1983 Erstmals tritt Roetsch bei einer Weltmeisterschaft an Frank-Peter Roetsch und der Biathlon
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08. Oktober 2021, 16:27 Uhr
Frank-Peter Roetsch gehört zu den erfolgreichsten Sportlern der Biathlon-Geschichte. Wie kein anderer verstand er es schon als junger Nachwuchssportler die Kombination aus Skifahren und Schießen in Einklang zu bringen. Was für viele Wintersportfans heutzutage aus keinem Wettkampfkalender mehr wegzudenken ist, war jedoch nur die zweite Wahl des jungen Talents.
Die Wurzeln des Kombinationssports Biathlon liegen in den kalten und verschneiten Regionen Nordeuropas. Lange bevor Gewehrschützen auf Skiern ein Massenpublikum vor den Fernsehgeräten bannte, war die Disziplin vor allem für das Militär von großer Bedeutung. So wurde die Sportart erst bei den Olympischen Winterspielen 1936 in Garmisch-Partenkirchen unter dem Namen "Militärpatrouillenlauf", jedoch nur als Demonstrationssportart, einem größerem Publikum vorgestellt. Biathlon blieb noch lange Zeit reiner Militärsport, deren Wettkämpfe in der Öffentlichkeit meist keine Beachtung fanden.
Kurzbiografie: Biathlet Frank-Peter Roetsch
Frank-Peter Roetsch wurde 1964 in Güstrow geboren. Nach dem Umzug der Familie ins Erzgebirge besuchte er eine Kinder- und Jugendsportschule (KJS) und war zunächst Nordischer Kombinierer. 1978 wechselte er zum Biathlon. Schnell stellten sich Erfolge ein. Bei der Biathlon-Weltmeisterschaft 1983 errang er eine Silbermedaille - der Auftakt zu einer großen sportlichen Karriere. Seine größten Erfolge feierte Roetsch 1987 bei der Biathlon-WM 1987 in Lake Placid, als er alle drei möglichen Titel holte sowie 1988 bei den Olympischen Winterspielen in Calgary mit zwei Einzeltiteln. Nach den Olympischen Winterspielen 1992 in Albertville beendete Roetsch seine sportliche Laufbahn.
Biathlon war zweite Chance
Ein ähnliches Dasein fristete der Nischensport auch in der DDR und war wegen der großkalibrigen Waffen nur dem Militär vorbehalten. So wurde die erste DDR-Meisterschaft bereits 1958 ausgetragen, doch blieb der Sport weiterhin unbeachtet. Erst zwanzig Jahre später, 1978, gelang mit der Einführung kleinkalibriger Gewehre die "Zivilisierung" des Kombinationssports. Für den jungen Frank-Peter Roetsch war dies geradezu eine historische Chance, um doch noch den Weg in den Leistungssport zu finden, denn eigentlich wollte er auf der Kinder- und Jugendsportschule Nordischer Kombinierer werden.
Ich habe mich diesem Test gestellt und bin durchgefallen, weil ich im Laufen zu langsam war. Und jetzt kam das System zum Tragen, dass in dem Moment meine Karriere als Nordisch Kombinierter beendet gewesen wäre, weil das ganze Fördersystem über die Sportschulen lief. Wer nicht an die Sportschule kam, der konnte noch im eigenen Verein vor sich hinwursteln, aber hatte nicht die Förderung.
Wäre Roetsch nur einig Monate älter gewesen, dann hätte sich die zweite Chance, im Biathlon aktiv zu werden, für den damals 14-Jährigen vielleicht nie aufgetan. Von seinem Verein Stahl Altenberg wechselte er als Biathlet zum SG Dynamo Zinnwald - statt Skispringen sollte es nun Schießen sein, dass den Nachwuchssportler bald auf Goldkurs bringen sollte.
Als ich 1980 in die Nationalmannschaft berufen wurde, war mir klar, wenn nichts dazwischen kommt, dass ich Weltmeister und Olympiasieger werde.
Roetsch arbeitet hart, um die Kombination aus Schießen und Skilaufen in Einklang zu bringen. Nach dem Abitur 1982 kam er in die Sportförderung der Volkspolizei und trat auch in die Partei ein, um damit die Vorraussetzungen für die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen zu erfüllen. Bei der Weltmeisterschaft 1983 in Südtirol debütierte er mit Medaillen im Einzel und in der Staffel auf der Weltbühne des Sports. Es folgten der Gesamtweltcup und eine Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 1984 in Sarajevo.
Weltmeisterschaft in der "Höhle des Löwen"
Im Jahr 1985 stand für Roetsch eine Weltmeisterschaft auf dem Plan, die deutlich machte, wie wichtig auch Wintersport im Wettkampf der Systeme zwischen der DDR und der Bundesrepublik geworden war. Als deutsch-deutsche Biathleten das letzte Mal 1966 auf westdeutschen Boden zusammengetroffen waren, war das Team aus der DDR noch vor dem Start abgereist - natürlich aus politischen Gründen. Das Jahr 1985 stand unter einem anderen Stern und war nicht weniger politisch. Das Duell stand von vorneherein fest: Frank-Peter Roetsch gegen Peter Angerer - DDR gegen BRD.
Wir sollten nie aktiv auf die zugehen. Wir haben mit den Sportlern gesprochen und haben gesagt: 'Höre Peter, wie sieht es denn aus, wenn du heute zum Essen kommst. Ich will mit dir schwatzen, komm' du bitte an meinen Tisch.' Und da war man natürlich staatsfest genug, dass man nicht aufstand, wenn sich der Klassenfeind an den Tisch setzte.
Karriere-Aus auf dem Höhepunkt
Mit Mitte zwanzig und viele Weltmeisterschaften später war Frank-Peter Roetsch auf dem vermeidlichen Höhepunkt seiner Karriere angekommen. Bei den Olympischen Winterspielen 1988 im kanadischen Calgary holte er doppeltes Gold. Roetsch war mittlerweile einer der sozialistischen Vorzeigesportler und kämpfte sich von einem internationalen Wettbewerb zum anderen. Von den politischen Verhältnissen in seinem Heimatland bekam er so nicht viel mit. Noch während er im Trainingslager in Schweden war, erreichte ihn eine Nachricht, die auch sein bisheriges Leben veränderte.
Auf einmal liefen Bilder im Fernsehen, wie Menschen auf die Mauer in Berlin rumsprangen. Wie jetzt? Die sind auf der Mauer? Wir waren da schon abgeschnitten, wir hatten nur diese Science-Fiction-Bilder da. Das war so der Moment, wo ich gemerkt habe: Hier ändert sich gewaltig was.
Für Frank-Peter Roetsch vollzog sich mit dem Herbst 1989 wie für viele andere DDR- Bürger auch eine ganz persönliches Wende. Für Roetsch, der mittlerweile Hauptmann der Volkspolizei war, endete die Sportförderung. Er wurde aus dem Polizeidienst entlassen und musste nun in der Marktwirtschaft selbst Sponsoren suchen. Das Training kam dabei oft zu kurz, wie er heute berichtet. In der neuen deutsch-deutschen Mannschaft war er nicht mehr dabei. Nach seinen wenig erfolgreichen dritten Olympischen Spielen 1992 in Albertville nahm der 27-Jährige Leistungssportler Abschied vom Biathlon und dem Leistungssport.
Medaillenspiegel (Auszug)
Juniorenweltmeister:
1981 und 1982 in der Staffel
Weltmeister:
1985 in Sprint
1987 in Einzel, Sprint und Staffel
1089 in der Staffel
Weltcupsieger:
1983/83, 1984/85, 1986/87
Olympiasieger:
1988 in Einzel und Sprint
mehrfacherDDR-Meister, Vize-Weltmeister und Olympia-Silbermedaillengewinner