Trauriges Ende Die "Abwicklung" des Heinrich Dathe
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05. November 2010, 15:56 Uhr
Im Dezember 1990 wurde Tierparkdirektor Dathe aufgefordert, binnen dreier Tage seinen Schreibtisch zu räumen und drei Wochen später aus seiner Dienstwohnung auszuziehen. Kurz darauf verstarb er.
"Ich habe gern gearbeitet und tu es auch noch. Gerade in dieser nicht ganz leichten Zeit halte ich es für notwendig, dass ich noch paar Tage durchhalte, um den Zoo in ruhiges Gewässer zu führen", sagte Heinrich Dathe zu seinem 80. Geburtstag am 7. November 1990. Doch genau einen Monat später wurde dem international geachteten Tierparkdirektor und Zoologieprofessor, der trotz seines Ruhestandsalters im Amt geblieben war, ein Schreiben zugestellt. Absender war Richard Dahlheimer, Stellvertreter der Stadträtin für Kultur: "Angesichts der jetzt rasch zu vollziehenden Überführung des Tierparks in eine neue Rechtsträgerschaft scheint es uns unumgänglich, mit der Bewältigung der damit zusammenhängenden Probleme eine jüngere Persönlichkeit zu betrauen, um Ihnen zusätzliche Belastung zu ersparen", schrieb der Beamte. "Sie werden daher am Montag, dem 10. Dezember, Ihre Amtsgeschäfte übergeben. Leider müssen wir Sie auch anweisen, bis Ende des Monats Ihre Dienstwohnung zu räumen, was hoffentlich kein Problem für Sie darstellen wird."
"Ceausescu des Tierparkwesens"?
Drei Tage Zeit blieben dem "Grzimek des Ostens", um nach 45 Jahren seine Dienstgeschäfte zu übergeben, kaum drei Wochen, um seine Wohnung zu räumen. Doch dazu kam es nicht mehr. Heinrich Dathe starb am 6. Januar 1991. Die, die ihn kannten, sagten, er sei an gebrochenem Herzen gestorben. Das hielt den Beamten aus dem Roten Rathaus aber keineswegs davon ab, Dathe auch nach seinem Tod noch in Misskredit zu bringen: Es sei ein "Akt der Barmherzigkeit" gewesen, "den alten Mann endlich in den Ruhestand zu schicken", höhnte Dahlheimer. Und fügte noch an, Dathe sei im Grunde nichts als ein "Ceausescu des Tierparkwesens" gewesen. Dabei war Dathe nicht einmal Mitglied der SED gewesen und hatte niemals Losungen oder Parteiplakate in seinem Tierpark anbringen lassen.
"Beim gegenwärtigen Hang zum Abwickeln darf der menschliche Umgang miteinander nicht verlorengehen", sagte Pastor Werner Braune bei der Beisetzung Heinrich Dathes am 17. Januar 1991, zu der mehrere Tausend Berliner gekommen waren.