Lexikon Klassische Musik
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16. Februar 2010, 11:03 Uhr
Zu den ersten nach dem Krieg wieder aufgebauten Kultureinrichtungen gehörte die Staatsoper Unter den Linden in Berlin (1956). Die vollkommen zerstörte Semperoper in Dresden wurde hingegen erst spät weitgehend originalgetreu rekonstruiert und 1987 wiedereröffnet. In fast allen größeren Städten wurden Konzertsäle eingerichtet. Der berühmteste Neubau war das Neue Gewandhaus zu Leipzig, das 1981 eröffnet wurde. Seine Akustik erregte großes Aufsehen und wurde seitdem weltweit nachempfunden. Der Orchesterkultur wurde große Aufmerksamkeit geschenkt. Von den Spitzenorchestern genoss vor allem das Gewandhausorchester großes internationales Ansehen. Die DDR war das Land mit den meisten Sinfonieorchestern pro Kopf der Bevölkerung. Fast jedes Stadttheater wurde als Dreispartenhaus geführt und besaß ein eigenes Orchester.
Natürlich wurde auf den Bühnen der DDR mehr klassische als neue Musik gespielt, obwohl es mit der Berliner Biennale auch ein eigenes Neue-Musik-Festival gab. Größeres Gewicht aber hatte die Pflege der Barockmusik mit den Bachfesten in Leipzig, den Händelfestspielen in Halle und der Telemannpflege in Magdeburg, die die internationale Telemannrenaissance einleitete. Wichtig für die Traditionspflege waren auch die berühmten Knabenchöre, der Dresdner Kreuzchor und der Leipziger Thomanerchor.
Die Reihe der Künstler benennen zu wollen, die die Musikentwicklung in der DDR geprägt haben, muss sehr unvollständig bleiben. Hanns Eisler lebte bis zu seinem Tode 1962 in der DDR, Paul Dessau bis 1979. Zu den wichtigsten DDR-Komponisten sind auch Siegfried Matthus und Udo Zimmermann zu zählen. Als der wichtige Schöpfer des modernen Musiktheaters beeinflusste Walter Felsenstein (1901 bis 1975) Generationen von Opernregisseuren. Die moderne Musik stieß in den fünfziger Jahren auf den Widerstand der ideologischen Dogmatiker. Sie wurde als „formalistisch“ denunziert und teilweise verboten. Später wurde sie geduldet, hatte aber beim Konzertpublikum die gleichen Schwierigkeiten wie anderso auf der Welt.
Internationale Ausstrahlung genossen ebenso die Regisseurin Ruth Berghaus (1927 bis 1996) und der Felsenstein-Schüler Harry Kupfer. Unter den Dirigenten seien nur Franz Konwitschny (1901 bis1962), er war Nachfolger von Hermann Abendroth am Gewandhaus und ab 1955 Chefdirigent an der Berliner Staatsoper, Kurt Sanderling, 17 Jahre Chef des Berliner Sinfonieorchesters, das er zu Weltruhm führte, sowie der Gewandhauskapellmeister Kurt Masur genannt und von den Sängern – sehr unvollständig – Carola Nossek, Peter Schreier, Theo Adam und Reiner Süß.
So bediente die klassische Musik das Repräsentationsbedürfnis des Staates, die Selbstdarstellung der DDR als „gebilldete Nation“ und deren Streben nach internationaler Anerkennung. Anders als die Literatur und die Bildende Kunst erfüllte die klassische Musik diese Funktion ohne größere Risiken.