Zeitzeugenbericht Blackout 1979: Und plötzlich war der Strom weg
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07. Februar 2023, 17:45 Uhr
Die Angst vor einem "Blackout" geht in diesem Winter wieder um. 1979 kam es in der DDR zu landesweiten Stromausfällen, nachdem die Braunkohleversorgung der Kraftwerke zusammengebrochen war. Als "Hauptdispatcher" war Dieter Baumann für die Braunkohleversorgung der DDR verantwortlich. Mit Bohrhämmern aus der Bundesrepublik stellte er die Energieversorgung wieder her.
Schneekatastrophe von 1978/79
Silvester 1978/79: Dieter Baumann macht zum ersten Mal seit zehn Jahren Urlaub zum Jahreswechsel. Er ist im thüringischen Oberhof und erlebt dort den Temperatursturz um knapp dreißig Grad. Der Ingenieur ist als "Hauptdispatcher" für die Braunkohleversorgung der DDR verantwortlich. Ohne Braunkohle läuft im Land nichts, die Energiewirtschaft ist auf den einzigen einheimischen Brennstoff angewiesen.
Größter Blackout der DDR-Geschichte
Dieter Baumann muss unverzüglich nach Hoyerswerda. Auf den vereisten Straßen braucht er für die knapp 300 Kilometer mit seinem Trabant vierzehn Stunden. Als er im Braunkohlekombinat eintrifft, ist die Lage schlimmer als erwartet: Die Energieversorgung ist bereits zusammengebrochen, Lichter und Heizungen gehen aus. Weil die Oberleitungen in den Tagebauen vereist sind, stehen die Kohlenzüge still. Je länger sie stehen, umso mehr vereist die Kohle. Binnen weniger Stunden sind alle Reserven aufgebraucht.
Was ist ein Blackout? Was ist ein Brownout?
Der Begriff Blackout wird in Deutschland häufig mit einem Stromausfall assoziiert. Ein Blackout ist ein unkontrolliertes und unvorhergesehenes Versagen von Netzelementen. Das führt dazu, dass größere Teile oder sogar das gesamte Netz ausfallen. Ein Blackout ist also grundsätzlich kein durch eine Unterversorgung mit Energie ausgelöstes Ereignis. Da auch andere stromabhängige Netze wie das Funknetz, Gasnetz, Mobilfunknetz und das Schienennetz hiervon betroffen sein können, kommt es zu einer generellen Netzstörung.
Demgegenüber steht der (kontrollierte) Brownout. Er wird notwendig, wenn weniger Strom produziert werden kann, als nachgefragt wird. Zum Beispiel durch Nichtverfügbarkeit von Brennstoffen für Kraftwerke oder Erzeugungsanlagen. In diesem Fall ist es notwendig, die Nachfrage soweit zu reduzieren, dass das Angebot die Nachfrage wieder decken kann.
Bohrhämmer aus der Bundesrepublik
Dieter Baumann versucht, die Güterzüge wieder flott zu machen. Tausende Soldaten der Nationalen Volksarmee und Helfer setzt er ein, um die gefrorene Kohle aus den Waggons zu brechen. Was fehlt, sind die geeigneten Werkzeuge.
Ich habe mich erinnert, dass es in Westdeutschland damals im Quelle-Katalog Bohrhämmer gab. Und als dann der stellvertretende Ministerpräsident anrief und meinte: Sagt mir, was ihr braucht. Egal, wo es herkommt, wir organisieren das. Da haben wir gesagt: Hol uns 500 Bohrhämmer aus dem Westen!
Zwei Wochen ununterbrochen im Büro
Einige Stunden später stehen drei Lkws mit der begehrten Fracht an der Grenze in Helmstedt bereit. Damit die Versorgung der Kraftwerke mit Braunkohle wieder anlaufen kann, muss der Zugverkehr wieder rollen. Es dauert vierzehn lange Tage, bis das geschafft ist: Die Kraftwerke arbeiten wieder, es gibt Strom und Wärme. In dieser Zeit verlässt Dieter Baumann sein Büro nicht.
Schweigen über die Ursachen
Auch wenn danach das "Neue Deutschland" ungewohnt offen über die Schwierigkeiten im "Katastrophenwinter" berichtet, die Ursachen der folgenschweren Kettenreaktion kommen nicht zur Sprache: fehlende Maßnahmepläne für ein flexibles Krisenmanagement, der Mangel an Lagerkapazitäten und Werkzeugen, vor allem aber die verhängnisvolle Abhängigkeit der DDR-Energieversorgung von der Braunkohle.
Droht uns heute ein Blackout?
Die Bundesnetzagentur sieht in Deutschland derzeit kein Risiko für einen flächendeckenden Blackout. Sie betont, dass Deutschland eines der zuverlässigsten Stromversorgungssysteme der Welt hat. Dennoch kann es regional zu kurzfristigen Ausfällen kommen, etwa wenn ein Bagger unbeabsichtigt eine Leitung durchtrennt. Wegen solcher und anderer Unfälle muss jeder deutsche Haushalt statistisch zehn Minuten pro Jahr ohne Strom auskommen.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sechs Tage Eiszeit - Der Katastrophenwinter 1978/79 | 16. Februar 2023 | 20:15 Uhr