20.01.1977 - Erster Spatenstich Gewandhaus Leipzig Das Leipziger Gewandhaus
Hauptinhalt
05. Juni 2020, 15:07 Uhr
Das neue Gewandhaus steht im Herzen der Stadt Leipzig, der Messemetropole der DDR. Es ist der größte und schönste Konzerthallenneubau des Landes und gehört, wie Fachleute und Künstler zurecht sagen, in seiner Architektur und Ausstattung, vor allem aber durch die Akustik des großen Saales zu den bedeutendsten Konzertbauten der Welt:
Mit diesen Worten beginnt 1983 eine DDR-Fernsehdokumentation über das Neue Gewandhaus Leipzig. Nach Jahrzehnten kehrt das Gewandhausorchester 1981 mit seiner neuen Spielstätte gegenüber vom Opernhaus ins Herz der Messestadt zurück.
Denn auch die erste richtige Spielstätte residiert im Herzen der Stadt. In einem eigens angemieteten und dafür umgebauten Saal des Zeughauses der Tuchhändler finden ab November 1781 die ersten "Großen Concerte" statt. Dank der Akustik des holzverkleideten Saals gewinnt die Spielstätte an Publikum und Zugkraft, doch Umbauten für mehr Zuhörer mindern die Akustik und ab 1860 gibt es Überlegungen für einen Neubau. 1884 steht das Neue Gewandhaus - außerhalb des Innenstadtrings, doch in illustrer Nachbarschaft: Nebenan residiert der "Oberste Gerichtshof des Deutschen Reiches“und ein weiterer Prunkbau ist in Arbeit - 1891 öffnet die Universitätsbibliothek "Bibliotheca Albertina". Doch die Geschichte des neuen Gewandhauses mit zwei Sälen für 1.500 und 500 Zuhörer ist kurz: Der Bau wird – im Gegensatz zu den benachbarten Prachtbauten - im Februar 1944 komplett zerstört.
Spatenstich für einen Neubau - Neubau mit Hindernissen
Erst am 20. Januar 1977 wird der Spatenstich für ein Neues Gewandhaus gesetzt. Nach nach fünf Jahren Bauzeit wird er mit Beethovens 9. Sinfonie feierlich eingeweiht. Treibende Kraft hinter diesem Neubau mit zahlreichen Hindernissen ist Gewandhauskapellmeister Kurt Masur. Der Zeitpunkt für das ehrgeizige Projekt ist denkbar ungünstig: Die DDR-Führung treibt gerade ein Wohnungsbauprogramm voran, das sowohl Baumaterial als auch Arbeitskräfte bindet.
Bauleiter Peter Kunze erinnert sich 2017 im Gespräch mit MDR Zeitreise an die Zeit der Gewandhaus-Bauarbeiten: "Irgendwas war immer!" Doch Dirigent Masur lässt nicht locker, obwohl die DDR-Führung das ehrgeizige Leipziger Projekt am liebsten wieder gestoppt hätte.
Sighard Gille gestaltet das Deckengemälde, das etwa 712 Quadratmeter groß und von keinem Blickwinkel aus komplett zu sehen ist: Das detailreiche Bild erschließt sich dem Betrachter nur Schritt für Schritt. Sighard arbeitet von 1980 bis 1981 daran - Umstände, die dem Künstler bis heute lebhaft in Erinnerung geblieben sind, wie er MDR Zeitreise schildert:
Das war Baustelle, das war saukalt und das war kein Glas hier, das war Dreck und Lärm und da muss ein Bild entstehen. Das ist natürlich absurd. Es fehlte das Material, das Caparol, so ´n Bindemittel aus ´m Westen und musste irgendwie rangeschafft werden. Und Masur war in Westberlin und brachte mir zwei Eimer von dem Caparol mit – persönlich!
Was man dem Haus so wünschte
Allen Widrigkeiten beim Bau zum Trotz wird termingerecht am 8. Oktober 1981 der Schlüssel übergeben. Damals ahnt noch keiner, welch wichtige Rolle das Gewandhaus und Kurt Masur im Herbst 1989 spielen werden. Eine DDR-TV-Dokumentation über den Konzertbau von 1983 endet mit einem Wunsch für die Zukunft des Gewandhauses:
Die Menschen der DDR schufen sich ein kostbares Haus, es wird dazu beitragen die völkerverbindende Sprache der Musik allen Menschen verständlich zu machen, damit das Geschaffene wie auch dieses neue Gewandhaus in Frieden überdaure.
Kurt Masur hatte dem Gewandhaus während der Bauzeit mit all ihren Widrigkeiten einen ganz anderen Wunsch mitgegeben:
Ich wünsche diesem Haus, dass man auch in 100 Jahren immer noch sagen wird, die die das geplant und gebaut haben, waren zumindest keine Dummköpfe.