Ende im Dezember 1989 Das Politbüro der SED
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07. Juli 2022, 11:26 Uhr
Jeden Dienstag tagte im "Großen Haus" in Berlin-Mitte das Politbüro der SED, die Machtzentrale der Staatspartei. Zwei Dutzend Funktionäre verfügten über Wohl und Wehe der SED und stellten die eigentliche Regierung der DDR. Am 8. November 1989 war es mit der Herrlichkeit endgültig vorbei - die Politbüromitglieder traten zurück und rund einen Monat später, am 3. Dezember 1989, wurde diese Institution, die Jahrzehntelang die Geschicke der DDR geleitet hatte, endgültig aufgelöst.
Ein streng strukturierter, glatter Funktionsbau bildete die äußere Hülle für das Zentralkomitee der SED. In diesem ZK-Gebäude am Marx-Engels-Platz (heute wieder Werderscher Markt) tagte auch wöchentlich einmal das Politbüro der Partei. Gegründet 1949, war es das eigentliche Machtzentrum der DDR. Die Mitglieder des Politbüros (bis zum 3. Oktober 1989: 21 Mitglieder und 5 Kandidaten) wurden formell vom Zentralkomitee gewählt, dessen Sekretariat (1987: 10 Sekretäre) so etwas wie die Erfüllungsinstanz für die Beschlüsse des Politbüros war.
Machtzentrale der SED
Im Politbüro fielen die Grundsatzentscheidungen, wobei eine klare Kompetenzabgrenzung nicht festgelegt war. Zudem gab es eine personelle Überschneidung der Gremien: Das Sekretariat der SED war fast vollständig in das Politbüro integriert. Mächtigster Mann des Politbüros war der Generalsekretär.
Da es im ZK keine Diskussionen über den Vorschlag für die Zusammensetzung des Politbüros, sondern nur eine Abstimmung darüber gab, die stets Einmütigkeit und nie Gegenstimmen brachte, konnte sich der Generalsekretär seine Mannschaft praktisch nach seinen persönlichen Sympathien und Wünschen zusammenstellen.
"Wir sind die junge Garde" - Durchschnittsalter: 67
Die Sekretäre waren für bestimmte Sachgebiete zuständig und leiteten die Arbeit des sogenannten Apparates des Zentralkomitees - ein Funktionärshort mit 38 Abteilungen und etwa 2.000 Mitarbeitern. Dazu kamen noch als zentrale Einrichtungen die Parteiorgane "Neues Deutschland", "Einheit" sowie die unterstellten ideologischen Leiteinrichtungen, wie etwa die Parteihochschule oder die Verlagsorganisation "Zentrag". 1989 lag das Durchschnittsalter der 21 Politbüromitglieder und 5 Kandidaten bei 67 Jahren.
Populär war ein Witz, der eine Tagung des Politbüros umschrieb:
Tagesordnungspunkt eins: Hereintragen der Mitglieder. Tagesordnungspunkt zwei: Anschalten der Herzschrittmacher. Tagesordnungspunkt drei: Absingen des Liedes 'Wir sind die Junge Garde'.
Rücktritt aus "gesundheitlichen Gründen"
Bezeichnend für die Machtfülle des Generalsekretärs ist der Umgang mit "Abweichlern". Glaubte Honecker, ein Mitglied des Politbüros loswerden zu müssen, empfahl er dessen Rücktritt aus "gesundheitlichen Gründen" - was dann von den jeweiligen Genossen auch befolgt wurde, etwa von Herbert Häber 1985.
Über die Funktionsweise des Politbüros berichtet Hans Modrow:
Am Wochenende vor den Sitzungen erhielten die Mitglieder die Beschlussvorlagen, mitunter bis zu 20 für eine Tagung von wenigen Stunden. Die Vorlagen reichten von Volkswirtschaftsplänen bis zu den Plänen für die Gestaltung eines wichtigen öffentlichen Gebäudes, von der Konzeption einer wissenschaftlichen Institution bis zur Festlegung der Preise für Autos oder das Drehbuch für einen Festumzug in der Hauptstadt.
Uneingeschränkte Machtfülle
Somit gab es praktisch keinen Bereich des gesellschaftlichen Lebens in der DDR, über den nicht im Politbüro Beschlüsse gefasst worden wären. Das Politbüro besaß uneingeschränkte Machtbefugnisse und dominierte alle politischen und wirtschaftlichen Bereiche. Seine Beschlüsse mussten von der Regierung umgesetzt werden.
Am 08.11.1989 trat das Politbüro unter dem Druck der Massenproteste zurück und formierte sich mit nur zehn Mitgliedern neu. Am 03.12.1989 traten das ZK und mit ihm das Politbüro endgültig zurück.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Palast der Gespenster | 01. Oktober 2019 | 20:15 Uhr