Vollkornbrot
Vollkornbrot wurde schon vor 6.000 Jahren gebacken. Bildrechte: Colourbox.de

Vollkornbrot in der NS-Zeit und in der DDR Die Geschichte des Vollkornbrotes. Vom Propaganda-Instrument zum Kulturgut

23. August 2022, 05:00 Uhr

Die Herstellung von Vollkornbrot geht zurück bis ins alte Ägypten. Dort wurde vor mehr als 6.000 Jahren der erste Laib gebacken. Die Kunst des Brotbackens breitete sich von dort nach Europa aus. Heute kann man Brot auch als deutsches Kulturgut bezeichnen, besonders die Vollkornvariante ist seit jeher untrennbar mit gesunder Ernährung verbunden.

Es ist vegan, bio oder regional. Manchmal ist es sogar alles zusammen: das scheinbar schlichte Vollkornbrot. Es ist eines der wichtigsten Lebensmittel. Seine Symbolkraft für die Ernährung machten sich schon die Natonalsozialisten zunutze.

NS-Propaganda: Vollkornbrot macht stark!

Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt die Wissenschaft, sich mit der Ernährung auseinanderzusetzen. Zur gleichen Zeit entsteht in Deutschland das Bild vom "Arier", der sich über rassische und ethnische Merkmale definiert - und über das Essen. Ernährungsexperte Christoph Klotter zufolge entwickelt sich die Haltung, dass ein deutscher Arier Vollkornbrot essen muss, um stark zu sein. Das weiße Brot mache nicht stark.

Die deutsche Küche definiert sich ganz stark über das Brot. Es gehört zur deutschen Identität dazu – das einfache Brot. Es gehört quasi zum deutschen Wesen: Ich bin ein Brotesser. Und ich bin ein Vollkornbrotesser. Mit zum Teil fatalen politischen Anklängen.

Christopher Klotter, Ernährungsexperte

Vollkornbrot für das Deutsche Volk

Die Nationalsozialisten überwachen selbst den Essenstisch. Ab 1939 kontrolliert der Reichsvollkornbrotausschuss den Brotverzehr der Deutschen. Bauern, Müller und Bäcker werden überprüft und es gibt eine eigene Vollkorn-Gütermarke. In den Lagern der Hitlerjugend soll die Hälfte des Essens mit anerkanntem Vollkornbrot abgedeckt werden.

Das alles hat einen Hintergrund: Mit Kriegsbeginn soll das Brot Lücken bei der Fleisch- und Fettversorgung ersetzen. Das Ziel ist es, von Rohstoffimporten unabhängig und trotzdem leistungsfähig zu bleiben. Nach dem Krieg haben die Deutschen das Vollkornbrot satt und Weißbrot steht wieder hoch im Kurs.

Brotversorgung in der SBZ und DDR

Bis in die 1950er-Jahre hinein ist der Hunger vor allem in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR sehr präsent. Die Bodenreform von 1945 soll eigentlich schnell zu einer ausreichenden Versorgung führen. Tatsächlich wird diese aber über Jahre mit Lebensmittelkarten geregelt, mit Tagesrationen von bis zu gerade mal 300 Gramm Brot.

Der Hunger spielt auch beim Volksaufstand am 17. Juni 1953 eine Rolle. Danach führt das SED-Regime staatlich gestützte Brotpreise ein. Bis zum Ende der DDR bleibt das Brot billig und wird subventioniert. Das hat sogar die Folge, dass weggeworfenes Brot bald als Futtermittel für die Schweinemast eingeplant wird.

Vollkornbrot als gesunder Massentrend

Heute ist Vollkornbrot kein Propaganda-Gegenstand mehr, sondern viel eher ein Statement. Es gilt bei Ernährungsbewussten, vor allem im Vergleich zu Weißbrot, als besonders gesund. Und gesunde Lebensmittel liegen im Trend.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: ZEITREISE Magazin | 11.07.2017 | 21:15 Uhr

Dieser Artikel wurde erstmals 2017 veröffentlicht.

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