"Generation CRASH - Wir Ost-Millennials" erzählt, wie das war mit dem Erwachsenwerden in Ostdeutschland in den Neunziger- und Nullerjahren. Zu jung um zu begreifen, was die DDR war und welche Bedeutung sie für ihre Eltern, Großeltern und Lehrer damals hatte, haben die Millennials in dieser Zeit trotzdem prägende und teils traumatische Erfahrungen gemacht. Über die und den neuen Zweiteiler der Redaktion Geschichte und Dokumentationen sprechen sie mit Katja Schmidt in der neuen Folge von "Mittendrin - Der MDR-Podcast".
Zu unseren Gästen:
Katharina Warda wurde in Wernigerode im Harz geboren und hat südafrikanisch-deutsche Wurzeln. Die Soziologin und Autorin fiel als Schwarzes Kind einer weißen Mutter auf und wurde immer wieder als vermeintlich anders wahrgenommen. Halt fand sie im Punkrock.
Anna Stiede ist in Jena geboren und in Apolda aufgewachsen. Sie studierte Politologie und arbeitet heute als freiberufliche Moderatorin, Kuratorin und Performerin.
Nora Große Harmann ist Redakteurin in der Redaktion Geschichte und Dokumentationen. Sie ist Jahrgang 1988, gehört also selbst zu den Millennials, allerdings ist sie im Westen aufgewachsen, im beschaulichen Oldenburg.
Rechte Gewalt und Erwachsene, die wegschauen
Ihr Aufwachsen in Apolda schildert Anna Stiede vor allem als trist und grau. Viele Arbeitslose, Alkoholismus und eine sehr starke Präsenz von rechter Gewalt. "Mit uns hat aber nie jemand darüber gesprochen, warum alles um uns herum so grau und trist war", sagt Anna. Auch die rechte Gewalt wurde heruntergespielt und zum Beispiel von Lehrern nicht ernst genommen.
Für Katharina Warda stellte diese Bagatellisierung eine echte Gefahr da. Sie wächst als schwarzes Kind im Harz auf, wird schon mit sieben Jahren gedemütigt und mit Steinen beworfen. "Meine Mutter hatte keinen besseren Rat für mich, als dass ich nicht auffallen und gut auf mich aufpassen muss."
Eine Generation in zwei Ländern
Wenn Nora Große Harmann diese Geschichten hört, kann sie es teilweise immer noch nicht fassen. Die Redakteurin in der Redaktion Geschichte und Dokumentationen ist zur gleichen Zeit wie Katharina und Anna geboren, allerdings in Westdeutschland, im beschaulichen Oldenburg. "DDR-Geschichte hat bei uns nie eine Rolle gespielt und als ich gehört habe, was in den Neunzigern und Nullerjahren hier los war, hab ich gedacht, krass, das war einfach immer noch ein anderes Land."
"Wir müssen mehr und differenzierter über Ost-Geschichte reden", sagt Katharina Warda, "denn sie gehört doch zur deutschen Geschichte dazu. Und die Auswirkungen von vielen Dingen spüren wir doch noch heute. Wir verlieren uns zu oft in Klischees über den Osten, es wäre wichtig, in einen echten Austausch darüber zu kommen, wie der Osten tatsächlich war."
Akzeptanz durch Auseinandersetzung
Die Protagonistinnen und Protagonisten der Doku "Generation CRASH - Wir Ost-Millennials" haben sich auf die Suche gemacht. Was war der Osten für sie? Was ist da passiert? Katharina Warda erforscht den Osten wissenschaftlich, Anna Stiede künstlerisch, und beide kommen zu ähnlichen Ergebnissen: "Der Osten klebt einfach an mir, ich werde den nicht los", sagt Anna und Katharina ergänzt: "So wie man seine toxischen Eltern liebt, liebt man wohl irgendwie auch die Heimat."
Durch ihre eigene Auseinandersetzung finden beide ein Stück weit Akzeptanz, einen Umgang mit dem, was ihnen passiert ist. "Aber mit einigem will ich mich auch gar nicht versöhnen, warum sollte ich auch, bei so viel Ignoranz, bei Menschen, die nicht mal anerkennen, was da alles schief gelaufen ist?"