Menschen auf einer Bühne in voll besetztem Saal
Volles Gemeindezentrum: Das Interesse an der Veranstaltung war groß. Bildrechte: MDR

26.09.24 | Wendehausen MDR-Team mit Einwohnerinnen und Einwohnern im Gespräch über neuen Podcast „Wendehausen – Heimat im Todesstreifen“

07. Oktober 2024, 14:52 Uhr

Der Podcast „Wendehausen – Heimat im Todesstreifen“ wirft einen intensiven Blick auf die Auswirkungen des Lebens im Sperrgebiet und die bleibenden Spuren, die die Grenze sowohl in der Landschaft als auch in den Erinnerungen der Menschen hinterlassen hat.

Ortseingangsschild
Das Ortseingangsschild des kleinen thüringischen Ortes Wendehausen Bildrechte: MDR

In dem kleinen thüringischen Ort Wendehausen ist in den vergangenen Monaten der ARD-Podcast „Wendehausen – Heimat im Todesstreifen“ entstanden. Die Autoren Pierre Gehmlich und Björn Menzel haben darin die besondere Geschichte des Dorfes, das zu DDR-Zeiten im Sperrgebiet der innerdeutschen Grenze lag, beleuchtet. Ohne Passierschein kam niemand in dieses Dorf hinein.

Björn Menzel, Pierre Gehmlich - Autoren des Podcasts Wendehausen
Die Autoren des Podcasts Björn Menzel und Pierre Gehmlich, Bildrechte: MDR/Isabel Gruhle

Am 26.09.2024 kehrten die Podcast-Macher für ein Pre-Listening nach Wendehausen zurück. Das Interesse daran war in Wendehausen enorm. Über 120 Menschen kamen ins Gemeindezentrum, kein Platz blieb leer. Die Besucherinnen und Besucher hörten exklusiv Ausschnitte aus den vier Podcast-Folgen, die Einblicke in die teils sehr persönlichen Geschichten der Dorfbewohner geben

Stille im voll besetzten Gemeindezentrum

Besonders bewegend war es, als eine Familie erzählte, wie sie in den 1970er Jahren ihr Gut eigenhändig abreißen musste, weil es zu nah an der Grenze lag. Auch zwei Grenzsoldaten kamen für den Abend nach Wendehausen. Sie waren in den 1980er Jahren dort stationiert. Ihre Erzählungen und die emotionale Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sorgten für tiefe Betroffenheit im Publikum. Es war mucksmäuschenstill im Gemeindezentrum. Bei manch einem Besucher flossen die Tränen. Die Erinnerung an diese Zeit ist auch 35 Jahre später noch allgegenwärtig.

Ein Abend voller Emotionen und Dankbarkeit

Die Idee zum Podcast hatte Matthias Montag. Er ist selbst in Wendehausen aufgewachsen, sein Schulweg führt jeden Tag am Schlagbaum vorbei. Gemeinsam mit Eberhard Nembach vom Hessischen Rundfunk ist Matthias Montag Host des Podcast. Er sagte nach der Voraufführung in Wendehausen: „Mir ist es sehr schwergefallen, die Türen für ein solches publizistisches Projekt zu öffnen, umso mehr bin ich froh, wie offen uns die Protagonisten und die ganze Region begegnet sind und wie positiv die Resonanz zur Premiere war. Der gemeinsame Abend war voller Emotionen, Dankbarkeit und Begeisterung – im Übrigen auch für den Mitteldeutschen Rundfunk, weil er diese Erinnerungen lebendig hält und die Brücke ins ‚Jetzt‘ schlägt.“

Bonusfolge als Live-Podcast mit der Publizistin Greta Taubert

Ein Höhepunkt des Abends war die Aufzeichnung einer Bonusfolge. Die Moderatoren des Podcasts, Eberhard Nembach und Matthias Montag, diskutierten dabei mit Karina Schlothauer vom Heimatverein Wendehausen, der Publizistin Greta Taubert und Björn Menzel, einer der beiden Autoren, über die gegenwärtigen Ost-West-Beziehungen und die Frage, was uns 35 Jahre nach dem Mauerfall eint und was trennt. Greta Taubert ist selbst in Thüringen geboren. Sie betonte, wie wichtig der gemeinsame Austausch sei, um ein tieferes Verständnis füreinander zu entwickeln. Karina Schlothauer vom Heimatverein Wendehausen sagte, dass das Unterscheiden zwischen Ost und West für sie keine Rolle mehr spiele. Sie hoffe, dass diese Trennung auch in der gesellschaftlichen Debatte bald an Bedeutung verliere.


Die Koproduktion des Mitteldeutschen Rundfunks und dem Hessischen Rundfunk ist ab dem 2. Oktober in der ARD Audiothek verfügbar und überall, wo es Podcasts gibt.

MDR/Erik Johannsen
Bildrechte: MDR/Erik Johannsen