Rock me Amadeus: Wie Falco zu seinem Namen kam
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24. Februar 2017, 18:43 Uhr
Den Künstlernamen Falco legte sich der Wiener Popstar aus Bewunderung für einen heute fast vergessenen DDR-Skispringer zu: Falko Weißpflog. Für den hatte das allerdings unangenehme Folgen ...
1976 war der 20-jährige Johann Hölzel, der den unbedingten Wunsch hatte, ein weltberühmter Popstar zu werden, von seiner Heimatstadt Wien nach West-Berlin umgezogen, um hier sein Idol David Bowie zu treffen. Er lungerte in Musikkneipen herum und hauste in einer WG. Am Neujahrstag 1977 sah er sich mit seinen Freunden im Fernsehen die "Internationale Vierschanzen-Tournee" an. Doch nicht die favorisierten österreichischen Skispringer versetzten ihn in Euphorie, sondern ein Athlet, auf dessen Anzug der Schriftzug "DDR" prangte – Falko Weißpflog. "Er war mutig und hatte so'n rasanten Haarschnitt", erinnerte sich Hölzel später. Seinen Freunden verkündete er umgehend: Ab sofort heiße ich Falko! Und dabei blieb er auch. Nur das "k" tauschte er später gegen ein "c" aus – ein bisschen weltläufiger sollte sich der Name schon ausnehmen.
Der Skispringer von der BSG Motor Grüna
Falko Weißpflog galt damals als einer der wagemutigsten Skispringer der Welt. 1976 hatte er einen fabelhaften Weltrekord im Skifliegen aufgestellt – 176 Meter weit war er auf der Großschanze in Oberstdorf geflogen. Seitdem nannte man ihn nur noch "der Falke". Mit dem Skispringen hatte der 1954 in Pleißa im Erzgebirge geborene Weißpflog bereits als Kind begonnen. Sein erster Trainer war der eigene Vater. Doch irgendwie wusste der kleine Falko Weißpflog die Talentsucher des Skisprungverbandes nicht zu überzeugen – die Aufnahme an die Kinder- und Jugendsportschule in Oberhof, die Kaderschmiede des DDR-Wintersports, blieb ihm jedenfalls verwehrt. Weißpflog ging stattdessen für die unbedeutende Betriebssportgemeinschaft BSG Motor Grüna an den Start. Erst 1973 durfte er zum renommierten Sportclub Oberwiesenthal wechseln, zwei Jahre später schaffte er dann sogar den Sprung in die Nationalmannschaft der DDR.
"Auf Händen zum Siegerpodest getragen"
Seinen vielleicht spektakulärsten Wettkampf absolvierte Falko Weißpflog 1978 auf der Großschanze von Strbske Pleso in der ČSSR. Beim Anlauf zum Sprung im zweiten Durchgang verfing sich sein rechter Ski in einem Kamerakabel. Weißpflog stürzte und kollerte kopfüber die Schanze hinunter. Kurz vor dem Schanzentisch bekam er glücklicherweise noch einen Balken zu fassen. Als er aus seiner misslichen Lage befreit war, fragte ihn der Rennleiter, ob er den Sprung wiederholen möchte. Na klar, erwiderte Weißpflog. "Ich hab mir gesagt, jetzt kann dir nichts mehr passieren, selbst wenn du nur kurz hinter die Kuppe springst und Letzter wirst, die Zuschauer werden dir das nicht übel nehmen." Doch "der Falke" legte den weitesten Sprung des Tages hin. Er gewann das Springen überlegen und wurde auf Händen zum Siegerpodest" getragen, so erinnerte er sich später.
"Der sieht dir ähnlich"
1980 berichteten Skispringer aus Oberwiesenthal, die von einem Wettkampf aus Schweden zurückkehrten, Falko Weißpflog von dem Gerücht, dass sich ein österreichischer Sänger nach ihm benannt haben soll. So habe es zumindest in einer Boulevard-Zeitung gestanden. Weißpflog dazu: "Das konnte ich gar nicht glauben." Zwei Jahre später gab es dann keinen Zweifel mehr. In der ARD-Samstagabendshow "Auf los geht’s los" bestätigte Falco, das ihm der Skispringer Falko Weißpflog damals so imponiert habe, dass er sich nach ihm benannte: "Meine Freunde sagten damals sogar: Der sieht dir ähnlich."
"Man dachte, ich habe dafür Geld bekommen"
Falcos Erklärung hatte für Falko Weißpflog unangenehme Folgen. Schon am übernächsten Tag musste er den Sportfunktionären seines Vereins Rede und Antwort stehen, wenig später übernahm die Staatssicherheit die vermeintlich brisante Angelegenheit. Man beschuldigte ihn, Geld von Falco bekommen und ihn heimlich bei einem Wettkampf im Ausland getroffen zu haben. "Da hat's ganz schöne Wogen gegeben", erinnert sich Weißpflog, "auch innerhalb der Familie, denn die sind alle verhört worden. Die Staatssicherheit wollte wissen, wo das Geld ist. Aber es gab ja gar kein Geld."
Sie sind sich nie begegnet
Falko Weißpflog, dessen größter Erfolg neben dem Skiflugweltrekord ein dritter Platz bei der Skiweltmeisterschaft 1978 war, beendete 1980 seine sportliche Laufbahn. Er studierte Bauwesen und arbeitete anschließend als Nachwuchstrainer. Nach dem Ende der DDR blieb Weißpflog beruflich dem Sport verbunden – in der Fitnessbranche und im Sportartikelhandel. Der ehemalige Weitenjäger von der Schanze vertritt bis heute einen namhaften Hersteller von Skihandschuhen und Skibekleidung, der u.a. Ausrüster der deutschen und österreichischen Skinationalmannschaften ist.
Der Sänger Falco machte ab Mitte der 1980er-Jahre mit schrillen Popsongs wie "Rock me Amadeus" oder "Jeanny" eine Weltkarriere. Er starb 1998, 41-jährig, bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik. Bei der Obduktion wurden ein Blutalkoholwert von 1,5 Promille sowie große Mengen von Kokain und Marihuana festgestellt.
Begegnet sind sich der "mutige" Skispringer mit dem "rasanten Haarschnitt" und der exzentrische Popstar übrigens nie.
Über dieses Thema berichtete der MDR auch im Radio: MDR Sachsen - Das Sachsenradio | 06.02.2018 | 09:00 Uhr