Alltag bei der Wismut "Der Wodka ist ihr Nationalgetränk"

26. Januar 2022, 12:53 Uhr

"Die Wismut ist ein Staat im Staate, und der Wodka ist ihr Nationalgetränk", heißt es in Werner Bräunigs großem Wismut-Roman "Rummelplatz", der in der DDR nicht erscheinen durfte. Und über die Bergmänner schreibt Bräunig, der in den "wilden Jahren" selbst bei der Wismut gearbeitet hatte: "Da saßen sie an den Tischen, schütteten Bier und Wodka in sich hinein, lebten von Bockwurst und Gerüchten, von Skat und immer den gleichen Witzen, im Dreieck zwischen Biertisch, Barackenmatratze und Bohrhammer, tagaus-tagein."

Logo MDR 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
3 min

Es ging rau zu in den Anfangsjahren der Wismut. Manche sagen sogar, es war "Wildwest". Prügeleien untereinander und Schlachten mit der Polizei waren an der Tagesordnung.

MDR FERNSEHEN Mi 07.12.2011 23:30Uhr 02:41 min

https://www.mdr.de/geschichte/stoebern/damals/video27502.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Alkohol und Massenschlägereien

Beinahe täglich kam es im Wismut-Reich, in Kneipen, auf Rummelplätzen und in den Unterkünften, zu großen Schlägereien unter den Bergleuten. Sobald aber die "Rollkommandos" der Polizei anrückten, gingen alle gemeinsam gegen die Staatsmacht vor. Die Polizisten waren den Wismut-Kumpeln, die sich als "Herren im Revier" fühlten, als "Russenknechte" verhasst.

Eine große und mittlerweile legendäre Schlägerei gab es im März 1951 in Saalfeld, als nach einer Massenschlägerei vor einer Kneipe im Zentrum der Stadt ein Bergmann von der Polizei verhaftet wurde.

Logo MDR 5 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Daraufhin belagerten an die 3.000 Wismut-Kumpel das Gefängnis von Saalfeld und forderten die Freilassung ihres Kollegen. Die übergeordnete Polizeidirektion ordnete eiligst die sofortige Freilassung aller einsitzenden Bergleute an, doch die Kumpel ließen sich nicht besänftigen. Sie stürmten das Gefängnis und die Polizisten flohen in Todesangst über die Dächer.

Kultur als Alternative zum Alkohol

Ende der 40er-Jahre wurde schließlich versucht, "Kultur" in der "Wismut" anzusiedeln. Einmal als "Waffe im Klassenkampf", aber vor allem auch als Alternative zum Alkohol. In Gasthäusern wurden sogenannte "Wismut-Klubhäuser" eingerichtet, in denen Volkskunstensembles auftraten und Filme vorgeführt wurden. Später entstanden regelrechte "Kulturpaläste" mit Bühnen, Kinosälen und Bibliotheken und die Wismut-Kumpel wurden aufgefordert, sich in den zahlreichen "Zirkeln des künstlerischen Volksschaffens zu verwirklichen".