zu unberechenbar. Hitler hatte aber auch teuflisches Glück.
Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "Aktuell" 20.07.2014 | 19:30 Uhr